Tödliche Gasexplosion in Baumgarten: Prozessauftakt mit vielen Hürden

200 Meter lang war der brennende Gasstrahl. Eine tödliche Fackel, durch die TÜV-Techniker Matthias S. starb. 22 weitere Menschen wurden schwer verletzt. Dazu kam ein Schaden von 50 Millionen Euro.
Was am 12. Dezember 2017 in der Gasstation Baumgarten/March geschah, wird beinahe exakt vier Jahre später im Landesgericht Korneuburg aufgerollt. Jeden getätigten Handgriff, oder in dem Fall das Gegenteil, hat der Staatsanwalt präzise herausgearbeitet und dadurch die Umstände, wie die Explosion überhaupt passieren konnte. Zwölf Personen sind wegen fahrlässiger Herbeiführung einer Feuersbrunst mit Todesfolge angeklagt. Zudem beantragte der Staatsanwalt gegen vier Unternehmen Geldbußen.
Baumgarten: Was 2017 passiert ist
Aufstand der Anwälte
Doch Montagvormittag tritt das – zumindest anfangs – in den Hintergrund. Denn: Die Anwälte, die die Beschuldigten vertreten, haben ganz andere Bedenken. Konkret, dass sie ihre Mandanten nicht entsprechend verteidigen können.
Grund dafür ist Corona. Der größte Verhandlungssaal im Landesgericht ist für die Verhandlung deutlich zu klein. Die Anwälte sitzen von ihren Mandanten meterweit entfernt, die Sitzplätze wurden über den gesamten Saal verteilt. Nicht alle Juristen sind im Saal zugelassen. Jene, die keinen reservierten Sessel haben, müssen die Verhandlung aus einem anderen Saal via Video mitverfolgen. Genauso wie Zuhörer und Medienvertreter. Und die können oft nur raten, wer gerade am Wort ist – erkennbar ist das am Bild nicht.
Keine Kommunikation
"Die Sitzordnung entspricht nicht dem Verfassungsrecht", betont Anwalt Bernhard Kispert. Er könne mit seinem Mandanten während der Verhandlung nicht kommunizieren. "Der eine Mandant sitzt sechs Meter entfernt, der andere zwölf Meter", bekräftigt Rechtsanwalt Wolfgang Schubert. "Außerdem darf nur ich von einem vierköpfigen Verteidigerteam im Saal sein." Aufgrund des komplexen technischen Sachverhaltes sei das aber nötig.
Man möge doch einen größeren Saal außerhalb des Gerichts anmieten, schlägt Schubert vor. "Das habe ich im Vorfeld auch schon mit der Gerichtspräsidentin besprochen. Mehr kann ich nicht tun. Ich selber werde ihn nicht anmieten oder aus eigener Tasche bezahlen", entgegnet die Richterin.
Abfuhr
Nach einer längeren Beratungspause verkündet sie: "Ich nehme Ihre Bedenken ernst. Aber ich werde nicht heute darüber entscheiden." Die Plädoyers sollen auf alle Fälle stattfinden.
Und so hat am Montag zumindest der Staatsanwalt die Möglichkeit, zu erklären, was im Jahr 2017 passiert ist. Der Ursprung allen Übels war ein Sicherungshebel, der beim Abbau einer Anlage entfernt - und die in Baumgarten wieder aufgestellt wurde. Nur eben nicht komplett. "12 Leute schauen sich diesen Separator an, aber keiner richtig", sagt der Staatsanwalt. Einer verließ sich auf den anderen, dokumentiert wurde nur wenig.
Bei der TÜV-Prüfung kam es dann zur Tragödie. Ein Fall, der das Gericht noch sehr lange beschäftigen wird.
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