„Naturschutz muss in Oberösterreich mehr Biss bekommen“

„Naturschutz muss in Oberösterreich mehr Biss bekommen“
Eine Umweltallianz mit Umweltanwalt Martin Donat legt der Landespolitik einen 34-Punkte-Aktionsplan für zukunftsfähige Umweltpolitik vor

Es ist ein emotionales Thema für die vier Menschen am Podium, die die oberösterreichische „Umweltallianz“ verkörpern: Martin Donat, Landesumweltanwalt, Franz Mair, Präsident des Umweltdachverbandes, Herbert Jungwirth, Naturschutzreferent des oö-Alpenvereins und Christian Dornauer, Geschäftsführer der Naturfreunde Oberösterreich. 

Sie haben sich die Mühe gemacht, Umweltsünden in Oberösterreich der letzten Jahre und Jahrzehnte aufzulisten. Nicht nur, um Kritik zu üben, sondern um daraus einen Aktionsplan für die Politik abzuleiten.

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Das „Sündenregister“

Aber erst das „Sündenregister“, wie die vier es nennen: Wirkungslose und sogar gesetzeswidrige Raumordnung wie bei Umwidmungen für den Campingplatz in Hinterstoder, fehlendes Bewusstsein für Bodenschutz samt „Widerstand gegen eine nationale Bodenstrategie“ am Beispiel Ohlsdorf, Blockade beim Photovoltaikausbau samt Einspeisungsstopp für neue Anlagen, Millionen-Förderung von Wintertourismusprojekten wie auf der Wurzeralm im bestehenden Naturschutzgebiet, Förderung fossiler Energie mit den Gasbohrungen in Molln und schwächelnder Landschaftsschutz bei zahlreichen „bedenklichen Hotel- und Chaletprojekten“.

„Naturschutz muss in Oberösterreich mehr Biss bekommen“

Martin Donat, der Landesumweltanwalt in Oberösterreich, fasst es zusammen: „Wirtschaftliche Interessen prallen gerade in Oberösterreich oft auf die Interessen des Naturschutzes.“ Er ortet sowohl bei der Politik, bei den Behörden, aber auch beim Linzer Landesverwaltungsgericht als Kontrollinstanz mangelndes Bewusstsein.

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Ein Beispiel sei dabei das Projekt auf der Wurzeralm. „Wir sind nicht gegen die Erneuerung des Frauenkarliftes, aber es geht um die Frage, wie das gemacht wird“, sagt Donat, der kritisiert, dass das Projekt im schützenswerten Feuchtgebiet und im Naturschutzgebiet geplant sei. Dem pflichtet Christian Dornauer von den Naturfreunden bei: „Warum wird ein Projekt mit Bauten im Naturschutzgebiet eingereicht, anstatt auf die bestehende Trasse zu setzen?“

Mair bringt die „verschlafene Energiewende“ und „fehlende zeitgemäße Mobilitätskonzepte“ zur Sprache und fordert verstärktes Augenmerk einerseits auf die Notwendigkeit, massiv Strom und Energie einsparen zu müssen, andererseits auf den Photovoltaikausbau, vor allem im eigenen Wirkungsbereich des Landes – auf versiegelten Flächen und Gebäuden. Ebenso müsse das Land „den Rückfall in fossile Energien überwinden“, um das Ziel der Klimaneutralität 2040 erreichen zu können.

Herbert Jungwirth will am Umgang der Politik etwa mit dem Nationalpark Kalkalpen erkennen, was falsch läuft: „Naturzerstörende Projekte werden finanziert, statt den Nationalpark zu erweitern.“ Auch für 2024 habe die Landespolitik die Pläne des Nationalparks, die Erweiterung einzuleiten, wieder aufgehoben: „In Oberösterreich landet der Naturschutz immer auf der langen Bank.“ Umweltverträglichkeitsprüfungen für andere Projekte würden hingegen beschleunigt.

Der Tourismus
„Tourismus im Einklang mit der Natur, nicht gegen sie“, fordert die Allianz und meint etwas das Aus für Hotelbauten an Seen und neue öffentliche Seezugänge

Raumordnung
Die Allianz fordert  von der Landesregierung die  Verankerung des „Netto-Null“-Ziels beim Bodenverbrauch bis 2030

Die Windkraft
Den Ausbau sieht die Allianz kritisch – wichtiger seien Energiesparmaßnahmen, die Nachrüstung bestehender Kraftwerke und der Ausbau der Photovoltaikanlagen auf versiegelten Flächen

Aktionsplan vorgelegt

34 Punkte zählt der Aktionsplan, den die vier Umweltschützer unter dem Titel „Naturschutz, der seinen Namen verdient“, erarbeitet haben, und den sie an die Politik richten. 

Dazu zählen der Stopp sämtlicher Gasbohrungsaktivitäten in der Nationalpark Kalkalpen-Region, Auslegung der bestehenden Vorgaben in den Schutzgebieten zum Schutz der Natur, Investition der Rekordgewinne der Energie AG in den Netzausbau, um bis Jahresende wieder in allen Regionen Einspeisungen ermöglichen zu können, Entwicklung von Renaturierungsprogrammen insbesondere für Moore, die als bedeutende CO2-Speicher gelten.

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Darüber hinaus fordert die Allianz im Tourismus die Reduzierung des Wurzeralmprojektes, eine Verstärkung des öffentlichen Verkehrs mit Mikro-Systemen in abgelegenen Tälern und Rückwidmung deplatzierter Tourismus-Sondergebietsflächen. Donat abschließend: „Der Naturschutz muss in Oberösterreich wieder mehr Biss bekommen.“

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