Wie die Ignoranz Einzelner die Mountainbike-Szene gefährdet

Wie die Ignoranz Einzelner die Mountainbike-Szene gefährdet
Halten sich die Sportler nicht an die Regeln, droht Stillstand im Mountainbike-Netz und im schlimmsten Fall Strafen.

Eigentlich sind die Regeln nicht besonders schwer zu verstehen. Aufeinander Rücksicht nehmen, die Straßenverkehrsordung und die Natur achten - und Fahrverbote einhalten. Dazu zählt auch die Wintersperre zwischen 1. November und 1. März. Nicht alle Mountainbiker halten sich daran. Sie bringen damit schlimmstenfalls eine ganze Sportart in Verruf. Und könnten ein mühsam erarbeitetes Projekt im Wienerwald gefährden.

Aktueller Auslöser für den Aufschrei von Sportlern und Interessensvertretern: Am vergangenen Sonntag mähte ein Mountainbiker um ein Haar eine zwölfköpfige Gruppe im neuen Klosterwald am Kahlenberg nieder. Die Senioren waren in dem Urnenhain unterwegs, um einen Baum für eine künftige Beisetzung auszuwählen. Erst im letzten Moment konnte der Sportler, der laut  Axel Baudach von der Klosterwald Verwaltungs GmbH, mit einem "Affenzahn" unterwegs war, abbremsen. "Es hätte nicht viel gefehlt und er wäre in die Gruppe hineingefahren."

Kein Einzelfall: Seit Eröffnung des Urnenwalds am 1. Oktober seien immer wieder Mountainbiker illegalerweise durch das Friedhofsareal gerast. Zwei Mal wenige Meter neben einer Beisetzung, erzählt Baudach. Dabei sei der Klosterwald an allen Zufahrten ausgeschildert, heißt es beim Grundeigentümer, Stift Klosterneuburg.

Doppelt illegal unterwegs

Doch dieses Mal war der Fahrer sogar doppelt illegal unterwegs. Denn nicht nur hat sich der Sportler offenbar nicht richtig informiert, dass der Weg durch das Waldstück seit April 2019 nicht mehr legal befahren werden darf, ignorierte er auch, dass die Mountainbike-Saison bereits zu Ende war.

Dabei hätte er nur einen kurzen Blick auf Homepages wie jener des Wienerwald Tourismus werfen müssen, ärgert sich dessen Geschäftsführer, Christoph Vielhaber. "Ich habe auch eine Verpflichtung als Mountainbiker, mich zu informieren."

Wie die Ignoranz Einzelner die Mountainbike-Szene gefährdet

Tourismus-Chef Christoph Vielhaber

Dass es einige Sportler mit den Regeln nicht sehr genau nehmen, zeigte sich vergangene Woche auch im Raum Mödling. Am Anninger stürzte ein - ebenfalls illegal fahrender - Mountainbiker. Weil ihn die Rettungskräfte auf einer legalen Strecke vermuteten, hätten sie den Fahrer nicht gleich gefunden, berichtet Saul Ferguson vom Verein Wienerwald Trails. Auch er beobachtet, dass das Missachten der Wintersperre immer wieder als Kavaliersdelikt gesehen wird.

Verbesserungen gefährdet

Mit solchen Aktionen tun sich die Sportler selbst allerdings keinen Gefallen. Denn lange Zeit gab es im Wienerwald kein zeitgemäßes, legales Angebot, um den Sport auszuüben. Die Mountainbiker mussten auf illegale Routen ausweichen. Zwei Jahre lang hatte zuletzt der Wienerwald Tourismus mit Gemeinden, Grundeigentümern, Jägern, Förstern, dem Biosphärenpark Wienerwald und aktiven Mountainbikern wie dem Verein Wienerwald Trails verhandelt, um ein 1250 Kilometer langes Mountainbike-Netz zu realisieren, das die modernen Anforderungen des Sports erfüllt.

Für die Grundeigentümer seien solche Aktionen wie jene am Sonntag natürlich sehr unangenehm, meint Vielhaber. Doch genau die brauche man, um das Projekt weiterzuentwickeln.

Ziel: Saisonverlängerung

Derzeit suche man etwa das Gespräch, um die Wintersperre im Wienerwald um einen Monat nach hinten zu verlegen, berichtet Mountainbiker Ferguson. Denn die Regelung der Fahrverbote von November bis März gelte österreichweit. Im Osten würde der Winter aber nicht so früh hereinbrechen wie im Westen, weshalb aus Sicht der Sportler und auch des Wienerwald Tourismus eine Verlängerung der Saison denkbar wäre. "Genau solche Vorfälle verhindern das aber", ärgert sich Tourismus-Chef Vielhaber.

Generell haben Regeln wie die Wintersperre einen Sinn. Denn laut Walter Hanzmann, Sprecher des Stiftes Klosterneuburg, finde etwa die Holzernte zu dieser Jahreszeit statt. "Und wenn Bäume fallen, ist das lebensgefährlich", warnt er. Zudem müsse auf das Wild Rücksicht genommen werden, das im Wald im Winter weniger Deckung finde. Auch Wegsperren unter dem Jahr haben das Ziel, die Tier- und Pflanzenwelt zu schützen oder die Land- und Forstwirtschaft nicht zu behindern.

"Es wird nur gehen, wenn man die Interessen der anderen Nutzergruppen im Wald auch berücksichtigt", meint Vielhaber. Der Wienerwald Tourismus und auch der Verein Wienerwald Trails appellieren nun an die Sportler, die Regeln einzuhalten.  Funktioniere das nicht,  müsse man sich in letzter Instanz in Abstimmung mit den Grundeigentümern überlegen, mehr Kontrollen durchzuführen oder gar zu strafen, meint Vielhaber.

Beim Klosterwald, wo man massive Unfallgefahr ortet und die Haftungsfrage stellt, zieht man eine erste Konsequenz. Es werden neue Fahrverbotsschilder aufgestellt.

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