„Wir spüren, dass die Leute weniger ausgeben wollen“, sagt Melitta Toth, Obfrau des Weltladen-Vereins in Gänserndorf. Jetzt, zur Weihnachtszeit, mache sich der Kaufkraftverlust umso stärker bemerkbar. Existenzbedrohend sei die Situation nicht, aber eben auch nicht vom Tisch zu wischen.
➤ Mehr lesen: Die Renaissance der Weltläden
Aus Überzeugung
Wobei die Weltläden keine Geschäfte im klassischen Sinne sind. Die 88 Verkaufsstellen in Österreich werden auf Vereinsbasis oder von Privatpersonen geführt. Für einen einheitlichen Außenauftritt wurden sie unter der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Weltläden zusammengeschlossen. Über 1.000 Ehrenamtliche tragen das Projekt mit, nur rund 200 Mitarbeiter sind angestellt. Weshalb die Preissteigerungen bei Mieten, Energie und Personal die Weltläden selbst stark treffen würden, wie Iris Teyml-Windisch, Sprecherin der ARGE, sagt.
„Was wir sicher sagen können, ist, dass wir 2023 einen Rückgang haben werden. Nicht unbedingt bei den Umsätzen – diese hängen stark von der Kaufkraft und der Situation vor Ort ab –, aber durch steigende Kosten und die Inflation, was real Verluste bedeutet“, erklärt Teyml-Windisch. Hinzu kämen internationale Krisen, die die Herkunftsländer der Waren betreffen. So ist der Darjeeling aus Sri Lanka, eines der beliebtesten Produkte in den Weltläden, derzeit nicht lieferbar. Das Land ist im Konkurs, es herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Das Produkt kann nicht schnell genug weiterverarbeitet werden und verdirbt. Außerdem besteht ein Importverbot von indischen Produkten und daher auch für den Tee, der sich in der Mischung findet.
Oder der beliebte Arabica-Kaffee aus Ostafrika, bei dem aufgrund der Klimakrise Ernteausfälle zu erwarten sind: Extreme Trockenheit und massive Regenfälle setzen den Pflanzen zu. Ganz abgesehen davon, dass die Bauern auf immer höher gelegene Gebiete ausweichen müssen, um die Bohne überhaupt noch ziehen zu können. „Prognosen sagen, dass es bis 2050 keinen Arabica-Anbau mehr geben wird“, weiß die Sprecherin.
Doppelte Freude
Unterm Strich: Die Waren der Importeure werden teurer, die Lieferzeiten schwerer kalkulierbar, Engpässe unvorhersehbarer. Umso wichtiger sei es daher, Handelsstrukturen abseits der Massenproduktion zu stärken. Die Produkte in den Weltläden stammen von Kleinbauern, mit dem Ziel, ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben.
Oder es werden konkrete Projekte unterstützt, wie beispielsweise Kinderschutzprogramme. „Fairer Handel ist Armutsbekämpfung“, sagt Toth. Und als Kunde kann man jeden Meter, den die Bio-Produkte bis in die Weltläden zurückgelegt haben, leicht nachvollziehen.
Mehr lesen: Second Hand unter dem Weihnachtsbaum immer beliebter
Angesichts der Preissteigerungen sei es verständlich, dass Billigprodukte locken würden. Toth appelliert dennoch, auch im Alltag auf faire Produkte zu setzen. „Ich sage immer: Wenn jeder sein Lieblingsprodukt bei uns kaufen würde, würde das schon viel bewirken.“ Wobei fair gehandelte Produkte nicht immer teurer als jene im Supermarkt sein müssen, wie es beispielsweise beim Kaffee der Fall ist.
Wer also noch auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken ist, ist mit einem Besuch bei einem der Weltläden gut beraten. „Wer fair schenkt, schenkt doppelt“, ist Toth überzeugt. Nämlich nicht nur seinen Liebsten, sondern auch benachteiligten Familien in Asien, Afrika und Südamerika.
Kommentare