Nazi-Tattoos: Polizei ging aus Angst vor Pöbeleien nicht ins Braunauer Bad

Neonazi
Staatsanwaltschaft Ried sieht keinen Amtsmissbrauch, das Verfahren gegen zwei Polizisten wurde eingestellt.

Alles in Ordnung. Das geht zumindest aus der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Ried (STA) hervor. Diese hat nach Ermittlungen des Bundesamts für Korruptionsprävention und -bekämpfung (BAK) nun die Ermittlungen gegen jene Polizisten eingestellt, die wegen eines Einsatzes im Braunauer Freibad in der Kritik standen. 

Denn diese hatten es nicht für notwendig erachtete, im Bad Nachschau zu halten, wo ein Mann freizügig Nazi-Tattoos präsentiert habe. 

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Die Oberstaatsanwaltschaft hat dem diesbezüglichen Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Ried ihre Zustimmung erteilt, gegen die Beamten wird es strafrechtlich keine weiteren Schritte geben.

"Ein Amtsmissbrauch durch Unterlassen konnte letztlich nicht festgestellt werden", bestätigte STA-Sprecher Alois Ebner

Der Landespolizeichef von Oberösterreich, Andreas Pilsl, hatte diesen Einsatz schon zuvor erklärt: "Das ist der Taktik vor Ort geschuldet. Ob diese klug war, wird aktuell vom BAK untersucht. Man muss sich aber ganz genau anschauen, wie dies abgelaufen ist."

Strafrechtlich ist die Sache jedenfalls erledigt. Polizeiintern hat sie aber durchaus Wellen geschlagen. Diesen Schluss lässt die sehr genaue und sehr umfangreiche Anfragebeantwortung der Grünen durch Innenminister Gerhard Karner zu. 

Angst vor Pöbeleien

Zum Einsatz hält der Innenminister nämlich fest: "Das Freibad Braunau war am 9. Juli 2023 mit ca. 1.600 Badegästen fast vollständig ausgelastet. Ein Einschreiten einer einzelnen Streife (zwei Exekutivbedienstete) erschien den einschreitenden Bediensteten potenziell problematisch und die gewählte Vorgehensweise als verhältnismäßig und erfolgversprechend."

Eine Recherche in den Aufzeichnungen des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Oberösterreich ergab für das Jahr 2023 bisher insgesamt drei Anzeigen (einschließlich des gegenständlichen Falles) nach dem Verbotsgesetz 1947 im Zusammenhang mit Tätowierungen in Oberösterreich.

Davon zwei im Bezirk Braunau sowie eine Anzeige im restlichen Bundesland Oberösterreich.

Im Jahr 2022 gab es in Oberösterreich insgesamt vier Anzeigen nach dem Verbotsgesetz 1947 im Zusammenhang mit Tätowierungen, davon keine im Bezirk Braunau.

Eine weitere Streife sei nicht verfügbar gewesen. Die Erklärung der Polizei, nicht ins Bad zu gehen, ist dann doch überraschend, wie Karner informiert: "Die beteiligten Exekutivbedienteten wollten unverhältnismäßiges Aufsehen durch das Einschreiten in Uniform im Freibad vermeiden."

Denn laut dem Kommandanten der Polizeiinspektion Braunau war es bereits bei früheren Einsätzen uniformierter Kräfte im Freibad "zu Beschwerden und provokanten Aussagen gegenüber den Exekutivkräften" gekommen.

Kritik der Grünen

"Es ist ein Wahnsinn, dass die Polizei nicht ins Freibad in Braunau geht, um Nachschau zu halten, ob dort jemand Nazi-Tattoos zeigt, weil die Beamten dort schon einmal angepöbelt wurden", sagt David Stögmüller, Abgeordneter der Grünen, der die parlamentarische Anfrage eingebracht hat. "Rechtsextremismus ist ja kein Kavaliersdelikt." 

Das zeigt übrigens auch das Urteil gegen den "Freibad-Nazi".

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Dass strafrechtlich keine weiteren Schritte gesetzt werden, ist für Stögmüller in Ordnung: "Wir wollten mit der Anfrage Druck aufbauen, dass bei der Polizei eine Sensibilisierung erfolgt, wie in solchen Fällen vorzugehen ist."

Das sei gelungen, ist Stögmüller überzeugt. Landespolizeidirektor Pilsl hatte schon in einem früheren Interview eingeräumt: "Die Fehlerkultur, aus etwas zu lernen, wenn es schief läuft, die müssen wir haben." Er habe auch angewiesen, dass in den stark betroffen Bereichen, wie im Innviertel, im Bezirk Perg, im Salzkammergut, die Kollegen nochmals sensibilisiert und auf aktuelle Phänomene im Bereich Rechtsextremismus geschult werden. 

Schulungen werden intensiviert

Das findet sich auch in der Anfragebeantwortung. Verfassungsschutzrelevante Fragen inklusive Rechtsextremismus finde sich in der polizeilichen Grundausbildung, heißt es darin. 

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Allerdings werden die "Fortbildungsveranstaltungen für Exekutivbedienstete durch das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung insbesondere zur Thematik Verbotsgesetz 1947 und Abzeichengesetz 1960 intensiviert".

Schulungsbedarf bei Badmitarbeitern

Und auch auf der Ebene der Stadtgemeinde Braunau wurde Verbesserungsbedarf geortet. Denn wie aus der Anfragebeantwortung hervorgeht, habe sich die Polizei mit dem Bademeister darauf verständigt, dass dieser die Polizei informiere, falls der gesuchte Mann neuerlich auftaucht. 

Dieser sei dann zwar wahrgenommen worden, allerdings sei keine Verständigung erfolgt - weil der Bademeister laut einer späteren Aussage "kein verbotenes Tattoo wahrgenommen" habe. 

Der mittlerweile Verurteilte wurde übrigens auch eine Woche später erneut vom Bademeister angetroffen und auch auf die Tattoos angesprochen, allerdings wurde die Polizei wieder nicht informiert. 

Deshalb werde in Absprache mit der Stadtgemeinde Braunau am Inn eine Schulung und Sensibilisierung des Badpersonals im Hinblick auf rechtsextremistische Symbole initiiert, heißt es in der Anfragebeantwortung. 

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