"Schwer gestört": Afghane schlug Mithäftling mit Aschenbecher nieder
Sayed S. war 16 Jahre alt, als er im Jahr 2015 nach Österreich kam. Alleine. Sein Heimatland Afghanistan hatte er als 11-Jähriger verlassen, nachdem er nie eine Schule besucht hatte, weder lesen noch schreiben konnte. Was sich in den fünf Jahren seiner Flucht ereignet hat, darüber will Sayed S. nicht sprechen. Nur soviel: "Alle Drogen, die ich bekommen kann, nehme ich."
Daran habe sich auch nichts geändert, attestiert die psychologische Sachverständige im Prozess gegen den 25-Jährigen am Landesgericht Wiener Neustadt. Dort muss sich der Afghane wegen versuchten Mordes, mehrfacher Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt verantworten.
Denn am 19. Dezember des Vorjahres zertrümmerte er einen Glas-Aschenbecher auf dem Kopf eines Mithäftlings in der Justizanstalt Hirtenberg und versuchte danach, dem Mann mit einem Bruchstück weitere Stichverletzungen am Hals zuzufügen. Erst als Justizwachebeamte dazwischen gingen, ließ er von seinem Opfer ab.
Nur zwei Wochen später attackierte Sayed S. erneut in Rage mehrere Beamte und verletzte sie. Einem drohte er: "Dein Tag wird noch kommen, das schwöre ich bei Allah."
Düstere Prognosen
Belastet wird der Mann nicht nur durch die Aussagen seiner Opfer, sondern auch durch eindeutige DNA-Spuren. Er selbst schweigt zu den Vorwürfen, umso mehr haben jedoch die Sachverständigen zu sagen, die den Geisteszustand des Mannes beurteilen müssen.
Sie zeichnen ein düsteres Bild. Der 25-Jährige leide an einer schwerwiegenden, kombinierten Persönlichkeitsstörung, attestiert Psychiater Manfred Walzl. Ihm fehle jede Empathie, er habe keinerlei Schuldbewusstsein, suche die Schuld ausschließlich bei anderen und weise "eindeutige psychopathische Züge" auf. "Er explodiert wegen Kleinigkeiten und es ist ihm völlig egal, was dann passiert."
Lehnt Behandlung ab
Mehr als 30 Meldungen wegen aggressiven oder ungebührlichen Verhaltens liegen gegen Sayed S. alleine im heurigen Jahr vor. "Er hat fast seine gesamte Zeit in Österreich in Justizanstalten verbracht und sich nie integriert", so Walzl. Zehn Vorstrafen hat der 25-Jährige bereits angesammelt. Entsprechend "extrem schlecht" sei die Prognose bezüglich des weiteren Verhaltens: "Er lehnt jede Behandlung ab und es sind mit hoher Wahrscheinlichkeit sofort wieder schwerwiegende Straftaten zu erwarten - bis hin zum Mord."
Dem stimmt auch die psychologische Sachverständige zu, die den Weg des Afghanen von einer Kindheit ohne Schulbildung über die fünfjährige Flucht ("Man kann nur erahnen, was ihm während dieser Zeit widerfahren ist") bis nach Österreich nachzeichnet. Schon im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen sei Sayed S. sofort durch Aggression und gewalttätige Auseinandersetzungen aufgefallen. Danach habe er sich Drogenbanden angeschlossen und sei rasch, wiederholt straffällig geworden.
Drogen seit dem elften Lebensjahr
"Wobei er sein Verhalten überhaupt nicht als falsch erkennt", sagt die Psychologin. "Er sagt: Wenn ich etwas haben will, dann nehme ich es mir einfach. Er hat nie gearbeitet, will das auch gar nicht und es ist ihm völlig egal, wie es Menschen in seinem Umfeld geht."
Seit seinem elften Lebensjahr konsumiere der Mann exzessiv Drogen.
Beide Sachverständige stellen daher klar: Eine Einweisung des Mannes in ein forensisch-therapeutisches Zentrum (früher: Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher) sei zwingend erforderlich, um ihn von weiteren schweren Straftaten abzuhalten.
17 Jahre Haft
Der Geschworenensenat folgt dieser Empfehlung: Sayed S. wird zu 17 Jahren Haft verurteilt und in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der 25-Jährige meldet volle Berufung dagegen an.
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