Urwein als Schatz für eine Gemeinde und den Weinbau

Urwein als Schatz für eine Gemeinde und den Weinbau
14 Liter Jungfernwein aus vergangenen Jahrhunderten. In Klein-Pöchlarn wurde nach 150 Jahren wieder regionaler Wein genossen.

„Da steckt Charakter dahinter, daraus kann man etwas machen.“ Mit leuchtenden Augen wohnte eine 30-köpfige Schar der Jungweinverkostung mit Helmut Gangl vom Bundesweinbauamt bei. Dass im Gemeindesaal von Klein-Pöchlarn an der Donau (Bezirk Melk) erstmals nach rund 150 Jahren wieder regionaler Wein genossen werden konnte, war ein historisches Ereignis.

„Eigentlich sind wir hier illegal unterwegs“, sagte Bürgermeister Johannes Weiß. Doch mit dem Bundesamt konnte ein wissenschaftliches Projekt in einem gesetzlich eigentlich nicht zugelassenen Weinbaugebiet durchgezogen werden. Bevor die Reblaus um die 1870er-Jahre die Weinkulturen vernichtete, gehörte Klein-Pöchlarn mit seinen Weinterrassen zur Wachau und zu den großen Weingebieten in der Monarchie. Durch Neugierde und Zufall entdeckten Adi und Christa Beyer 2017 auf einem gekauften Grund an der aufgelassenen Donauuferbahn-Trasse wilde alte Weinreben aus dieser Zeit.

Urwein als Schatz für eine Gemeinde und den Weinbau

Neugierde

„Es ließ mir keine Ruhe und ich bat das Bundesamt für Weinbau um eine Sortenbestimmung“, schilderte Beyer. Als von dort die Nachricht kam, dass es sich um die historische Urweinsorte Heunisch handelte, war das die Initialzündung für ein Bürgerprojekt. Freiwillige durchforsteten die Gemeinde nach weiteren Reben und wurden in Wäldern und verwilderten Gärten am „Rindfleischberg“ fündig. Bei den rund 40 gefundenen Wildstöcken handelte es sich neben Heunisch auch um die Sorten Neuburger, Baco und Kölner Blau.

Die emsigen Mitstreiter um Adi Beyer legten mit den Weinbauexperten drei kleine Versuchsgärten mit geklonten Urweinpflanzen an. Ende September konnten dort heuer die ersten Trauben geerntet werden. 14 Liter „Klein-Pöchlarner Heunisch“ und drei Liter gemischter Rotwein waren die Ausbeute, die in der Marktgemeinde Euphorie jetzt die Lust nach mehr entfachen.

Noch dazu, weil die beamteten Edelgaumen Gangl und Wolfgang Tiefenbacher vom Wein-Bundesamt dem würzigen jungen Urwein Topwerte zusprachen. Bei den Zuckergraden der Trauben, der Säure und dem Alkoholgehalt von 13 Prozent liege der Heunisch auf Augenhöhe mit bekannten Qualitätsweinen, versicherten sie bei der Verkostung, nach der ersten Ernte der Jungstöcke. „Ein Jungfernwein in doppeltem Sinne. Wir hatten davor noch nie Wein produziert“, sagte Christa Beyer.

Urwein als Schatz für eine Gemeinde und den Weinbau

Adi und Christa Beyer

Gen-Schatz

Die Klein-Pöchlarner Weinsensation kann auch noch andere Dimensionen erreichen. So dürften die Gene der gefundenen Weine große Resistenz gegen die Reblaus und andere Krankheiten haben. Die Neuburger-Reben gelten als Genauffrischung im österreichischen Weinbau.

Für Bürgermeister Weiß ist klar, dass Klein-Pöchlarner Heunisch im Kommen ist. „Das Land als Gesetzgeber muss uns helfen, dass wir wieder Weinbaugebiet werden und große Gärten anlegen dürfen“, forderte er.

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