Wiener Neustädter bei renommiertestem Fotowettbewerb prämiert

Bernhard Schubert (27) hat ein Auge fürs "Hässliche"
Bernhard Schubert begeisterte beim "Wildlife Photographer of the Year". Sein Foto hängt im Natural History Museum in London.

Es geschah auf Borneo. Auf dem Rückweg von einer nächtlichen Pirsch durch den Urwald zurück zum Auto, völlig unerwartet.

Dort, mitten im dunklen Dschungel, schoss Bernhard Schubert jenes Foto, das vergangene Woche vom Natural History Museum in London im Rahmen des Fotowettbewerbs „Wildlife Photographer of the Year“ ausgezeichnet wurde, dem prestigeträchtigsten Naturfotowettbewerb der Welt.

Wiener Neustädter bei renommiertestem Fotowettbewerb prämiert

Schubert und sein "Siegerfoto"

Das Foto zeigt sieben Asiatische Riesenameisen, die den Honigtau einer Spitzkopfzikade ernten. „Zuerst dachte ich, die Ameisen würden die Zikade angreifen, aber das Gegenteil war der Fall: Sie kitzeln die Zikade, damit diese den zuckerhaltigen Tau, die Nahrung der Ameisen, ausscheidet“, erklärt der junge Fotograf.

Nachtaktive Wespen hätten die Aufnahme besonders erschwert: „Sobald man seine Stirnlampe anmachte, kamen die Wespen und flogen einem mitten ins Gesicht. Die sind echt gefährlich.“ Schuberts Reisebegleiter etwa wurde von einer gestochen und hatte daraufhin lange Zeit Schmerzen in der Brust.

Auge fürs „Hässliche“

Eigentlich studiert der 27-jährige Wiener Neustädter auf der Universität für Bodenkultur Wien im Master Wildtierökologie und -management.

Wiener Neustädter bei renommiertestem Fotowettbewerb prämiert

Schubert mit seinen Fotos die Schönheit jener Tiere zeigen, die die Menschen lieber meiden

Die Fotografie ist seine Leidenschaft: „Schon mein ganzes Leben lang habe ich mich für die Natur und ihre Tiere interessiert, und war mit meinen Eltern viel draußen unterwegs. Nach der Matura bin ich auf die Fotografie gestoßen. Ich bin jede freie Minute im Tarnzelt gesessen, und habe Salamander und Reptilien gesucht.“ Später waren es dann Bären in Rumänien oder Elefanten und Krokodile auf Borneo.

Am liebsten fängt er aber jene Tiere mit seiner Kamera ein, die die Menschen lieber meiden: Insekten und Reptilien. „Ich will den Leuten mit meinen Bildern zeigen, dass auch diese Tiere schön sein können.“

Foto auf Welttournee

Das erkannte auch die Jury des „Wildlife Photographer of the Year“. Schuberts Foto wurde in der Kategorie „Verhalten von Wirbellosen“ lobend erwähnt. Neben Schubert wurde ein zweiter Österreicher ausgezeichnet: Der Steirer Marc Graf wurde mit einem Landschaftsfoto prämiert.

Es ist der prestigeträchtigste Wettbewerb für Naturfotografie und erfreut sich weltweiter Aufmerksamkeit, „quasi die Oscarverleihung der Naturfotografie“, erklärt Schubert. 1965 vom BBC Wildlife Magazine ins Leben gerufen, erhielt die Redaktion zum ersten Wettbewerb 361 Einsendungen. Heuer waren es 49.000. Daraus wurden in mehreren Kategorien jeweils ein Siegerfoto und drei bis fünf lobenswerte Erwähnungen geehrt. Insgesamt wurden 100 Fotos prämiert.

Die Preisverleihung wurde Corona-bedingt online abgehalten. Der Gesamtsieger des Wettbewerbs wird von der Duchess of Cambridge, Herzogin Kate, verlautbart. Wer Schuberts Foto live sehen will, muss dazu aktuell nach London reisen: Seit Montag hängt sein Bild im Natural History Museum in London, bevor es mit der Ausstellung auf Tour geht und Halt macht in Kanada, Australien, Dänemark, Israel und Deutschland.

Seine erste eigene Ausstellung mit all seinen Werken wollte der 27-Jährige Ende März in Neunkirchen eröffnen. Dann kam Corona. „Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, verspricht der Fotograf.

Dort hätte man auch Schuberts liebstes Werk bewundern können: das Foto eines Baumschwammes.

Wiener Neustädter bei renommiertestem Fotowettbewerb prämiert

Kein Foto eines Elefanten oder eines Baby-Orang-Utans ist Schuberts Favorit, nein, es ist jenes eines Baumschwammes und einer Wanze

Übung macht den ...

„In dieses Foto habe ich alles gepackt, was ich habe: mein Wissen, meine Erfahrungen, die Techniken, die ich kenne. Ich habe zwei Stunden mit meiner Stirnlampe herumexperimentiert, bis sich das Licht in seine Spektralfarben aufgeteilt hat. In diesem Moment kam dann eine Wanze daher und machte das Bild komplett. Neue Blickwinkel zu finden – das treibt mich an. Wenn mir das gelingt, bin ich stolz auf das Ergebnis.“

Technik und Wissen hat sich Schubert selbst beigebracht: „Übung macht den Meister.“ Dann kamen die ersten Wettbewerbe, Schubert lernte aus den Erfolgen anderer und verglich seine Arbeit mit jenen der Sieger. 2017 und 2018 wurde Schubert zum „Österreichischen Naturfotografen des Jahres“ gekürt.

Auch beim „Europäischen Naturfotografen des Jahres“ war er mit zwei Bildern vertreten. Die Prämierung beim „Wildlife Photographer of the Year“ ist das Sahnetüpfelchen auf der Torte der Auszeichnungen.

Wiener Neustädter bei renommiertestem Fotowettbewerb prämiert

2017 und 2018 wurde Schubert zum „Österreichischen Naturfotografen des Jahres“ gekürt

Im Vorjahr veröffentlichte er gemeinsam mit sechs anderen Autoren ein Buch über Naturfotografie, zudem bietet er Workshops und Fotografiekurse an. Sein Traum ist es, vollständig von der Fotografie leben zu können. Der Ehrgeiz ist da.

Inzwischen verfolgt Schubert sein Studium weiter und will sich beruflich für den Naturschutz engagieren. Und vielleicht hört man in wenigen Jahren dann bei der Verleihung des „Wildlife Photographer of the Year“ den Namen „Bernhard Schubert“ aus dem Mund der Herzogin.

Weitere Fotos des Fotografen findet man hier.

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