„Unvergessliches“ Filmdebüt: Wenn alles jetzt ist

Regisseurin Veronika Penz beim Dreh mit Hauptdarsteller Christian Futterknecht
Die 25-jährige Niederösterreicherin Veronika Penz geht mit ihrem ersten Film auf NÖ-Tournee und widmet sich dabei mit Leichtigkeit einem schweren Thema.

In der Pension, da wollten Lini und Ferdinand reisen, das Leben genießen. Doch dann schleicht sich langsam das Vergessen in ihr Leben. Zuerst verlegt Ferdinand Gegenstände, dann verbietet ihm Sohn Wilhelm die Mitarbeit im familiären Uhrmacherbetrieb, als eine wertvolle Kuckucksuhr zu Bruch geht. Schließlich versinkt Ferdinand in der Demenz, gerät Lini in der Pflegerolle an ihre Grenzen.

Dass eine 25-Jährige einen Kinofilm dreht, ist ungewöhnlich. Dass sie sich für ihr Debüt ein derart schweres Thema wie Demenz aussucht, noch mehr. „Wie so oft haben persönliche Erfahrungen dazu geführt“, erzählt die so gar nicht schwermütige, sondern eher sehr fröhliche Melkerin Veronika Penz. „Ich bin mit meinen Großeltern unter einem Dach aufgewachsen, ihr Älterwerden habe ich mitbegleitet und es hat mich sehr beschäftigt“, erzählt sie. Die „Notwendigkeit, sich mit Demenz auseinanderzusetzen“, habe die Erkrankung ihres Großvaters mit sich gebracht. Damals war sie 13. Und seit damals beschäftigt sie das.

„Unvergessliches“ Filmdebüt: Wenn alles jetzt ist

Die 25-jährige Veronika Penz widmet ihren ersten Kinofilm in Erinnerung an ihren Großvater dem Thema Demenz

„Ich wollte das Thema lange nicht angreifen, weil ich mir gedacht habe, ich bin zu jung und habe kein Recht, darüber zu sprechen“, erzählt Penz. Doch dann kam die abschließende Projektarbeit ihres Masterstudiums MultiMediaArt mit Schwerpunkt auf Drehbuch und Regie an der FH Salzburg und „da war klar, das soll Thema für einen Film werden.“ Und zwar nicht für irgendeinen, sondern gleich für einen Kinofilm. „Ich bin eine begeisterte Kinobesucherin und glaube an das Medium. Ich hatte auch das Gefühl, dass das auf eine große Leinwand gehört, dass auch der Zuschauer Raum braucht.“ In der 28-jährigen Mit-Studentin Hannah Schaefer fand sie die ideale Ergänzung, „ich hatte die künstlerische Leitung über, sie die organisatorische“. Und so entstand „Alles ist jetzt“.

Gefühl für Älterwerden

Penz betont, dass „die konkrete Handlung erfunden ist, das sind nicht meine Großeltern, aber die persönlichen Erfahrungen sind stark eingeflossen. Mir war klar, was ich erlebt habe, ist zu wenig, um über das Thema etwas aussagen zu können, so ein Film sollte eine Allgemeingültigkeit haben. Ich habe versucht, ein Gefühl für das Älterwerden zu bekommen, habe Vorträge besucht, war in Pflegeheimen, habe mit Angehörigen gesprochen.“

Die grobe Handlung war schnell fertig. Auch vom Umfeld hatte Veronika Penz ganz klare Vorstellungen: „Ich hatte seit Jahren das Bild im Kopf: Ein Mann, der in einem Raum voller Uhren sitzt“. Hauptfigur Ferdinand wurde also Uhrenmacher, „das ist ja auch symbolhaft“.

Die passende Location zu finden war nicht einfach. „Wir haben 60 Adressen zwischen Bayern und Wien besucht und sind dann in Hainfeld fündig geworden“, erzählt sie. Das ehemalige Uhrengeschäft war perfekt, nur gab es dort keine Uhren mehr. „Wir haben ganz viele hingebracht, bei Flohmärkten welche gekauft, von einem Bekannten, der Uhren sammelt, ausgeborgt.“

„Unvergessliches“ Filmdebüt: Wenn alles jetzt ist

Idealbesetzung: Elfriede Schüsseleder und Christian Futterknecht

Das Drehbuch war da, die Location auch, doch ein Film braucht natürlich auch Schauspieler. Elfriede Schüsseleder verkörpert die pflegende Ehefrau, Christian Futterknecht ihren demenzkranken Mann. Beide kennt man als Ensemblemitglieder des Theaters in der Josefstadt. „Das ist die Idealbesetzung, ich bin so glücklich, dass wir sie gewinnen konnten. Derartige Schauspieler scheinen unerreichbar zu sein, aber wenn ihnen das Drehbuch zusagt, sind sie auch bei einem Studentenprojekt dabei“, freut sich Veronika Penz.

Gedreht wurde der Film an zwölf Tagen im November 2019 in den Bezirken Korneuburg, Lilienfeld und Melk. Insgesamt waren rund 120 Personen an dem Projekt beteiligt.

Penz betont, dass sie trotz des schweren Themas immer ein differenziertes Bild und alle Facetten zeigen wollte. Und zurückblickend sagt sie über ihren Großvater: „An dem Punkt, wo er nichts anderes mehr hatte als den Moment, war er glücklicher und zufriedener als jemals zuvor.“

Screening-Tour Filmvorführungen

Der 47-minütige Film „Alles ist jetzt“ war nie nur als Studienarbeit gedacht. Seine Uraufführung feierte er in der Schweiz beim Demenz Meet in St. Gallen. Hannah Schaefer und Veronika Penz sind derzeit gemeinsam mit dem Hilfswerk Niederösterreich auf Screening-Tour. Den Startschuss samt NÖ-Premiere gab es diese Woche  im Cinema Paradiso St. Pölten.  Weitere Termine sind im Kino Mank  (15. 10., 20 Uhr), im Stadtkino Hainfeld (20. 10., 19.30  Uhr),  im Stadtkino Horn (4. 11., 20 Uhr) sowie im Cinema Paradiso in Baden (9. 11., 18.20 Uhr) sind ebenfalls bereits fixiert. Im Anschluss an die Filmvorführungen gibt es ein Publikumsgespräch zum Thema

www.allesistjetzt-derfilm.com

 

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