Weitere Gemeinden zu Katastrophenschutzgebiet erklärt

Weitere Gemeinden zu Katastrophenschutzgebiet erklärt
Wegen Überflutungsgefahr werden immer mehr Gemeinden in Niederösterreich zum Katastrophengebiet erklärt.

In Niederösterreich sind mehrere Gemeinden am Samstag zum Katastrophengebiet erklärt worden. „Die hydrologischen Prognosen verdichten und verschärfen sich“, sagte LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP). Die Feuerwehr verzeichnete zahlreiche Einsätze aufgrund von Dauerregen und Sturm.

Vorsorgliche Evakuierungen waren in Vorbereitung und im Gange. Im Waldviertel wird mit einem bis zu 100-jährlichen Hochwasser gerechnet, „am Kamp punktuell auch darüber hinaus“, so Pernkopf.

Zum Katastrophengebiet erklärt wurden wegen Überflutungsgefahr mehrere Gemeinden: im Bezirk Zwettl die Katastralgemeinde Wegscheid am Kamp in Pölla sowie im Bezirk Horn St. Bernhard-Frauenhofen, die Katastralgemeinden Steinegg und Altenburg/Rauschermühle in Altenburg, die Katastralgemeinden Rosenburg und Stallegg in Rosenburg-Mold sowie die Katastralgemeinden Gars am Kamp und Kamegg, Thunau am Kamp, Zitternberg und Buchberg in Gars am Kamp. 

Einige Gemeinden im Bezirk Krems betroffen

Im Bezirk Krems betroffen sind Gedersdorf, Grafenegg, Hadersdorf-Kammern, Krumau, die Katastralgemeinden Gobelsburg, Haindorf, Langenlois und Zöbing in Langenlois, die Katastralgemeinde Mottingeramt in Rastenfeld, die Katastralgemeinden Plank am Kamp, Schönberg und Stiefern in Schönberg. Im Bezirk Tulln wurde Grafenwörth zum Katastrophengebiet erklärt.

Am Abend gegen 20.30 Uhr wurden weitere niederösterreichische Gemeinden von der Bezirkshauptmannschaft Zwettl zum Katastrophengebiet erklärt:

  • die Stadtgemeinde Zwettl mit Oberhof, Koppelzeil und Dorf Rosenau,
  • die Stadtgemeinde Allentsteig und
  • die Marktgemeinde Schwarzenau.

Unwetter

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„Gemeinden und Bezirkshauptmannschaften bereiten mögliche vorsorgliche Evakuierungen vor und informieren die konkret betroffene Bevölkerung“, teilte Pernkopf mit. Am Freitagabend war es bereits in einigen Gemeinden zu ersten Evakuierungen gekommen. Betroffen davon waren jedoch Gartensiedlungen bzw. Zweitwohnsitze.

Stausee könnte am Sonntag überlaufen

Laut derzeitigen Prognosen könne es am Sonntag zu einem Überlauf des Stausees Ottenstein und gemeinsam mit der erhöhten Zuleitung aus den Zubringerflüssen in der Folge zu einer Überschreitung des Werts eines 100-jährlichen Hochwassers im Unterlauf des Kamps kommen, informierte das Land am Nachmittag.

An der Donau wird ein 20- bis 30-jährliches Hochwasser erwartet. An den südlichen Zubringerflüssen sei ein 30-jährliches derartiges Ereignis und örtlich darüber möglich, informierte Pernkopf nach einer Lagebesprechung am Vormittag in einer Aussendung. Seit Donnerstag sind den Angaben zufolge bereits rund 50 bis 150 Millimeter an Niederschlägen verzeichnet worden. Für die nächsten 48 Stunden sind weitere Summen von bis zu 230 Millimeter vorhergesagt. „Dementsprechend ist auch mit einem raschen und deutlichen Anstieg der Wasserführung in sämtlichen Gewässern zu rechnen. Dazu kommen orkanartige Windböen“, sagte der Landesvize.

"Massive Belastungsprobe"

„Die kommenden Stunden werden für den Hochwasserschutz die Stunden der Wahrheit und für unsere Einsatzkräfte und zahlreiche Landsleute zu einer massiven Belastungsprobe“, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nach der Lagebesprechung des behördlichen Landesführungsstabes im Sicherheitszentrum Tulln: „Gerade im Waldviertel erwarten wir Herausforderungen in historischer Dimension.“

Die Lage habe sich „intensiviert“, berichtete Klaus Stebal, Sprecher des Landeskommandos. Von Freitagabend bis Samstagfrüh wurden 160 Feuerwehreinsätze verzeichnet, großteils aufgrund von Sturm. In mehreren Bezirken stürzten Bäume um, betroffen waren laut ÖAMTC u.a. die Westautobahn (A1) zwischen Amstetten West und Oed sowie die Wiener Außenring Autobahn (A21) bei Hochstraß (Bezirk Baden). Gesperrt war die B28 zwischen Puchenstuben (Bezirk Scheibbs) und Lassingrotte in Annaberg (Bezirk Lilienfeld). 

Zahlreiche Straßen wegen Überflutung gesperrt

Wegen Überflutung nicht befahrbar war die B35 zwischen Hadersdorf und dem Ortsteil Weinstraße Richtung Krems. Die Ausweichroute führt über Langenlois. Auch die Verbindung über die Kampbrücke nach Diendorf wurde wegen Hochwassers gesperrt, ebenso ein Abschnitt der B1 bei Melk. Zudem werde am Nachmittag die B3 zwischen Krems und Weißenkirchen gesperrt, teilte eine ÖAMTC-Sprecherin mit. Auch großräumige Umleitungen der Kamptalstraße B34 über die B4 und B19 und S5 bzw. B37 und B38 werden notwendig, informierte das Land.

Stark betroffen war auch der Bezirk Waidhofen an der Thaya, in dem über 50 Feuerwehren mit mehr als 400 Mitgliedern im Hochwassereinsatz standen. In Matzlesschlag in der Gemeinde Windigsteig drohten die Wassermassen eine Trafostation zu überfluten. Zahlreiche Bäume stürzten um. Mehrere Straßen mussten gesperrt werden.

Am Samstag standen zahlreiche Feuerwehren bei der Errichtung der mobilen Hochwasserschutzes im Einsatz. Auch in Krems wurde ein Teil der Anlagen aufgebaut. Zu Mittag wurde die B3 vom Franz-Zeller-Platz bis zum Förthof für die Aufbauarbeiten in Stein gesperrt. Eine Umleitung werde eingerichtet, teilte der Magistrat in einer Aussendung mit. „Wir wollen die Zeit, die uns jetzt zur Verfügung steht, bestmöglich nutzen, um bis zum Einbruch der Dunkelheit hochwassersicher zu sein“, sagte Feuerwehrkommandant Gerhard Urschler.

Vor allem entlang des Kamps „wird es sich zuspitzen“, sagte Stebal. Zwei Katastrophenhilfsdienst-Züge wurden einberufen: Ein Zug aus dem Bezirk Hollabrunn soll das Umspannwerk Langenlois (Bezirk Krems-Land) schützen. Samstagfrüh machten sich 60 Mitglieder mit acht Fahrzeugen auf den Weg, um einen Hochwasserdamm zu errichten, berichtete das Bezirkskommando Hollabrunn in einer Aussendung. Ein weiterer Zug aus dem Raum Gföhl unterstützt die Feuerwehren u.a. bei der Sicherung von Hauszufahrten entlang des Loisbaches, teilte das Bezirkskommando Krems mit.

Um das Hochwasser „so gut wie möglich abzufedern“, sei seit Montag Wasser aus den drei Kamp-Stauseen kontrolliert abgelassen worden, erläuterte EVN-Sprecher Stefan Zach. Insgesamt umfasst der Nutzinhalt des Ottensteiner Stausees 50 Millionen Kubikmeter, geschaffen wurde freier Speicher im Ausmaß von 31 Millionen Kubikmeter. „Wir werden alles daran setzen, um die Stromversorgung auch bei diesen schwierigen Witterungsbedingungen aufrechtzuerhalten“, betonte Zach. Mehr als 200 Techniker seien im Einsatz bzw. in Rufbereitschaft.

„Wir beobachten die Lage laufend“, das Feuerwehrhaus sei durchgehend besetzt, berichtete Christoph Firlinger, Kommandant der FF Hadersdorf am Kamp (Bezirk Krems-Land). Der Fluss sei in niedrig gelegenen Bereichen über die Ufer getreten. Am Freitag wurden direkt am Kamp liegende Ferienhäuser evakuiert. Die Vorbereitungen für das prognostizierte Hochwasser seien weiter im Laufen, sagte Firlinger. Am Samstag wurden Sandsäcke gefüllt, um sie im Notfall griffbereit zu haben. „Der Hochwasserschutz in der Gemeinde ist auf ein 100-jährliches Ereignis ausgelegt“, sagte er.

Erinnerungen an "Jahrhunderthochwasser"

Zuletzt gab es im August 2002 und im Juni 2013 ein „Jahrhunderthochwasser“ in Niederösterreich, u.a. an der Donau. 2002 war auch die Region um den Kamp besonders betroffen, das Schadenszentrum war der Unterlauf und der Mündungsbereich des Flusses.

Für den Kamp wurde bei Stiefern, einem Teil von Schönberg am Kamp (Bezirk Krems-Land), für Sonntag ein Pegelhöchststand von 5,15 Meter prognostiziert. 2002 lag der Spitzenwert am 8. August bei 6,81 und am 13. August bei 5,75 Metern. Der Pegel Kienstock in der Wachau soll laut Vorhersage auf 9,25 Meter steigen. Der Rekord (10,93 Meter) wurde 2002 gemessen, 2013 waren es 10,81 Meter. Bei Korneuburg soll der Wasserstand der Donau bis Sonntag auf 7,13 Meter steigen. Am Donnerstag wurden noch unter drei Meter gemessen. Bisherige Höchstwerte waren 8,09 Meter 2013 und 7,89 Meter 2002.

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