St. Pölten probt Aufstand gegen Tempo 130: Protestaktion auf Autobahn
Eigentlich hätte es heute auf der Westautobahn bei St. Pölten zu einem Stauchaos mit Ansage kommen müssen. Wird es aber mit ziemlicher Sicherheit nicht, denn aus der angekündigten Totalblockade ist nur ein "langsamer Protest" geworden.
Resolutionen und Drohungen
Die meisten der zigtausenden Autofahrer, die Tag für Tag den Abschnitt passieren, werden deshalb gar nicht mitbekommen, dass die niederösterreichische Landeshauptstadt nun schon seit knapp 20 Jahren aufbegehrt.
Es geht um die Forderung nach Tempo 100 auf dem zwölf Kilometer langen Abschnitt. Dafür wurden bereits Resolutionen nach Wien geschickt und Drohungen ("Autobahnsperre") ausgestoßen, geholfen hat alles nichts. Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) kassierte bisher Absage um Absage. Der 130er erscheint bei St. Pölten wie in Stein gemeißelt.
"In Anbetracht der Regelung auf Autobahnabschnitten in anderen Städten müssen sich die Verantwortlichen nach unseren jahrelangen Hinweisen und Interventionen die Frage gefallen lassen, wo nun der Unterschied zwischen St. Pölten, Salzburg, Linz, Klagenfurt oder Innsbruck ist?", zeigt sich Stadler verärgert. Harald Ludwig, seinen Stellvertreter, ließ er nun vorrechnen, wie groß der Zeitverlust bei einer Temporeduktion von 30 km/h tatsächlich sei. Laut Ludwig geht es insgesamt um 42 Sekunden auf zwölf Kilometern.
"Langsamfahr-Aktion"
Am Vormittag wird das „Komitee für Energieeffizienz und Lebensqualität entlang der A1 in St. Pölten“ deshalb mit einer "Langsamfahr-Aktion" auf die Problematik aufmerksam machen. Die Autos der Aktivisten werden ab ca. 11 Uhr von St. Pölten-Süd bis zur Abfahrt Ost so langsam wie erlaubt unterwegs sein.
Tempo 80 auf der A2?
Um eine Temporeduktion auf der Südautobahn bemüht sich bereits seit vielen Jahren die Gemeindepolitik in Wiener Neudorf (Bezirk Mödling). Dort wird gar ein 80-km/h-Limit gefordert. Einen entsprechenden Antrag ließ man von einem Rechtsanwalt formulieren und an das Verkehrsministerium übermitteln. Darin wird angekündigt, eine Verordnung "auf dem Rechtsweg zu erzwingen", sollte sie vom Ministerium nicht freiwillig erlassen werden. Denn Gespräche sind bisher ergebnislos verlaufen.
Argumentiert wird seitens der Gemeindeführung mit der hohen Verkehrsdichte auf dem A2-Abschnitt bei Wiener Neudorf und der damit einhergehenden Lärm-, Schadstoff- und Feinstaubbelastung. Daher wolle man eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Amtshaftungsklage prüfen.
Prestigeprojekt
Die Tempo-Debatte auf Österreichs Autobahnen lässt immer wieder die Wogen hochgehen. Als FPÖ-Politiker Norbert Hofer im Jahr 2017 zum Infrastrukturminister ernannt wurde, machte er die schnellen Straßen zu seinem Prestigeprojekt.
Allerdings bremste er die Autofahrer nicht ein, Hofer förderte das Gasgeben. Ab August 2018 waren auf zwei Testabschnitten der Westautobahn 140 km/h Höchstgeschwindigkeit erlaubt – auf rund 88 Kilometern zwischen Melk und Oed in Nieder- sowie auf 32 Kilometern zwischen Haid und Sattledt in Oberösterreich. Noch flotter ging es sein früherer Parteikollege Hubert Gorbach an, der einen Pilotversuch zu Tempo 160 auf der Tauernautobahn in Kärnten erlaubte. Ausgebremst wurden beide. Gorbach vom späteren SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann, Hofer von Leonore Gewessler (Grüne).
Abfahrverbote
Mit ganz anderen Sorgen hat unterdessen das Transitland Tirol zu kämpfen. Damit Durchreisende im Falle eines Staus nicht von der Autobahn abfahren und das Straßennetz verstopfen, werden auch im heurigen Sommer wieder sogenannte Abfahrverbote gelten. Und zwar bereits ab dem Pfingstwochenende bis in den September hinein. Ausgenommen sind Ziel-, Quell- und Anrainerverkehr, hieß es. Kontrollieren wird dies die Polizei.
Die ersten Fahrverbote – ausschließlich in Fahrtrichtung Süden – gelten damit bereits mit Beginn des Pfingstwochenendes, zwischen Freitag, 3. Juni, 7 Uhr und Sonntag, 5. Juni, 19 Uhr. Zusätzlich sind die Fahrverbote in Fahrtrichtung Norden von Samstag, 18. Juni, bis Sonntag, 19. Juni, in Kraft.
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