Das süße Leben direkt im Herzen von St. Pölten
Der KURIER berichtet verstärkt aus der Landeshauptstadt St. Pölten. Wenn Sie über alle wichtigen Themen in der Stadt informiert bleiben wollen, dann können Sie sich hier oder am Ende des Artikels für den wöchentlichen Newsletter "Ganz St. Pölten" anmelden.
Am ersten sonnigen Tag nach der Eröffnung der Gastronomie saßen die ersten Gäste bereits am späten Nachmittag unter den großen dunklen Schirmen des Restaurants „La Dolce Vita“ am St. Pöltner Rathausplatz. Drei Kellner mit FFP2- Maske vertrösteten jene Besucher, die trotz fehlender Reservierung auf einen Platz im Freien gehofft hatten.
Vom Gardasee an die Traisen
Auf solches Wetter habe man seit der Wiedereröffnung gewartet, erklärt Andrea Zanetti, der Inhaber und Geschäftsführer des Lokals. Zwar sei man vor allem am Wochenende im Innenbereich immer ausgebucht, jedoch würden aufgrund des vorgegebenen Sicherheitsabstandes zahlreiche Plätze fehlen. Außerdem sei die Unsicherheit bei den Menschen noch immer da und spontane Restaurantbesuche gebe es aufgrund der notwendigen Tests nur selten.
Dennoch ist man im „La Dolce Vita“ zuversichtlich. Das Schicksal scheint sich für den vom Gardasee stammenden Gastronomen nämlich nur so zu fügen. Denn eigentlich wollte Andrea Zanetti gar nicht nach Österreich. Nachdem seine Nonna Enrica in ihm die Leidenschaft für den Tourismus und die Gastronomie geweckt hatte, war der Plan das im Besitz der Familie stehende Hotel in Riva del Garda zu übernehmen. Sein Bruder Amadeo wollte allerdings nach Wien, um dort mit einer Eisdiele durchzustarten.
Nicht gesucht aber gefunden
In Wien kam schließlich das eine zum anderen. „Ein sehr alt aussehender Makler kam immer wieder zu uns in die Gelateria“, erzählt Zanetti. „Er wollte uns unbedingt ein Lokal in St. Pölten zeigen, da er meinte, dass es perfekt zu uns passen würde. Wir lehnten immer wieder freundlich ab, denn wir wussten ja nicht einmal wirklich wo St. Pölten ist."
Später haben sich die Brüder Zanetti allerdings zu einer Besichtigung überreden lassen und den Rathausplatz bei Regen besucht. „St. Pölten war in grau gehüllt und hat uns überhaupt nicht interessiert.“ Aufgrund eines Freundes aus der Landeshauptstadt haben die beiden Italiener die Idee noch einmal überdacht, St. Pölten bei schönem Wetter besucht und das „Cafè Roma“, dessen Name beibehalten wurde, übernommen.
Eine ähnliche Situation ergab sich, als die damalige Besitzerin der „Rathausstube“ ihr Lokal den Zanettis zum Verkauf anbot. Sofort begeistert waren die Brüder nicht.
Aber es war nun mal „destino“- Schicksal - weshalb aus dem alten, etwas heruntergekommenen Gasthaus das „La Dolce Vita“ entstand, erklärt Andrea Zanetti. „Und die richtige Entscheidung war es allemal. St. Pölten ist eine wachsende Stadt und die Gastronomie trägt zu diesem Prozess bei.“
Sprachliche Barrieren überwinden
Mit Personalmangel habe man während der Wiedereröffnung nach dem Lockdown nicht zu kämpfen gehabt. Das Team sei gänzlich aus der Kurzarbeit zurückgekehrt und habe die Arbeit wieder aufnehmen können. Darunter auch langjährige Mitarbeiter, wie etwa Georg Schöchtner.
Der 32-Jährige arbeitet bereits seit 2008 im Betrieb. Begonnen hat seine Karriere als Sommerpraktikant im „Cafè Roma“. Mittlerweile ist er F&B-Manager und als Sommelier für die 120 verschiedenen Flaschenweine verantwortlich. Aber nicht nur das, „ich bin das Bindeglied zwischen Lieferanten, Kellner und Köche“, erzählt Schöchtner.
Die Köche im „La Dolce Vita“ sprechen in der Regel nur Italienisch, weshalb es sich der Weinliebhaber zur Aufgabe gemacht hat, deren Sprache zu lernen. „Das meiste habe ich in all den Jahren in der Arbeit gelernt. Den Rest habe ich mir anhand von Sprachkursen in meiner Freizeit angeeignet.“
Von Italien nach St. Pölten
Aber auch noch nicht so lang eingesessene Mitarbeiter, wie etwa Chef-Piazzaiolo Stefano Bartolucci und Küchenchef Dario Tedeschi, sind dem Betrieb erhalten geblieben.
Beide sind nach Aufenthalten im Ausland einer Annonce von Andrea Zanetti nach St. Pölten gefolgt, einer Stadt von der sie vorher noch nie gehört hatten. „Mittlerweile gefällt mir die Stadt sehr. Ich mag die Ruhe, den Charakter der Menschen und die Bildung, die sie an den Tag legen. Das habe ich in Italien häufig vermisst“, so der aus Umbrien stammende Pizzaiolo.
Seit September arbeitet der Florentiner Küchenchef Dario Tedeschi im „La Dolce Vita“. „Ungefähr zwei Monate hat es gedauert bis ich verstanden habe, was der typische Österreicher gerne isst“, erzählt Tedeschi schmunzelnd.
Nun aber wisse er, dass die St. Pöltner starke Geschmäcker lieben. Aktuell stehe sogar Fisch höher im Kurs als Fleisch. „Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Menschen Sehnsucht nach dem Sommer haben, nach dem Meer und der Normalität“.
Kulinarische Reisen in die Ferne
Um dem Corona-Alltag auch während des Lockdowns zu entfliehen hat sich das Küchenteam eine kulinarische Reise einfallen lassen. Von Februar bis März wurden im „La Dolce Vita“ traditionelle Gerichte aus London, Barcelona und Bangkok zubereitet und somit der Geschmack der Ferne nach St. Pölten geholt.
„Aber auch das restliche Jahr ist unsere Speisekarte eine Reise“, so Tedeschi. „Eine Reise durch Italien, denn unsere Köche kommen aus allen Ecken des Landes." Diese Reise endet laut Lokalinhaber Andrea Zanetti aber nicht an den Staatsgrenzen Italiens. „Durch internationale Produkte, wie etwa Steaks aus Spanien, wird unsere Küche auch zu einer Reise durch das restliche Europa. Wir sind nämlich nicht nur Italiener, sondern auch Europäer.“
Pläne, wie die Reise für das „La Dolce Vita“ weitergehen könnte, gebe es schon. Bereit zum Ausplaudern seien diese allerdings noch nicht.
Kommentare