Rosis Tod weckte die dunkle Kraft

Polizei zum Fall Alois Huber: "Müssen den Ermittlungsradius ausweiten"
Wilderer Alois Huber führte mit Zeitungsartikeln Buch über seine Straftaten.

Ein Wilderer, Serieneinbrecher, Brandstifter und Mörder von vier Menschen hat kein Gewissen. Dass er ausgerechnet in seiner Küche ein handgesticktes Tuch mit der Inschrift „Laß die Küche so rein wie dein Gewissen sein“ hängen hat, ist ein Sinnbild seiner zwei Gesichter.

Je mehr über die Extreme des Alois Huber (55) bekannt werden, desto leichter ist er für Fachleute zu analysieren. Auch die erfahrene Psychiaterin und Gerichtsgutachterin, Sigrun Roßmanith, ist sich sicher, dass der Tod von Hubers geliebter Frau Rosi vor 18 Jahren das ausschlaggebende Schlüsselerlebnis für seinen Feldzug war. „Es kommt vor, dass jemand nach so einem Verlust mit dem Leben hadert. Das Anwesen deutet darauf hin, dass es einen hellen und einen dunklen Teil in seinem Leben gab. Die selbst gebaute Kapelle für die verstorbene Frau im Guten. Und daneben das Haus mit seinem Bunker als dunkle Seite“, sagt Roßmanith.

Rosis Tod weckte die dunkle Kraft
großpriel alois huber

Ermittlungen der Polizei liefern die nötigen Indizien für die These der Psychiaterin. Bereits kurz nach Rosis Tod ging es los mit Hubers kriminellen Machenschaften. Ein Kennzeichen-Diebstahl, später der erste bekannt gewordene Fall eines gewilderten Hirschen.

„Bemerkenswert ist diese Doppeldeutigkeit. Ein als vorbildlich beschriebener Jäger, der zum Wilderer wird“, so Roßmanith.

Fotoandenken

Einen tiefen Einblick in die Seele gewährt der Zustand des Hauses. Die Ermittler haben den Eindruck, dass mit dem Tod von Hubers Frau die Zeit im Anwesen stehen geblieben ist. Ihre Sachen liegen noch am gleichen Platz, die Mischmaschine steht unberührt in einem Raum. Das Paar wollte damit das Haus ausbauen, so weit ist es nicht gekommen. Das Anwesen schmücken nur zwei Dinge: Jagdtrophäen in unvorstellbarer Anzahl und Rosis Bilder, auch das Hochzeitsfoto hängt noch an der Wand.

„Man muss das sehen wie im Film ‚Dinner for One‘. Es ist aufgedeckt, als ob alles noch so wäre wie früher. Der Tod der Frau wurde seelisch verleugnet“, erklärt die erfahrene Sachverständige.

Der Mord an drei Polizisten und einem Rot-Kreuz-Sanitäter war nur die Spitze des Eisberges. Hinter der geheimen Türe des verborgenen Bunkers kamen erst nach Hubers Tod die schwer kriminellen Machenschaften aus 15 Jahren zum Vorschein. Laut Roßmanith gibt es vergleichbare Fälle, etwa die Giftmörderin Elfriede Blauensteiner. „Da hat man auch nur die Spitze des Eisberges festgestellt. Es herrschte die Meinung, dass es noch viel mehr Opfer von Blauensteiner geben könnte.“

Trophäen anderer Art

Die Ermittler des nö. Landeskriminalamtes, die Hubers Haus fast drei Wochen lang vom Keller bis zum Dach auf den Kopf gestellt haben, machten noch eine bemerkenswerte Entdeckung. Der Wilderer und Brandstifter sammelte auch „Trophäen“ der etwas anderen Art. Im Geheimbunker fand sich zwischen gestohlenen Dokumenten auch eine Sammlung von alten Zeitungsberichten all jener Taten, die dem Todesschützen nun zugeordnet werden konnten. „Es hat Buch geführt über seinen Wahnsinn“, so ein Beamter.

Die Polizei glaubte jahrelang an mehrere Diebesbanden. Wer wäre sonst in der Lage, über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren unbemerkt in bis zu 50 Wohn- und Jagdhäuser einzubrechen und ganze Schlösser in Schutt und Asche zu legen?

Es waren die Wahnsinnstaten eines Einzelnen. Wie vom KURIER berichtet, hat die Polizei drei Wochen nach dem Mord an drei Polizeibeamten und einem Rot-Kreuz-Sanitäter den Todesschützen Alois Huber (55) als Serieneinbrecher und -brandstifter überführt. Bis dato konnten 131 der 305 sichergestellten Schusswaffen – vorwiegend Jagdgewehre – diversen Tatorten zugeordnet werden. „Wir sind noch nicht einmal bei der Hälfte und haben schon jetzt fast 50 Delikte, die auf sein Konto gehen“, erklärt ein Ermittler des nö. Landeskriminalamtes.

Huber hat nicht nur nach Belieben Hirsche gewildert, sondern im Alleingang jene Straftaten begangen, die man der „Halali-Bande“ ankreidete. Bis jetzt konnten ihm 20 Jagdhauseinbrüche und acht weitere nachgewiesen werden, bei denen er die Objekte anschließend anzündete. Die schwerwiegendsten Fälle waren das vollkommen ausgebrannte Jagdschloss Steinbach der in Göstling sowie die Jagdvilla von Hutmacher Leo Nagy in Gutenstein bei Wr. Neustadt. Gestohlen wurden unter anderem wertvolle Büchsen, Präzisionsoptik, Ferngläser und über 100 Jagdtrophäen – darunter ein ausgestopfter Puma aus Nagys Anwesen. Auch ein Jagdschloss in Altenmarkt im Bezirk Liezen, Steiermark, wurde am 8. November 2007 von Huber nach einem Einbruch angezündet. „Und das alles wegen fünf Waffen, die er dort mitgehen ließ“, so ein Kriminalist.

Reifenschlitzer

Nachgewiesen wurden dem Wilderer bis jetzt außerdem sieben Pkw-Einbrüche, der Diebstahl von drei Pkw-Anhängern samt einer Hebebühne sowie eine schwere Sachbeschädigung am Wachauring in Melk. Dabei schlitzte er 165 Autoreifen auf und stahl zwei Motorräder. Zwei weitere gestohlene Maschinen fanden sich ebenfalls auf seinem Anwesen. Auch der nächtliche Angriff auf einen Jäger geht auf Hubers Konto. „Der bisher festgestellte Schaden beläuft sich auf mehr als acht Millionen Euro“, erklärt der Chef des Landeskriminalamtes, Franz Polzer.

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