Staatsverweigerer: "Nur Schöpfer urteilt über mich"

Der Angeklagte versperrte vor Prozessbeginn die Eingangstür.
46-Jähriger wegen versuchter Erpressung zu 18 Monaten teilbedingter Haft verurteilt.

Ein Großaufgebot an Polizisten sicherte Montagfrüh das Landesgericht Krems in Niederösterreich: Martin B., ein 46-jähriger sogenannter „Staatsverweigerer“ musste sich wegen versuchter Erpressung und Widerstand gegen die Staatsgewalt verantworten. Aber es kam nur eine Handvoll möglicher Unterstützer. Der Angeklagte selbst lieferte jedoch einen kuriosen Auftritt: Er weigerte sich, auf der Angeklagtenbank Platz zu nehmen.

„Fassen Sie mich nicht an, ich übe keine Gewalt aus“, sagte er zu Justizbeamten, die ihn zum Platz führen wollten. Um eine Eskalation zu vermeiden, ließ man ihn gewähren. So verfolgte er das Verfahren stehend, flankiert von Beamten. Er legte weder Strickmütze noch Lammfelljacke ab, die er über rotem Hemd und gleichfarbiger Hose trug.

Dass er die Staatsmacht nicht anerkennt, machte der Angeklagte gleich zu Beginn der Verhandlung deutlich und änderte sein Verhalten auch nicht. „Ich bin ein lebender Mensch aus Fleisch und Blut, ein beseeltes Wesen. Ich bin nur dem Schöpfer unterworfen. Nur mein Schöpfer urteilt über mich. Sind Sie mein Schöpfer?“, fiel er der Richterin ins Wort, sobald sie ihn befragen wollte. Doch sie zog den Prozess geordnet durch.

Erpressung

Der Mann habe sich 2015 vom Staat verabschiedet und sei einem „Wahnsystem“ beigetreten, sagte der Staatsanwalt. Er habe Bürgermeister Martin Falk und Vizebürgermeisterin Elisabeth Gröschel, sowie Gemeindebedienstete von Gars im Waldviertel mit Klagen – teilweise in Millionenhöhe – bedroht. Die Summen forderte er für den Fall, dass sie eine gegen ihn angestrengte Exekution wegen ausständiger Gemeindegebühren nicht zurücknehmen würden. Denn Martin B. hatte 2015 aufgehört, Wasser- oder Kanalgebühren zu zahlen, und auch keine Abgaben mehr an die Sozialversicherung der Bauern geleistet.

Schuldenregister

Um den Druck zu erhöhen, trug er einige Personen in das US-Schuldenregister Uniform Commercial Code (UCC) ein, aus dem sich Betroffene mehrmals löschen lassen mussten. Sie alle fürchteten, dass der Angeklagte Pfandrechte an ein Inkassobüro auf Malta überträgt, das versuchen könnte, bei österreichischen Gerichten einen Rechtstitel zu erwirken. Das galt als mehrfach versuchte Erpressung samt Widerstand gegen die Staatsgewalt. Denn die Betroffenen fühlten sich bedroht.

Die Verhandlung verfolgte der 46-Jährige lächelnd, oft mit geschlossenen Augen – wie in Meditation.

Das Urteil wegen versuchter Erpressung und Widerstand gegen die Staatsgewalt – 18 Monate Freiheitsstrafe, davon 12 bedingt auf drei Jahre – ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte sagte, er „verzichte auf das Privileg, verurteilt zu werden“ und verweigerte bis zum Schluss das Gespräch mit seinem Pflichtverteidiger. Sollte es bei dem Strafmaß bleiben, muss er abzüglich der U-Haft fünf Monate absitzen.

„Mildernd war Ihre bisherige Unbescholtenheit. Aber es geht nicht,dass Menschen glauben, sie haben im Staat nur Rechte und keine Pflichten“, erklärte die Richterin die generalpräventive Überlegung. Über seine Handlungen könne er im Gefängnis nachdenken, sagte sie. Anzeichen dafür, dass der Mann einen Sachwalter benötigt, hat die Richterin keine gefunden.

Schärfere Gesetze

Die Zahl der Menschen, die die Autorität Österreichs ablehnen, nimmt zu. Ob sie sich „Freemen“, „Souveräne Bürger“, „Reichsbürger“ oder „Terrarier“ nennen, sie folgen Gedankenkonstrukten, die die den Staat abschaffen wollen. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) kündigte vor Kurzem bereits strengere Gesetze gegen derartige Aktivitäten an.

Ziel der neuen Regelungen ist es, Menschen, die staatsfeindliche Organisationen gründen oder sich führend darin einbringen, mit bis zu zwei Jahren Haft bestrafen zu können. Gefängnis soll auch jenen drohen, die solche Gruppen finanziell unterstützen.

Rund 1100 Personen sollen mittlerweile österreichweit in den sogenannten staatsfeindlichen Verbindungen organisiert sein. Die Zahl der Sympathisanten schätzt man auf 22.000. Die Bewegung startete 2013 unter dem Namen „One People’s Public Trust“ (OPPT) in den USA und schwappte bald nach Europa über.

Bisher auffälligste Aktivität in Österreich war eine Zusammenkunft im Sommer 2014 im niederösterreichischen Waldviertel, wo rund 250 Personen versuchten, einen eigenen Gerichtshof zu installieren, der Politiker oder Beamte verurteilen sollte. Ein massiver Polizeieinsatz beendete die Aktivität. Es kam zu mehreren Festnahmen.

Kommentare