WK-Präsident Ecker: „Stimmung wird von Tag zu Tag schlechter“
KURIER: Im Sommer war das das Credo der Wirtschaft: Es darf keinen zweiten Lockdown geben. Jetzt sind wir mittlerweile schon in einem Dritten – nunmehr verlängerten – Lockdown. Wie beurteilen Sie das?
Wolfgang Ecker: Meine Sichtweise ist genau gleich wie im Sommer, ein Lockdown ist eine Katastrophe. Wir sehen ja, was uns das alles kostet und wir spüren es immer mehr. Aber ich muss das Gleiche wie im Sommer sagen: Die Balance zwischen Gesundheit und Wirtschaft zu finden, ist ganz, ganz schwer. Wir sind in der Wirtschaft so aufgestellt, dass wir sehr viel ertragen können. Ohne ausreichende Wirtschaftshilfen ist das aber nicht möglich. Wir sehen auch, wie die Betriebe darauf reagieren.
Hat sich da gegenüber dem Frühjahr etwas geändert?
Beim ersten Lockdown waren wir alle überfahren, weil da hat kaum jemand gewusst, wie mit dieser Geschichte umzugehen ist.
So extrem war es beim Zweiten nicht mehr und beim dritten Lockdown noch weniger. Aber wir sind Unternehmer, wir wollen arbeiten. Wir müssen alles daran setzen, dass die Firmen wieder aufgemacht werden, damit die Wirtschaft wieder in die Gänge kommen kann.
Sie sind mit vielen Unternehmern in Kontakt. Wie ist die Stimmung?
Die Stimmung wird von Tag zu Tag schlechter. Wenn wir in Gesprächen mit Unternehmern sind, ist überall zu hören: Bitte, bitte schaut, dass wir wieder aufsperren können. Wir wollen arbeiten, wir müssen arbeiten.
Ganz wichtig für Betriebe ist die Planbarkeit. Das allerdings fehlt momentan.
Das fehlt. Da muss ich aber auch sagen – ohne jemand in Schutz nehmen zu wollen –, es ist derzeit wirklich schwer, das alles zu planen. Es spielen so viele Faktoren mit, die es eben schwer machen, im Wechselspiel zwischen Gesundheit und Wirtschaft die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber wir brauchen die Planbarkeit und ich hoffe, dass durch die Impf- und Teststrategien das wieder möglich wird.
Wolfgang Ecker
Knapp vor dem ersten Lockdown im März 2020 hatte Wolfgang Ecker (55) mit seinem Wirtschaftsbund-Team die Kammerwahl in Niederösterreich ganz klar für sich entschieden.
Im Mai wurde er dann als Nachfolger von Sonja Zwazl zum Präsidenten der NÖ Wirtschaftskammer gewählt.
Wolfgang Ecker aus Wolfsgraben führt einen Steinmetzbetrieb mit rund 100 Mitarbeitern. Der Hauptsitz ist in Traiskirchen.
Sie sprechen von der Balance zwischen Gesundheit und Wirtschaft. Wird bei den Maßnahmen genug auf die Wirtschaft gehört?
Ja, auch wenn es nie genug sein kann. Ich orte schon, dass da sehr stark eine Balance gesucht wird. Wir haben sehr viele Branchen, die betroffen sind, viele sogar sehr stark. Aber genauso haben wir Branchen, in denen es normal weitergeht. Und da haben wir in Niederösterreich den Vorteil, dass wir sehr breit aufgestellt sind.
Die Diskrepanz zeigt sich auch am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenzahlen steigen, es werden aber weiter dringend Facharbeiter gesucht.
Da wird es für die Zukunft sicherlich eine Strategie benötigen, dass sich bezüglich der Flexibilität von Arbeitskräften etwas bewegt.
Dass man auch weiter weg von seinem Heimatort einen Arbeitsplatz annehmen muss zum Beispiel?
Ja, richtig. Wir suchen Leute und haben auf der anderen Seite steigende Arbeitslosenzahlen. Da brauchen wir ein gemeinsames Konzept, um sie wieder in den Arbeitsprozess zu bringen.
Momentan kündigen viele Wirtschaftsexperten eine Pleitewelle an, sobald die Unterstützungen des Staates nachlassen. Man spricht von der zweiten Frühjahrshälfte. Wie sind da Ihre Wahrnehmungen?
Ich kann mich den Wirtschaftsforschern schon anschließen. Es haben sehr viele Betriebe durch die Krise einen großen Schaden erlitten und sind durch die Hilfen der Bundesregierung gut unterstützt worden. Es benötigt jetzt einen Kraftakt, dass der Neustart auch gelingt. Die angehäuften Verbindlichkeiten müssen auch abgebaut werden können.
Im ersten Lockdown gab es sehr viel Kritik, dass die Hilfen der Regierung bei den Unternehmen nicht angekommen sind. Wie ist das jetzt?
Das war im ersten Lockdown sehr, sehr stark. Da waren wir als Wirtschaftskammer wahnsinnig gefordert. Im zweiten und dritten Lockdown sind sie rascher gekommen, obwohl es – wie überall – Fälle geben wird, wo es nicht funktioniert hat.
Was ist der große Wunsch für die Zeit nach der Krise?
Was uns die Krise ganz deutlich gezeigt hat: Wir müssen eine Möglichkeit finden, so wirtschaften zu können, dass die Betriebe genug Eigenkapital aufbauen können, damit sie wieder gesund auf ihren Beinen stehen. Da wird es unumgänglich sein, dass sich bei den Lohnnebenkosten etwas bewegt.
Entscheidend ist auch, mit welchem Schwung durchgestartet wird, wenn wir endlich die Pandemie im Griff haben.
Unsere Betriebe stehen an und für sich in den Startlöchern. Der Unternehmer – das getraue ich mir gerade heraus zu sagen – ist immer ein in die Zukunft denkender Mensch. Der wird nicht viel brauchen, um zu spüren, jetzt geht es. Der wird selber schauen, wann und wie er durchstartet, wenn wir die Pandemie im Griff haben. Hoffentlich sehr bald.
Wegen der Beschränkungen musste man sich noch intensiver mit dem Onlinehandel beschäftigen. Vor allem mit Maßnahmen, die verhindern, dass nur ausländische Großkonzerne profitieren. Ist da etwas gelungen?
Wovon ich hundertprozentig überzeugt bin: Es ist gelungen, dass in der Bevölkerung ein Umdenken eingesetzt hat. Die Regionalität steht nun bei den Konsumenten mehr im Vordergrund, als das zuvor der Fall war. Das schließt natürlich nicht aus, dass weiter bei Amazon und Co. eingekauft wird. Denen etwas in dieser kurzen Zeit entgegenzusetzen, ist relativ schwer. Dennoch muss ich sagen, dass unsere stationären Händler sehr kreativ waren, gute Sachen eingeführt haben. Mehr Regionalität ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich hoffe, dass sich dieses Umdenken nach der Pandemie weiter fortsetzt.
Kurz vor dem ersten Lockdown sind Sie Wirtschaftskammerpräsident geworden. Hätten Sie sich anders entschieden, wenn Sie gewusst hätten, was der Wirtschaft wegen der Corona-Krise blüht?
Ich hätte zwar diese Herausforderung nicht gebraucht, aber es sind auf der anderen Seite schöne Momente, wenn man helfen konnte. In dieser Zeit läutet das Handy zwar rund um die Uhr, aber es kommen auch wieder andere Zeiten.
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