Star-Cellistin Harriet Krijgh lädt zu sich nach Hause
KURIER: Sie sind eine international erfolgreiche Cellistin, die ständig unterwegs ist, deshalb führen wir dieses Interview auch telefonisch. Wo sind Sie gerade?
Harriet Krijgh: Ich bin in Berlin – da habe ich auch eine kleine Wohnung, weil ich seit zwei Jahren beim Artemis Streichquartett bin und so ist es mit den Proben einfacher.
Sie haben aber in Niederösterreich gelebt?
Für mich ist Niederösterreich – oder eigentlich Feistritz am Wechsel – nach wie vor mein Zuhause. Ich bin zwar in den Niederlanden aufgewachsen, aber schon als Kind war ich jeden Sommer dort und seit ich 14 war, eigentlich dann immer zwischen Wien und Feistritz. Meine Großeltern haben die Burg Feistritz erworben und meine Großmutter hat sie liebevoll Zimmer um Zimmer renoviert. Es war ihr Lebensprojekt. Meine Eltern haben das dann übernommen. Die Burg ist der Mittelpunkt unserer Familie. Feistritz ist der Ort, wo ich am allerliebsten bin und auch künstlerisch viel mache.
Zum Beispiel das Festival Harriet & Friends, das heuer im Sommer in kleinerer Version stattfinden musste.
Genau. Aber dafür wird es nächstes Jahr extra feierlich, da begehen wir sozusagen ein Doppeljubiläum: Zehn Jahre Harriet & Friends und meinen 30. Geburtstag. Es beginnt am 29. Juni und endet am 3. Juli, an jedem Abend kommen bis zu 400 Personen. Es sind immer großartige Künstler aus der ganzen Welt da, es ist eine ganz tolle Atmosphäre. Ich habe immer das Gefühl, dass das Publikum zu mir nach Hause kommt, weil auch die ganz Familie mithilft. Es ist wirklich ein Highlight in meinem künstlerischen Kalender. (www.harrietandfriends.at, Anm.)
Und der ist ziemlich voll. Wie viele Konzerte spielen Sie im Jahr?
Das heurige können wir wegstreichen. Im letzten Jahr waren es 100 bis 120. Es ist eine Mischung aus Solo- und Kammermusik im Ensemble, die ich spiele. Ich brauche beides und möchte keines missen. Es bereichert mich in meinem Dasein – persönlich und musikalisch.
Es klingt dennoch stressig.
Ja, in einer vollen Saison passt sich das ganze Leben an das Konzertleben an. Kaum ein Tag ist wie der andere, oft ist man am nächsten Tag schon wieder in einer anderen Stadt. Man ist einerseits voll fokussiert auf das, was man in dem Moment macht, aber gleichzeitig schon in den Vorbereitungen auf die Woche danach, dazwischen ist man im Auto, Zug oder Hotel. Da ist es wichtig, dass man sich Ruhephasen nimmt und aufpasst, dass man nicht gelebt wird. Diese Ruhephasen braucht die Musik und die brauche ich. Das musste ich aber auch erst lernen und ist nach wie vor nicht leicht zu planen.
Wann haben Sie mit dem Cellospielen angefangen?
Ich bin schon sehr jung zum Cello gekommen, das passierte ziemlich spielerisch und natürlich. Meine drei älteren Brüder spielten alle ein Instrument. Ein Instrument zu lernen gehört bei uns zum Leben dazu, so wie Sport oder in die Schule zu gehen. Irgendwann habe ich dann meinem ältesten Bruder das Cello geklaut – und es nicht mehr zurückgegeben. Mit fünf Jahren habe ich dann bei seinem Lehrer meine erste Stunde genommen. Es war sofort Liebe und Leidenschaft da, ich habe jeden Tag ein bisschen gespielt. Mit dem Umzug nach Wien, wo ich 13 war, habe ich dann richtig Gas gegeben und da ging es schnell in eine professionelle Richtung. Die große Liebe für Musik war einfach unzerschlagbar und hat mich jeden Tag dazu inspiriert, durchs Feuer zu gehen. Ich vergleiche es gerne mit Spitzensport – man muss das ganze Leben darauf einstellen.
Sie spielten unter anderem in der Wigmore Hall London, Auckland Philharmonia, der Konzerthalle von Sydney. Was war das Highlight Ihrer Karriere?
Das kann ich nicht beantworten. Es gab so wahnsinnig viele Momente – glücklicherweise.
Mit Cello-Unterricht hat die 1991 Geborene mit fünf Jahren begonnen. Im Jahr 2000 wurde sie in die Klasse für junge Talente an der Hochschule für Musik und Kunst in Utrecht aufgenommen. Konzerte führen sie in die bedeutendsten Säle Europas, Nordamerikas und Asiens. Krijgh ist künstlerische Leiterin des Festivals „Harriet & Friends“ auf der Burg Feistritz, die im Familienbesitz steht.
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