Terror-Alarm: Cobra stürmte Haus in Gablitz

Terror-Alarm: Cobra stürmte Haus in Gablitz
Das Führungsmitglied einer türkischen Terror-Organisation wird von deutschen Behörden gesucht.

Ein 20 Mann starkes Einsatzkommando der Cobra sowie des Verfassungsschutzes stürmte am Dienstag ein Wohnhaus in Gablitz (Bezirk Wien-Umgebung) und legten dem 39-jährigen türkischen Staatsbürger Yusuf T. Handschellen an. Der ist nach Ansicht der deutschen Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ein „hochrangiger Führungskader“ der derzeit gefährlichsten türkischen Terrororganisation.

Die marxistisch-leninistische „Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front“ (DHKP-C) hat seit ihrer Gründung im Jahr 1994 in der Türkei zahlreiche Tötungsdelikte begangen sowie eine Vielzahl von Brand- und Sprengstoffanschlägen verübt. Seit dem Jahr 2001 kommen auch Selbstmordattentäter zum Einsatz. Zuletzt hat sich die DHKP-C zu dem Selbstmordanschlag am 1. Februar 2013 auf die US-Botschaft in Ankara bekannt, bei dem der Attentäter selbst und ein Wachmann der Botschaft getötet und drei weitere Personen verletzt wurden.

Die DHKP-C verfügt in Europa über eine Auslandsorganisation, die sie als „Rückfront“ unter anderem zur Finanzierung ihrer terroristischen Aktivitäten, zur Beschaffung von Waffen sowie als sicheren Rückzugsraum nutzt.

In diesem Zusammenhang wurden bereits vor etwa vier Wochen sechs Hausdurchsuchungen in Wien und Niederösterreich durchgeführt, und ein Verdächtiger festgenommen, der KURIER berichtete.

Der nun verhaftete Yusuf T. soll aber ein „großes Kaliber“ sein. Der Vorwurf: Zu seinen zentralen Aufgaben soll es gehört haben, finanzielle Mittel zur Finanzierung des bewaffneten Kampfes in der Türkei zu beschaffen, und an die Führung der Vereinigung weiterzuleiten.

Nur zu Besuch

Dienstagvormittag, gegen elf Uhr, wurde der Verdächtige in einem Zweifamilien-Wohnhaus direkt an der B1 in Gablitz gefasst. Schon seit Montag soll sich Yusuf T. in der Wohnung von Hamdi A. aus Gablitz aufgehalten haben. „Er ist am Montagabend gekommen und hat bei uns übernachtet“, erzählt A. Er lebt seit 1990 in dem Haus in Gablitz, gemeinsam mit seiner Frau, einer Tochter und zwei Söhnen.

Der Verdächtige sei ein Bekannter der Familie. „Als die Polizei gekommen ist, sind wir im Haus gesessen und haben geredet. Dann haben sie ihn mitgenommen“, sagt der Hausbewohner. Warum, weiß er nicht. A. sagt, dass er den Verdächtigen vom Anatolischen Kulturverein in Wien kenne. Schon seit mehr als zehn Jahren. Von Montag auf Dienstag sei sein Bekannter einfach „auf Besuch“ gekommen.

Die Nachbarn von Familie A. haben vom Cobra-Einsatz in Gablitz kaum etwas mitbekommen. Nur eine Nachbarin schildert, „dass viele schwarz gekleidete Männer in die Wohnung gestürmt“ seien. Die Familie, bei der sich der Verdächtige aufgehalten hat, ist laut den Nachbarn „sehr nett“ und unauffällig. Man habe einander auf der Straße jedenfalls „immer nett gegrüßt“.

Zum Artikel "Ankara-Anschlag: Spur nach Deutschland"

In der Türkei töten sie Menschen. Das Geld dafür wird in Deutschland gesammelt. Unterstützer sitzen auch in Österreich. Die Rede ist von der „Revolutionären Volksbefreiungspartei/-front“ (DHKP-C). Es handelt sich um eine marxistisch-leninistische Terrororganisation, die den türkischen Staat mittels „bewaffneten Kampfes“ beseitigen will. Ende Juni führten Behörden in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Belgien einen groß angelegten Schlag gegen die Logistikbasis der Organisation durch.

Seit ihrer Gründung im Jahre 1994 hat die Gruppierung in der Türkei zahlreiche Morde und eine Vielzahl von Brand- und Sprengstoffanschlägen verübt. Dabei wurden wiederholt Selbstmordattentäter eingesetzt. Zuletzt hat sich die DHKP-C im Februar zu dem Selbstmordanschlag gegen die US-Botschaft in Ankara bekannt, bei dem der Attentäter selbst und ein Wachmann getötet wurden.

Rückfront zur Finanzierung

Die DHKP-C verfügt über eine Auslandsorganisation, die sie als „Rückfront“ zur Finanzierung ihrer Aktivitäten, zur Beschaffung von Waffen, sowie als Rückzugsraum für ihre Mitglieder nutzt. Diese Rückfront soll nun im Zuge einer internationalen Behördenaktion lahmgelegt werden. Mehr als 300 Beamte stehen derzeit im Einsatz. Es begann mit der Festnahme der türkischen Staatsangehörigen Sonnur D. und Muzaffer D. im Auftrag der Bundesanwaltschaft Karlsruhe.

Nach der Durchsuchung von zwölf Wohnungen und Vereinsräumen wurden zwei weitere Haftbefehle gegen Türken ausgestellt und 23 weitere Wohnungen geöffnet. Zwei der Festgenommenen, der 47-jährige türkische Staatsangehörige Latife C. und der 33-jährige Özkan G., sollen hochrangige Führungskader der Terrororganisation sein. Sie sollen Finanzmittel für die DHKP-C in Nordrhein-Westfalen beschafft, verwaltet und weitergeleitet zu haben.

Stützpunkte in Wien

Die Erhebungen brachten Hinweise auf weitere Stützpunkte in Österreich und den Niederlanden. In Wien und Niederösterreich wurden über ein Rechtshilfeersuchen der deutschen Behörden von Beamten des Verfassungsschutzes mit Unterstützung der Sondereinheit Cobra sechs Wohnungen durchsucht und vorerst ein Verdächtiger festgenommen. Ein weiterer per Haftbefehl gesuchter Austro-Türke konnte zur selben Zeit in Deutschland festgenommen werden. Ihnen werden keine Taten in Österreich zur Last gelegt, sondern ausschließlich die Unterstützung der Aktivitäten in Deutschland. Das entspricht auch der offiziellen Einschätzung des heimischen Verfassungsschutzes, wonach Österreich von der DHKP-C ausschließlich als „Ruheraum“ genutzt werde.

In Österreich wird die DHKP-C meist nur im Zuge von Asylanträgen genannt. Denn immer wieder suchen Türken in Österreich um Asyl an, mit dem Hinweis, sie seien Mitglieder der DHKP-C und würden im eigenen Land verfolgt. Das Bundesasylamt hat bisher aber derartige Ansuchen abgelehnt – mit der Begründung, dass es sich bei der DHKP-C um eine international geächtete Terrororganisation handelt.

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