Rockerbande: Spuren führen ins Rotlicht-und Drogenmilieu
Anscheinend hatten Bandidos eine Gebietsübernahme von den Hells Angels geplant. Sechs Männer befinden sich in U-Haft, unter ihnen auch bekannte Rechtsextreme.
Eine Polizeikontrolle am Grenzübergang von Österreich nach Deutschland im vergangenen November war es, die eine riesige Polizeiermittlung in Gang setzte – und zu einem gewaltigen Waffenarsenal führte. Jener Mann, der gerade mit seinem Auto über die Grenze nach Deutschland gefahren war, hatte fünf Maschinenpistolen dabei. Eine davon lag geladen am Beifahrersitz. Und er gehörte der Rockergruppierung Bandidos an.
Rund ein halbes Jahr später präsentierten Ermittler des Bundeskriminalamts und der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst im Innenministerium Fotos und Videos ihrer Sicherstellungen. Darunter 35 Langwaffen, 25 Maschinenpistolen, 100 „normale“ Pistolen und Granatwerfer. Außerdem Drogen, NS-Devotionalien und 600.000 Euro in bar. Gefunden in Bauernhöfen, Bordellen und Kellern.
Rotlicht und Suchtgift
Sechs Männer im Alter von 35 bis 50 Jahren wurden Montagfrüh mit Unterstützung der Spezialeinheit Cobra in Ober- und Niederösterreich verhaftet, 13 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Die Verdächtigen sollen dem rechtsextremen Milieu angehören, Verbindungen gibt es unter anderem zur Neonazi-Zelle „Objekt 21“, die in Desselbrunn (OÖ) einen „neonazistischen Kulturverein“ betrieben hatte.
Doch die Ermittlungen greifen weiter: Die Verflechtungen gehen in die Organisierte Kriminalität. Konkret zu sogenannten „Outlaw Motorcycle Gangs“, in diesem Fall zu den Bandidos, die vor allem im Bereich Rotlicht und Suchtgift aktiv sind.
Schon seit Längerem ist bekannt, dass sich die Bandidos auch in Österreich niederlassen wollen. Konkret seit Frühjahr 2021. „Sie hatten eine Expansion angestrebt und ein Chapter geplant“, sagt Alois Ebner von der Staatsanwaltschaft Ried. Ein ähnlicher Versuch hatte in der Schweiz zuvor für Aufruhr in der Rockerszene geführt – Mitglieder von Bandidos und Hells Angels gingen aufeinander los, auch Schusswaffen waren im Spiel. Drei Personen wurden schwer verletzt.
Es war das Jahr 2013 als das „Objekt 21“ der Öffentlichkeit bekannt wurde. Dahinter verbirgt sich eine unter dem Deckmantel eines „Kultur- und Freizeitvereins“ operierende Neonazi-Gruppe, die sich durch Schwerkriminalität finanzierte.
Mehrere Mitglieder wurden sowohl wegen Wiederbetätigung als auch wegen zahlreicher anderer Delikte zu langjährigen Haftstrafen verurteilt; der Kopf der Bande sitzt nach wie vor im Gefängnis. Bei Razzien im rechtsextremen Milieu soll am Montag eine „Führungsperson“ des „Objekt 21“ festgenommen worden sein.
Das Objekt 21 hatte sich im oberösterreichischen Desselbrunn in einem Bauernhof eingemietet. Im Lokal des „Kultur- und Freizeitvereins“ – so die Eigendefinition – fanden unter anderem Rechtsrock-Konzerte statt, man trug einschlägige Tattoos zur Schau, es prangten Sprüche wie „Der Führer hat immer recht“ oder die mit dem Vereinslogo versehene „Reichskriegsflagge“ an der Wand, die Grillstelle im Garten war in Form einer „Schwarzen Sonne“, eines NS-Symbols, angelegt.
Wie viele Personen tatsächlich Teil der Gruppe waren, ist unklar. Die Schätzungen reichen von 30 bis 300.
Möglicherweise war das Waffenarsenal für die geplante Übernahme angelegt worden. Ob die Waffen bereits bei Straftaten zum Einsatz gekommen sind, wird aktuell geprüft. „Sie werden beschossen und auf DNA-Spuren untersucht“, erklärt Andreas Holzer, Leiter des Bundeskriminalamtes.
Hells Angels-Mitglied festgenommen
Abseits davon wurde Anfang Juni in Wien ein Mitglied der Hells Angels festgenommen. Bei ihm sollen verbotene Waffen und Drogen gefunden worden sein. Zudem wird gegen den Mann wegen eines schweren Gewaltdeliktes ermittelt.
Die aktuellen Verdächtigen jedenfalls fielen auch schon in der Vergangenheit strafrechtlich auf. Unter anderem wegen Körperverletzungen, Erpressungen und wegen NS-Wiederbetätigung.
„Wir beobachten eine zunehmende Militarisierung der rechtsextremen Szene“, warnt DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner. „Uns ist ein wesentlicher Schlag gegen die organisierte Rockerkriminalität und gegen das rechtsextremistische Milieu gelungen“, betont Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit. „Extremismus – ohne Unterschied ob politisch oder religiös motiviert – wird mit aller Vehemenz bekämpft“, so Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).
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