Immer mehr Frauen setzen sich in männerdominierten Berufen durch

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2015 maturierte Sandra Prerovsky in einer HLW-Mädchenklasse. Heute arbeitet sie als Mechatronikerin und Managementbeauftragte im St. Pöltner ÖBB-Technische Services Werk – als einzige Frau mit 70 Männern.
„Ich war schon immer technikinteressiert und wollte die HTL besuchen“, erzählt Prerovsky. Das kam für ihre Familie nicht in Frage, weshalb sie erst nach dem Abschluss eine Lehrstelle als Mechanikerin suchte. Oft ohne Erfolg: „Es hieß oft, dass es an Sanitärräumen für Frauen im Unternehmen fehle“, so die 25-Jährige.
Ähnliche Erfahrungen machte auch Kerstin Sailer. Die 37-jährige Mutter ließ sich im WIFI nach Stationen in der Gastronomie und im Handel schließlich zur Elektrotechnikerin ausbilden. „Ich wollte immer schrauben und Mechanikerin werden. Als ich mich in den 1980er Jahren bei einer Werkstatt bewarb, nahm mich keiner ernst“, erzählt auch Liane Axelrod (54).

Das Teamwork funktioniert bestens
Das habe sich mittlerweile zum Glück geändert: „Hätte mir jemand vor 30 Jahren erzählt, was ich heute mache, hätte ich ihn ausgelacht“, sagt die Produktionslogistikerin, die heute als Managementbeauftragte und Werkstättenkoordinatorin im Bereich SCM (Supply Chain Management) arbeitet.
Frauennetzwerk
Seit fünf Jahren ist Axelrod auch Ansprechpartnerin für Frauen im Betriebsrat am Standort St. Pölten, woraus auch ein eigenes Frauennetzwerk entstand. Mittlerweile sind am Standort St. Pölten von 591 Mitarbeitenden 42 Frauen – Tendenz steigend, wenn es nach der Geschäftsführung geht. „Aktuell sind bereits 20 Prozent unserer Neuaufnahmen Frauen. Immer mehr Frauen entscheiden sich für eine technische Ausbildung und damit für einen Job mit Zukunft“, sagt Sandra Gott-Karlbauer, Geschäftsführerin ÖBB-Technische Services GmbH. Ziel sei es nun, auch die optimalen Voraussetzungen in Bezug auf Infrastruktur und Ausstattung für Frauen im Unternehmen zu schaffen.
Keine Stolpersteine
Automatisierung der Arbeitsschritte erleichtert nicht nur den Männern den Berufsalltag, sondern schafft auch gleiche Voraussetzungen für Frauen im Job: „Wirkliche Stolpersteine, in eine männerdominierte Branche einzusteigen, gibt es für Frauen heute nicht mehr“, spricht auch die 41-jährige Mechatronikerin Alexandra Nestler aus Erfahrung. Auch sie wechselte vom Büro in die Werkstatt.
„Schüchtern und zartbesaitet“ sollte man als Frau in der Branche nicht sein, so die ÖBB-Technikerinnen: „Man darf sich für keine Arbeit zu schade sein. Ist etwas wirklich einmal zu schwer, darf man aber auch um Hilfe bitten“, so der Tenor der Frauen.
So gewinne man nicht nur den Respekt der männlichen Kollegen, sondern auch ihr Vertrauen: „Männer können bei gewissen Themen nicht miteinander reden. Dann kommen sie zu uns, wo sie auch einmal weinen können“, so die Erfahrung der Frauen.

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