50 neue Kunden pro Woche: Sozialmarkt Wiener Neustadt braucht mehr Platz

Sozialmarkt-Chef Franz Lechner mit Ehefrau Barbara (r.) und Helferin Gabriele Fally.
Aus drei Standorten wurde ein großer: Mehr als 5.000 sozial Schwächere kaufen in Franz Lechners Herzensprojekt ein.

Weihnachtsurlaub gönnte sich Franz Lechner heuer keinen. Dafür blieb keine Zeit. In wenigen Tagen musste sein Sozialmarkt in Wiener Neustadt auf das neue Areal in der Waldschulgasse übersiedelt werden. Aus zuletzt drei Standorten wurde ein gemeinsamer, rund 400 Quadratmeter großer. "Möglich war das nur durch meine ehrenamtlichen Helfer", weiß Lechner. Insgesamt rund 40 solcher unbezahlten Arbeitskräfte packen mit an, wenn Hilfe benötigt wird. Und das ist sehr oft der Fall.

"Sind regelrecht gestürmt worden"

Denn der Zustrom an Kunden sei gewaltig, erzählt der 58-Jährige. Mehr als 5.000 registrierte Mitglieder aus dem südlichen Niederösterreich und auch aus dem Burgenland zählt der Sozialmarkt bereits. "Jeden Tag kommt mindestens ein neuer dazu", so Lechner. Zuletzt seien es sogar rund 50 pro Woche gewesen. "Es ist unglaublich, was sich abgespielt hat", ist er fassungslos über die ersten Tage nach der übersiedlungsbedingten Sperre während der Weihnachtsfeiertage. "Wir sind regelrecht gestürmt worden."

50 neue Kunden pro Woche: Sozialmarkt Wiener Neustadt braucht mehr Platz

Die Arbeiten am neuen Standort laufen noch. Einerseits müssen unzählige Möbel für den Flohmarkt geschleppt werden, andererseits ist ständig neue Ware einzusortieren. "Meine Frau und ich fangen zwischen halb fünf und fünf Uhr früh an. Sechs Tage die Woche", berichtet Franz Lechner. Lebensmittel werden von Großmärkten, aber auch von Firmen abgeholt, die den Sozialmarkt als Spender unterstützen. 

Kühlhaus wird benötigt

Regelmäßig veranstaltet man "Spendentage" vor Supermärkten in der Region: "Dann bitten wir die Leute, dass sie Produkte doppelt kaufen und uns eines davon schenken." Der nächste Termin ist am 8. Februar bei der Billa-Filiale in der Wiener Neustädter Nestroystraße. "Ich renne halt viel betteln", sagt Lechner mit einem Schmunzeln: "Das habe ich in den letzten Jahren wirklich gelernt." Aktuell würde der Sozialmarkt dringend ein Kühlhaus zur Lagerung von Waren benötigen, hofft er auf Unterstützung.

50 neue Kunden pro Woche: Sozialmarkt Wiener Neustadt braucht mehr Platz

"Das große Problem ist die Scham. Vor allem bei älteren Leuten merkt man das oft", hat Lechner beobachtet. "Sie gehen draußen auf und ab, bis sie sich dann doch hereintrauen." Einkommensnachweis, wie bei anderen Sozialmärkten, verlangt er keinen. "Es gibt viele, die knapp über dieser Einkommensgrenze liegen und trotzdem nicht wissen, wie sie mit ihrem Geld auskommen sollen. Sie kommen von der Österreich Tafel oder vom SoMa-Markt, auch die Caritas schickt uns manchmal Leute."

Gratis-Lebensmittel

Jeden Samstag lädt Lechner zur Gratis-Lebensmittelausgabe ein: "Da bekommt jeder ein Sackerl." Dank der Kochkünste einiger Helferinnen kann er außerdem am Freitag und Samstag kostenlos Suppe ausgeben. "Wir hatten auch schon Gratis-Frühstück oder ein Osteressen", erzählt der Sozialmarkt-Chef.

Selbst komme er dank vieler kleinerer und einiger größerer Spender "gerade so über die Runden", sagt er. "Es sind halt die Betriebskosten, die einen umbringen. Strom und Miete - obwohl die am neuen Standort zum Glück um einiges billiger ist." Und Treibstoff für die zahllosen Transportfahrten, um Ware für seine Kunden nach Wiener Neustadt zu bringen: "Wir haben ausgerechnet, dass wir alleine im letzten Jahr ungefähr 7.500 Euro Sprit verfahren sind." 

Geheizt wird in der neuen Halle nicht. "Das wäre zu teuer. Und so bleibt man wenigstens jung", scherzt der 58-Jährige über die frostigen Temperaturen.

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Doch das schreckt Kunden nicht ab. Im Gegenteil. "Früher habe ich oft Leute vor dem Geschäft warten lassen müssen, weil nicht genug Platz im Markt war. Jetzt haben wir Platz, wo sich die Leute auch treffen und ein bisschen unterhalten können. Das ist auch wichtig", weiß Lechner. Deshalb gibt es auch ein kleines Sozial-Cafe mit Kaffee und Kuchen.

Nichts wird weggeworfen

Weil er keine Einkommensnachweise verlangt, erhält der 58-Jährige für seinen Sozialmarkt keine öffentlichen Förderungen. Seitens der Stadt Wiener Neustadt werde man aber immer wieder unterstützt, ist er dankbar. Dazu kommen Hausräumungen - aus diesen ist der Markt vor rund sieben Jahren entstanden. "Weil da immer etwas übrig geblieben ist und ich damit jemandem helfen wollte", erinnert sich Lechner, der selbst ausschließlich ehrenamtlich tätig ist. Sein Einkommen bezieht er als FPÖ-Gemeinderat in Wiener Neustadt. "Und ich bekomme Reha-Geld nach einer Krebserkrankung."

Und obwohl man selbst von gespendeten Waren lebt, ist Lechner auch die Idee der Nachhaltigkeit wichtig: "Hartes Gebäck oder übrig gebliebene Lebensmittel holen Tiervereine, aber auch Private ab, damit nichts weggeworfen wird."

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