Prozess um Mordversuch mit Rattengift in St. Pölten gestartet

Prozess um Mordversuch mit Rattengift in St. Pölten gestartet
Angeklagter (53) bekannte sich nicht schuldig. Die Geschworenenverhandlung wird am Freitag fortgesetzt.

Am Landesgericht St. Pölten hat am Mittwoch ein Prozess um einen Mordversuch mit Rattengift seinen Lauf genommen. Ein 53-Jähriger soll seinem Vater die Substanz ins Essen gemischt haben. Der Landwirt aus dem Raum St. Pölten bekannte sich nicht schuldig. Als Hintergrund gelten Differenzen finanzieller Art. Die Geschworenenverhandlung ist für zwei Tage anberaumt und wird am Freitag fortgesetzt.

Am 23. August 2022 war der damals 81-jährige Vater des Beschuldigten nach Angaben der Staatsanwältin im Wohnbereich eines Bauernhofs im Raum St. Pölten gestürzt. Der Senior alarmierte später selbst die Rettung, im Universitätsklinikum St. Pölten wurde er zunächst aufgrund des Sturzes behandelt (alle Informationen lesen Sie hier).

"Noch immer nicht gesund"

Das Zustandsbild sei den Medizinern aber zunehmend „komisch vorgekommen“, eine Blutuntersuchung brachte schließlich eine Vergiftung zum Vorschein. „Hätte man diese Vergiftung nicht behandelt, sondern nur das Äußere, die Verletzungen, wäre er gestorben“, konstatierte die Vertreterin der Anklagebehörde. Mittlerweile ist der Altbauer laut Staatsanwältin nach langem Krankenhausaufenthalt „noch immer nicht gesund“.

Entdeckt worden war im Blut des Opfers der Wirkstoff Brodifacoum. Ein Rattengift, das diesen Stoff beinhaltete, wurde am Hof des 53-Jährigen sichergestellt. Der Beschuldigte habe als einziger „Gelegenheit und Motiv“ für die Verabreichung dieses Gifts gehabt, hob die Staatsanwältin hervor.

Beides stellte der Angeklagte in Abrede. Er sei in den Tagen vor dem Sturz des Vaters nicht bei ihm gewesen, über „Essen auf Rädern“, das der Altbauer bezogen habe, habe er sich keinerlei Gedanken gemacht.

Einen Verdacht, wer den Senior vergiftet haben könnte, habe er nicht. Dass sich der Altbauer die Substanz selbst verabreicht haben könnte, schloss der Angeklagte auf Nachfrage nicht aus. Das entdeckte Rattengift sei am Hof gelagert, um Felder damit punktuell zu behandeln.

Generell beschrieb der Landwirt das Verhältnis zum Vater als durchaus schwierig. „Er hat meine Frau und meine Kinder einfach nicht akzeptiert. Er war unbeliebt, überall.“ Es habe oftmals Auseinandersetzungen über die Wirtschaftsweise gegeben. Diskussionen über Finanzielles schloss er aber aus.

Faustschläge gegen den Vater?

Laut Staatsanwaltschaft gibt es eine Vorgeschichte. Bereits im Sommer 2021 habe der 53-Jährige seinem Vater Faustschläge verpasst, im Sommer des Vorjahres sei eine weitere Attacke gefolgt. Der Angeklagte selbst bestritt dies bei seiner Einvernahme.

Als Hintergrund in Sachen Motivlage gilt ein 2002 verfasster Übergabevertrag für die Landwirtschaft des Vaters des Beschuldigten. Der Angeklagte ist nunmehr der Eigentümer, logiert selbst jedoch seit Ende der 1990er-Jahre am landwirtschaftlichen Anwesen seiner Ehefrau. „Der Vater, der Altbauer, wohnt weiter am Hof, lebt dort und ist sozusagen in Pension“, skizzierte die Staatsanwältin das Modell.

Geregelt wird in dem Kontrakt demnach ein sogenanntes Ausgedinge. „Das bedeutet, dass der Sohn, der den Hof bekommt, sich um den Vater kümmern muss.“ Aufgekommen werden müsse im Fall der Fälle für die Pflege, aber generell auch für das Essen. „Er hat den verhassten Vater dort sitzen“, betonte die Staatsanwältin. Im Fall eines Todes des Altbauers hätte der Beschuldigte die Liegenschaft veräußern oder auch selbst bewohnen können, wurde in den Raum gestellt.

Für den Verteidiger liefert die Staatsanwaltschaft eine auf einer Vielzahl von Indizien aufgebaute Erzählung. Dieses Gerüst werde „nach und nach“ zusammenbrechen, es werde im Verlauf der Verhandlung „keinen einzigen objektiven Täternachweis“ geben. „Rattengift ist für einen landwirtschaftlichen Betrieb ein ganz normales Werkzeug, wie eine Heugabel oder ein Traktor.“ Der Übergabevertrag sei generell nie Thema gewesen.

Von der Anklage umfasst sind auch Körperverletzung sowie Nötigung. Das Opfer selbst wird im Rahmen des Prozesses nicht mehr aussagen. Es wurde bereits zuvor einvernommen, ein Video wird in der Geschworenenverhandlung vorgespielt.

Ein Urteil wird am Freitag erwartet.

Alle Nachrichten aus St. Pölten jeden Freitag im Postfach mit dem KURIER St. Pölten-Newsletter.

Kommentare