Waldbesitzer wollen Jagdverbot

In Deutschland sind Jagdfreistellungen schon Realität
Vier Grundeigentümer aus NÖ wehren sich. Jäger argumentieren mit Verbiss-Schäden.

"Freiheit für Tiere": Dieses Tattoo trägt Alexandra Klein auf ihrem Dekolleté. "Wir sind gegen das Töten von Tieren. Und wir wollen bestimmen, was auf unserem Grundstück passiert." Sie ist gemeinsam mit ihrem Mann Hans Meerkatz am Dienstag in den Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Wien gekommen. Das Paar hat ein fünf Hektar großes Waldstück bei der Hohen Wand geerbt. Unter anderem leben dort Steinböcke. Dass Jäger einfach in ihren Wald gehen und Wildtiere schießen können, das behagt ihnen gar nicht. Sie wollen das, genau wie drei weitere Waldbesitzer aus Niederösterreich, verhindern.

Das Verfahren hat fast alle Instanzen durchlaufen, keine hat das geforderte Jagdverbot zugelassen. "Es wird unter anderem damit argumentiert, dass der Wildverbiss sonst problematisch ist. Aber in Niederösterreich gibt es 65 Prozent Wildverbiss. Und das, obwohl seit Jahrhunderten gejagt wird. Das System funktioniert nicht", meint der Rechtsanwalt der Jagdgegner, Stefan Traxler. Unterstützung holten sich die Kritiker unter anderem aus Deutschland. Karl-Heinz Loske ist Ökologe und arbeitet bei einer Initiative gegen Zwangsbejagung. "Jagd bringt keinen positiven Beitrag zum Artenschutz. Er führt zu Artenverlusten."

Keine Vegetation mehr

Die Vertreter des Landes Niederösterreich sehen das anders. Hans Grundner, stellvertretender Landesforstdirektor, bringt dazu das Beispiel der Hohen Wand – durch das starke Wachstum der Steinbock-Population sei dort die Vegetation gefährdet gewesen. "Wir haben deshalb die Steinböcke bejagt, jetzt erholt sich die Vegetation wieder."

Theoretisch haben Grundbesitzer ganz leicht die Möglichkeit, die Jagd auf ihrem Grund zu verhindern – dazu müssen sie das Areal aber einzäunen. "Gleichzeitig müssen Wälder aber frei zugänglich sein. Außerdem kann keiner sagen, welche Art Abgrenzung gemeint ist", kritisiert Anwalt Christian Aichinger, der zwei weitere Jagdgegner vertritt. Darauf hat Grundner eine Antwort: "Ein Maschendrahtgeflecht mit 1,50 Metern Höhe reicht, bei Rotwild zwei Meter hoch. Der Laufmeter Zaun kostet 8 bis 15 Euro."

Während bei Fällen in Deutschland, Frankreich oder Luxenburg der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Jagdfreistellungen zugelassen hat, ist so etwas in Österreich (noch) kein Thema. Im vergangenen Jahr ist ein Kärntner Grundbesitzer mit einem Jagdfreistellungsantrag für seinen Grund und Boden beim VfGH abgeblitzt. Der Senat kam zu dem Schluss, dass sich die Situation in Kärnten in wesentlichen Punkten von der Sach- und Rechtslage der ausländischen Fälle unterscheidet.

Ein wesentlicher Grund sei die extrem hohe Wilddichte in Österreich, die eine flächendeckende Bejagung notwendig macht. Durch den Verbiss von Wildtieren entstehen der Waldwirtschaft jährlich Schäden in der Höhe von etwa 70 Millionen Euro. "Warum soll in Niederösterreich der Wald weniger schützenwert sein, als in anderen Bundesländern? Wir sehen die Sache daher sehr gelassen und schlafen deswegen nicht schlecht", erklärt der Generalsekretär der Zentralstelle der Österreichischen Landesjagdverbände, Peter Lebersorger. Für Lebersorger stecken hinter den vereinzelten Klagen eher militante Tierrechtler als "besorgte Bürger".

Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes fiel am Dienstag nicht, diese ergeht schriftlich.

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