Wenn Führungskräfte beim AMS landen
Der Arbeitsmarkt ist in Bewegung, das Arbeitsmarktservice AMS meldet mittlerweile Monat für Monat sinkende Arbeitslosenzahlen. Selbst bei den Langzeitarbeitslosen gehen die Zahlen runter. Bei einer Gruppe hat sich das AMS beim Vermitteln aber immer schwergetan: bei Führungskräften und Akademikern.
In Niederösterreich wurde deswegen 2021 ein eigenes Coaching-Programm entwickelt. Die erfreuliche Nachricht: 60 Prozent der ersten Gruppe an Absolventen hat bereits wieder einen Job.
Sven Hergovich, Landesgeschäftsführer des AMS: „Wir haben als Folge der Pandemie festgestellt, dass für Arbeitslose mit akademischer Ausbildung die Dauer der Arbeitslosigkeit deutlich über dem Durchschnitt liegt. Bei Männern mit akademischen Abschluss ist die Dauer mit 156 Tagen sogar die längste aller Bildungssegmente.“
Kontakt mit Headhuntern
Die Schwierigkeiten liegen auf der Hand: Für Akademiker ist es oft auch eine psychologische Hürde, plötzlich mit dem AMS zu tun zu haben. Im Arbeitsplatzangebot des AMS sind noch dazu kaum Stellen für diese Personengruppe zu finden. Führungsjobs werden meist nicht ausgeschrieben, Headhunter greifen selten auf AMS-Arbeitssuchende zurück. Viel entscheidender sind Netzwerke. Was aber angesichts der Pandemie zuletzt auch nicht so gut funktioniert hat. Hergovich: „In Folge der Corona-Krise haben viele erfahrene und hochkompetente Führungskräfte ihre Arbeit verloren. Wir haben daher im Frühsommer 2021 ein neues Beratungs- und Coaching-Programm für diese Zielgruppe gestartet.“
Dafür hat das AMS in NÖ vorerst einmal rund 400.000 Euro aus dem eigenen Budget investiert. Beauftragt wurde die Firma OTM, diese Arbeitssuchenden mit Einzelberatung, Webinaren und Workshops auf die Jobsuche vorzubereiten. Ein entscheidender Punkt war das gezielte Netzwerken, auch der Umgang mit Headhuntern. Nach dem Motto: Wie komme ich überhaupt ins Blickfeld jener Unternehmen, die Führungskräfte suchen. 153 Personen haben das sechsmonatige Angebot genutzt, 27 davon haben es bereits abgeschlossen. 60 Prozent davon stehen schon wieder im Berufsleben.
Eine davon ist Katharina Quehenberger (38) aus dem Bezirk St. Pölten. Sie ist studierte Betriebswirtin und war eine erfahrene Führungskraft im Finanzbereich, Spezialgebiet Zahlungsverkehr. Nach Fusionierungen in ihrer Firma verlor sie 2021 ihren Job. Im November glückte ihr wieder der Einstieg in das Berufsleben, als IT-Koordinatorin im Bankenbereich.
„Das Ganze ist wie ein Projekt aufgezogen worden. Ich bin also zu meinem eigenen Projekt geworden.“
Als sie in das Programm einstieg, passierte das mit gemischten Gefühlen. „Am Anfang war ich skeptisch, am Ende sehr begeistert.“ Was sie überzeugte: Das Coaching wurde wie ein Projekt aufgezogen. „Und das Projekt war ich. Ich bin zu meinem eigenen Projekt geworden. Es war, wie wenn eine Firma ein neues Produkt einführen will.“
Die entscheidende Phase war das Netzwerken, das gezielt trainiert wurde, um überhaupt in das Blickfeld jener zu geraten, die für die Personalauswahl in Unternehmen zuständig sind. „Die sechs Monate waren wie ein Teilzeitjob. In dieser Zeit habe ich mich neu erfunden. Ich habe auch sehr viel über mich selbst gelernt.“ Ein Teil davon war auch der Umgang mit Headhuntern, was für Führungskräfte besonders wichtig ist. Sechs Monate dauerte das Programm. Und danach hatte Katharina Quehenberger wieder ihren Wunschjob.
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