Sauer macht lustig: Obstveredler feiert mit Essigvarianten Erfolge
„Muss das wirklich sein?“ Bei mehr als zwei Dutzend Fruchtsaft-, Cider- und Mostsorten wäre es am Genussbauernhof Distelberger sicher nicht notwendig, Essig zu trinken. Doch wer auf der Suche nach neuen spritzigen Geschmackserlebnissen ist, sollte es trotzdem unbedingt tun.
„Es ist der Trieb, ständig auch Neues zu probieren“, beschreibt Obstveredler und Heurigenwirt Toni Distelberger sein momentan bevorzugtes Produktionsfeld, den Essig. Getreu seinem Arbeitstitel „Sauer macht lustig“ pflegt er die Veredelung von Birnenmost zu feinen Essigkreationen bereits seit Jahren. Abgerundet mit Birnensaft und über Jahre in Eichenfässern gelagert, haben seine Birnen- oder Apfel-Balsam-Essige Fans im gesamten Bundesgebiet Fans gefunden. Auch edle Senfvariationen werden produziert. „Zu mir kommen Kunden, auch oft in Gruppen, aus allen Bundesländern, extra weil sie hier Essig einkaufen“, erzählt der Mostbaron lachend.
Non Essig
Dem einstigen bäuerlichen Nebenprodukt, das im kleinen Fass auf der Kellerstiege dahingärte, widmete Distelberger nun in der Corona-Zeit wieder besondere Hingabe. Als Würze, Konservierungs- oder auch als Hausmittel spielte die Säure schon immer eine große Rolle. Distelberger beschritt nun mit seiner Serie „Non Essig“ neue Wege. „Die übliche Säure schreckt viele ab, wir wollten sie deshalb reduzieren und dem Geschmack mehr Raum lassen“, schildert Distelberger. In Kooperation mit dem bäuerlichen Gemüseveredler Maleninsky in Enns wurde milder Birnenessig einfach mit Gemüse-Extrakt gemischt.
„Non Essig darf mit zwei Prozent Säure nicht mehr als Essig bezeichnet werden, die Verwendungsmöglichkeiten sind aber genial“, beschreibt der Essigbauer die vier neuen Kreationen, Birne, Gurke, rote Rübe und Maracuja. Non Essig bleibt eine klassische Salatwürze. Zahllose Marinaden-Kombinationen lassen sich daraus zaubern. Die Non-Essige werden sparsam und unverdünnt verwendet.
Doch die bekömmliche fruchtige Säure wurde längst auch für weit kreativere Genüsse entdeckt. „Die Kombination mit süßen Speisen wie Eis passt vorzüglich“, weiß Distelberger. In seiner Küche stehen Birne und Maracuja vor allen als Tortengelees oder als Kick auf Eis und Desserts Verwendung.
Exotische Drinks
Als wahrer Sommerhit haben sich die exotischen Sommerdrinks, die Distelberger auf der Karte „Pantscherl“ nennt, entwickelt. Rote Rübe mit Minze-Sirup und Früchten im Glas aufgespritzt, ist geschmacklich und optisch eine gelungene Erfrischung. Mit passenden Sirupen verwandelt Distelberger auch die Non Essige der Sorten Maracuja und Birne zu Durstlöschern. Und was bringt die Gurke außerhalb der Salatliga? Nach oder vor dem Essen ein feiner Mix mit Mostviertler Gin lässt das Geschmacksabenteuer fein ein- oder ausklingen.
Auf Distelbergers bereits im Jahr 1111 urkundlich genanntem Hof in Gigerreith zwischen Amstetten und Ardagger an der Donau ist der Innovationsgeist daheim. Vater Anton senior baute hier etwa Niederösterreichs größtes Bauernmuseum auf. In der Renaissance der Most- und Edelbrandkultur gilt Distelberger als Pionier. Über 100 Sorten an verschiedenen Säften, Bränden, Mosten, Cider oder eben Essige werden produziert und auch im Hofladen vermarktet.
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