Vier junge St. Pöltner und ihre Landeshauptstadt der Zukunft
„Vor zehn Jahren hätte ich es mir nicht vorstellen können, weiter in St. Pölten zu leben“, erzählt der 24-jährige Felix Buchner. Die Stadt hab sich aber „irrsinnig gut entwickelt“. Vor allem die eigenen Kulturszene St. Pöltens, trotz der Nähe zu Wien, lobt der Student. Immerhin ist er als Frontmann der Pop/Alternative-Rock-Band „The Attic“ und Mitarbeiter der Kulturbühne „Freiraum“ sogar selbst Teil davon.
Probeorte und Transportmittel gesucht
Dass die Stadt St. Pölten mit dem neuen Masterplan viel auf infrastrukturelle Verbesserungen, wie etwa den Neubau der Musik- und Kunstschule setzt, begrüßt er. „Es wäre schön, wenn dort auch Proberäume für Außenstehende zugänglich wären“, so Buchner. „Es ist sehr schwer, Orte zu finden, an denen man laut sein kann und Heizung und Wasser vorhanden sind“, sagt der Student. Denn bestehende Proberäume sind immer ausgelastet.
Vier Säulen sind es, die das Fundament für den Masterplan “stp*25|50“ der Landeshauptstadt St. Pölten bilden: Klimafitness und Energie-Sicherheit stehen dabei ebenso im Fokus wie Bildung und Kultur, persönliche und soziale Gesundheit und die Wirtschaftskraft am Standort.
Entwickelt wurde das Projekt von Unternehmer Josef Wildburger, der in der Vergangenheit bereits mehrere Marketing-Aktivitäten für St. Pölten begleitet hat. „Es braucht eine gemeinsame Vision, die breit verstanden und breit gelebt wird“, betont Wildburger, der nach Angaben der Stadt mit rund 100 Experten zusammengearbeitet hat.
Elektromobilität
Es sollen aber nicht nur Schlagworte auf Papier sein, die von dem mehrjährigen Prozess übrig bleiben, man betont im Rathaus, ganz konkrete Schritte setzen zu wollen. Einerseits will man die Elektromobilität forcieren, ein E-Bus wurde bereits getestet, wann eine ganze Flotte mit grünem Strom unterwegs sein könnte, ist aber noch unklar. Andererseits will man den Fokus noch stärker auf regionale Produkte legen und diese noch besser vermarkten.
Fix eingeplant ist auch die Bestellung eines Bildungsberaters, heißt es. „Wer etwas schaffen will, braucht ein starkes Herz und regionale Lebensadern. Für Niederösterreich spielt in diesem Zusammenhang eine dynamische Hauptstadtregion eine große Rolle“, betonte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bei der Präsentation des Masterplans.
"Leading Second City"
Bürgermeister Matthias Stadler sieht alle Chancen, als „Leading Second City“ international Profil zu entwickeln: „Wo es um die Verbindung von Lebensqualität mit Innovation und Arbeitsplätzen geht, scheuen wir weder den Austausch noch den Vergleich mit den Besten in Europa“, sagte er.
Derzeit ist Masterplaner Wildburger mit einer Roadshow unterwegs, um den Menschen die Vorhaben zu erklären: Am 19. April spricht er ab 18.30 Uhr im Gasthaus Ambichl, einen Tag später in der NV-Arena, ebenfalls um 18.30 Uhr.
Zwar gäbe es seit der Gründung der Dachmarke „musik.stp“ eine Repräsentation der St. Pöltner Musik nach außen. Konzerte außerhalb zu spielen, sei aber oft schwer, da passende Transportmittel für Equipment fehlen. „Es gibt Busse der Stadt, die sich Sportvereine für Turniere ausleihen können. Ich würde mir wünschen, dass auch Musiker darauf zurückgreifen könnten“, so Buchner.
Monetäre Hilfe für Jungunternehmer
Mehr monetäre Unterstützung hätte auch Jungunternehmerin Anna Steinacher geholfen. 2019 gründete die Absolventin der FH St. Pölten ihre Digital Marketing-Agentur „Dryven“. Heute beschäftigt sie neun Personen in der St. Pöltner Innenstadt. „Investitionen in erste Mitarbeiter oder das eigene Büro sind riesige finanzielle Schritte.
Es würde helfen, wenn die Stadt Büros in den Anfangsmonaten fördern würde. Ich glaube, dass sich dann auch mehr Unternehmen ansiedeln“, ist die 25-Jährige überzeugt. Einen eigenen Gründungsbeauftragten, wie von der Stadt geplant, brauche es nicht. „Es gibt viele Netzwerke, diese müssen nur besser verzahnt werden“, meint Steinacher.
Trends verfolgen
Dass sie sich mit ihrer Agentur in St. Pölten ansiedelte, liege an den den Hochschulen vor Ort. Dass die Stadt nun Kooperationen zwischen diesen und Wirtschaftstreibenden fördern möchte, lobt Steinacher: „So kann das Curriculum an die Bedürfnisse regionaler Unternehmen angepasst werden. Man sollte aber auch unbedingt neue Themen im Blick behalten, um schnell Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen.“
Einen neuen Trend brachte auch Discgolf-Staatsmeister Stanislaus Amann 2019 an die Traisen. Dass so schnell in eine fixe Anlage entstehen konnte liegen an guten Gespräche mit der Stadt.
Was aber fehle, sei die passende Infrastruktur: „Der Umbau des Robinson-Buffets ist ein Langzeit-Thema. Ein Gastronomiebetrieb, öffentliche WC-Anlagen und ein Geräteraum würden für alle Beteiligten ein Aufschwung sein“, so der 25-Jährige.
„Meine Turnstunden verbringe ich gerne draußen, denn es gibt wie mit dem Skaterplatz in Ratzersdorf viele Möglichkeiten“, lobt der Sportlehrer aber die sportliche Infrastruktur. Um derlei Angebote bekannter zu machen, bräuchte es allerdings die sozialen Medien. Auch eine „kompakte“ Vereinsdatenbank, wie im Plan, sei dafür von Vorteil.
Für mehr Sport im Alltag brauche es aber keine App: „Ich fahre selbst fast nur mit dem Rad. Ich sehe sehr viel Potenzial, wenn man in das Radwegenetz investiert“, sagt der 25-Jährige.
Junge Generation wurde nicht gehört
Auch für Valentin Neuhauser (25) hat das Radnetz Aufholbedarf: „Es gibt zwar Radwege, diese sind aber schlecht zueinander vernetzt“. Für seine Vision einer klimaneutralen Welt kämpft er als Teil von Fridays For Future St. Pölten.
Dass die Stimmen seiner Generation im Masterplan nicht gehört wurden, stört den Studenten: „Wie St. Pölten im Jahr 2050 aussieht, ist für uns und unsere Kinder relevant und nicht für den Großteil der Personen auf der Experten-Liste“, meint der 25-Jährige, der gerne mitgestaltet hätte. Bei der Erarbeitung des Leitfadens habe es auch an Frauen und Wissenschaftern mit Klimaschutzexpertise gefehlt.
Für eine klimafittes St. Pölten, müsse der Fokus auf die „Ökologisierung der Fernwärme liegen, anstatt eine Straße zu bauen“, spielt Neuhauser auf die geplante Schnellstraße S34 an. Zwar gäbe es auch gute Ansätze im Masterplan, doch diese seien oft nicht messbar: „Es fallen oft Ausdrücke wie ’mehr’, ’Steigerung’ oder ’Ausbau’. Es braucht dafür einen Ziel/Ist-Vergleich“, so Neuhauser.
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