"Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten": Turbulente S34-Debatte in St. Pölten
Der KURIER berichtet verstärkt aus der Landeshauptstadt St. Pölten. Wenn Sie über alle wichtigen Themen in der Stadt informiert bleiben wollen, dann können Sie sich hier oder am Ende des Artikels für den wöchentlichen Newsletter "Ganz St. Pölten" anmelden. |
So emotional ging es im St. Pöltner Gemeinderat noch nie zu. Der Grund: die geplante Traisental-Schnellstraße (neun Kilometer lang, 208 Mio. Euro teuer) von St. Pölten nach Wilhelmsburg.
Nach einer Marathon-Sitzung am Montag, kurz vor Mitternacht, ging es ans Eingemachte. Die Politiker diskutierten einen Initiativantrag, den Aktivisten von "Stopp S34" eingebracht hatten. In den vergangenen Monaten hatte die Gruppe rund um Romana Drexler gegen das Projekt protestiert und tausende Unterschriften gesammelt. Die Gegner waren auch im Stadtparlament vor Ort, unüberhörbar drückten sie dabei ihren Unmut über das Vorhaben aus.
Die SPÖ sprach sich zu Beginn der Debatte für eine Umsetzung der S34 aus. Vizebürgermeister Harald Ludwig berichtete von einem "Verkehrshorror entlang der B20", die Straße sei an die Kapazitätsgrenzen gelangt. "Wir brauchen die Traisental-Schnellstraße, um die Stadt vom Pkw-Verkehr entlasten zu können", so Ludwig. Unterstützt wurde er von seinem Parteikollegen Walter Hobiger. Dieser rechnete vor, dass derzeit täglich 35.000 Fahrzeuge auf der Süd-Nord-Achse durch die Landeshauptstadt unterwegs seien. "Im Jahr 2030 sind es bereits 48.000", so Hobiger.
Ganz anders die Grünen. Parteichefin Christina Engel-Unterberger wollte mit ihrer Rede aufrütteln, sprach davon, dass es "einen breiten Widerstand" gegen das Projekt gebe. Und immer wieder wurde die Problematik der Versiegelung thematisiert. "Der Autobahnknoten, der bei St. Pölten gebaut wird, benötigt eine Fläche, die so groß ist wie die St. Pöltner Innenstadt", sagte Engel-Unterberger. Von den Zuhörern bekam sie dafür viel Applaus. In die selbe Kerbe schlug Paul Purgina von den Grünen. "In Österreich werden jeden Tag 13 Hektar Wiesen und Flächen verbaut", so Purgina. Dass die Traisental-Schnellstraße St. Pölten vom Verkehr entlasten werde, glaube er nicht, denn: "Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten", so der Gemeinderat.
Keine Zustimmung für das Projekt gab es auch von den Neos. Niko Formanek blickte in seinen Ausführungen in die Zukunft und sagte: "Kein Geld der Welt wird dafür sorgen können, dass diese Betonpisten wieder verschwinden werden."
Die ÖVP zeigt sich in der Causa S34 unterdessen gespalten. Josef Brader, Obmann des St. Pöltner Umweltausschusses, warnte vor den möglichen Auswirkungen einer neuen Straße ins Traisental. "Brunnen werden sich leeren und Flächen verschwinden, die wir brauchen, um Nahrungsmittel zu produzieren." ÖVP-Klubobmann Florian Krumböck hingegen setzt sich für das 208 Millionen Euro teure Projekt ein. Sollte das Vorhaben umgesetzt werden, dann wolle sich die Volkspartei aber auch für ein Lkw-Fahrverbot in der Stadt stark machen, so Krumböck.
FPÖ-Stadtrat Klaus Otzelberger, der selbst eine "Ost-Variante" favorisiert hätte, spielte den Ball weiter. "Nun ist die Bundesregierung am Zug."
Kommentare