Sozialarbeit in der Schutzzone: Die Sorge um die 13-Jährigen

Die Polizei kontrolliert streng in der Schutzzone
Streetworker knüpften bei Projekt am Wiener Neustädter Bahnhof in einem Jahr bereits 5.000 Kontakte mit Jugendlichen.

Um der Drogen- und den Auswüchsen der Bandenkriminalität Herr zu werden, hat die Polizei im Mai 2017 am Wiener Neustädter Bahnhof sowie im Stadt- und später auch im Esperantopark polizeiliche Schutzzonen verhängt. Seither wurden mehr als 2.000 Betretungsverbote gegen Kriminelle und Unruhestifter ausgesprochen. Vor allem am Hauptbahnhof ist die Zahl der Wegweisungen konstant hoch.

Wie prekär die Lage ist, hat eine Messerattacke mit lebensgefährlichen Folgen gezeigt. Ende August wurde ein 28-jähriger Burgenländer von einem 30-jährigen Asylwerber am Bahnhofsgelände niedergestochen. Der Mordversuch ereignete sich ausgerechnet im Utoya-Park, der als Friedenssymbol und Gedenkstätte für die 77 Opfer auf der norwegischen Ferieninsel gilt.

Auffangnetz

Damit gerade Kinder und Jugendliche, die täglich am Bahnhof verkehren, auch ein entsprechendes soziales Auffangnetz vorfinden, haben das Land Niederösterreich und die Stadt Wiener Neustadt vor einem Jahr ein Projekt gestartet und den Verein „Jugend & Kultur“ mit mobiler Jugendarbeit am Bahnhof beauftragt. „Die Arbeit der Streetworker soll ansetzen, bevor jene der Polizei notwendig wird“, so die Idee der verantwortlichen Politiker.

Seit einem Jahr sind die Streetworker von „Rumtrieb“ am Bahnhof unterwegs und haben bisher knapp 5.000 Kontakte geknüpft. Die Erfahrungsberichte sind sehr positiv. „Waren anfangs viele Jugendliche und junge Erwachsene noch skeptisch, so konnten inzwischen viele Beziehungen aufgebaut und effektiv Hilfe bei Themen wie Wohnen, Finanzen oder Arbeit geleistet werden“, heißt es vonseiten der Streetworker.

Sozialarbeit in der Schutzzone: Die Sorge um die 13-Jährigen

Das Team der Streetworker bei ihrem Einsatz am Bahnhof

Laut den Sozialarbeitern ist der Bahnhof eine Art Sozialraum für jene Jugendliche, die zu Hause kein so gutes soziales Umfeld haben. „Weil gerade junge Mädchen Bedenken haben, sich in Parks oder wenig frequentierten Bereichen aufzuhalten, haben sie den Bahnhof als Treffpunkt gewählt“, heißt es beim Trägerverein „Jugend & Kultur“. Aus sozialarbeiterischer Sicht bringe das auch Vorteile. Der Bahnhof unterliege einer hohen sozialen Kontrolle, weil er von so vielen Menschen genutzt und frequentiert wird. Zu tun habe man mit Schulkindern, arbeitssuchenden Teenagern, Drogensüchtigen und auch mit Asylwerbern. Von der letztgenannten Gruppe seien die meisten aber bereits deutlich zu alt für die Sozialarbeiter.

Schiefe Bahn

Wie man aus den Erfahrungen eines Jahres sieht, sind es die etwa 13- bis 14-jährigen Kids, die den Streetworkern die größten Sorgen bereiten. Gerade in dem Alter müsse man aufpassen, dass die Teenager durch ein schlechtes Umfeld nicht auf die schiefe Bahn geraten. „Wir versuchen zu ihnen eine Beziehung aufzubauen und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger auf sie einzuwirken. Sozialarbeit funktioniert nicht mit Bevormundung, das machen ohnedies schon alle anderen. Kluge Ratschläge gehen bei einem Ohr hinein und beim anderen Ohr wieder hinaus“, sagt Katrin Pultz von „Jugend & Kultur“.

In Zukunft werden die Beratungszeiten am Bahnhof etwas angepasst, Schwerpunkte soll es Freitagabend und am Samstag geben. So sollen pro Tag bis zu 50 Jugendliche am Bahnhof und in der Innenstadt erreicht werden. „Es wäre wichtig, die Betreuung am Bahnhof auch über das Jahr 2019 aufrecht zu erhalten“, hofft man beim Verein auf eine Verlängerung des Projekts und die entsprechenden Geldmittel.

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