Energiearmut: Wie Robin Powerhood Strom an Bedürftige verteilt

Energiearmut: Wie Robin Powerhood Strom an Bedürftige verteilt
Robin Powerhood stellt überschüssigen Sonnenstrom für jene zur Verfügung, die von Energiearmut betroffen sind - und das gratis. Was das bedeutet, hat der KURIER nachgefragt.

Die Märchenfigur Robin Hood stiehlt von den Reichen und gibt den Armen. In einer modernen - und etwas abgeänderten - Variante ist das auch das Ziel eines niederösterreichischen Projekts. Der Unterschied: Die "Reichen" geben freiwillig, und auch kein Geld, sondern überschüssigen Strom.

Robin Powerhood  ist das "Herzensprojekt" von ECO Neuhauser und Verein Wohnen und zielt darauf ab, Menschen durch Spenden aus der Energiearmut zu helfen. Was als Experiment am Küchentisch der Familie Neuhauser startete, ermöglicht mittlerweile 100 Haushalten die Versorgung mit erneuerbar produzierten Strom. Doch was steckt hinter Robin Powerhood?

"Energie bestimmt im Prinzip mein Leben", erzählt Valentin Neuhauser. Gemeinsam mit den Matthias Zuser und seiner Mutter Ingrid Neuhauser, den Geschäftsführern von Verein Wohnen, hat er das soziale Projekt entwickelt. Der 26-Jährige ist gelernter Elektriker und studierte Regenerative Energiesysteme und Energiemanagement an der Fachhochschule in Wieselburg. 

Einst erzählte er seiner Mutter, wie sogenannte Energiegemeinschaften Profite trotz Energiekrise erzielen. Diese Gemeinschaften sind Zusammenschlüsse von mehreren Teilnehmern, die Enerergie produzieren, speichern verbrauchen oder eben verkaufen.

Seine Mutter warf daraufhin die Frage in den Raum, was dass den den Personen nütze, die gegenwärtig unter der Krise und vor allem den Preisen leiden. 

Eine Energiegemeinschaft ist der Zusammenschluss von mindestens zwei Teilnehmer zur gemeinsamen Produktion und Verwertung von Energie aus erneuerbaren Quellen.

Dadurch ist es möglich, Energie über Grundstücksgrenzen hinweg gemeinsam zu produzieren, zu speichern, zu verbrauchen oder zu verkaufen. 

Die Diskussion entfachte den Funken für eine öko-soziale Energiegemeinschaft, die letztendlich zu Robin Powerhood wurde: "Energiearmut ist ein Wort, das momentan stark polarisiert. Energiearmut bedeutet hohe Energiekosten, unterdurchschnittliches Haushaltseinkommen für manche auch Schimmel in der Wohnung und für viele eine dauerhafte Angst vor einer Stromabschaltung. Hier wollen wir einen Beitrag leisten

Personen in Energiearmut sind nicht nur überproportional von den steigenden Energiepreisen betroffen, sondern stoßen auch auf erhebliche Hürden beim Zugang zu erneuerbarer Energie. Eine eigene Photovoltaikanlage ist kostspielig, die Finanzierung undenkbar und oft sind entsprechende Flächen, etwa ein eigenes Dach, nicht für die Montage vorhanden.

Gemeinsam mit Verein Wohnen will Neuhauser diese Menschen entlasten. Die gemeinnützige Organisation unterstützt eine große Anzahl an Menschen in Niederösterreich der Wohnungsnot zu entfliehen. 

Nach und nach werden deshalb nun betroffene Personen an das Netz von Robin Powerhood angeschlossen.  Profitieren sollen Menschen in Energiearmut, aber auch Einrichtungen die Menschen in Energiearmut beherbergen.

"Wir haben mittlerweile eine lange Warteliste - weit über Verein Wohnen hinaus - von Menschen, die sich Energie nicht leisten können", sagt Neuhauser dem KURIER. Einen Mangel an Empfängern gebe es definitiv nicht. Und wie sieht es mit Spendern aus?

Eine Kilowattstunde ist eine Kilowattstunde

Egal, ob man kleine Solarpanele am Balkon installiert hat oder ein großes Unternehmen ist - jeder kann Teil der ökosozialen Energiegemeinschaft werden. Um Strom zu spenden, können sich Interessierte auf der Website registrieren. Überschüssiger Strom wird dann nicht eingespeist und verkauft, sondern an Bedürftige umverteilt. 

Bei Energiegemeinschaften sei der Vorgang besonders transparent: "Jede Kilowattstunde an Strom, die gespendet wird, wird ohne Zutun auf alle aufgeteilt. Das heißt, wir profitieren davon auch nicht", erklärt Valentin Neuhauser.

"Beispielsweise müsste ein Stromproduzent die überschüssige Energie um 10 Cent verkaufen, während ein anderer die Kilowattstunde um 30 Cent einkaufen muss", so Neuhauser weiter. In Summe verzichte ein Spender auf wenig, ein Empfänger erhalte dafür sehr viel. 

Eine gespendete Kilowattstunde kann Betroffene stark entlasten. Wie sehr, verraten Hochrechnungen: Beispielsweise 133 Scheiben Toastbrot können damit geröstet , 70 Tassen Kaffee zubereitet, eine Maschine mit Wäsche gewaschen oder ein Abendessen für 4 Personen gekocht werden.

Der Verein Wohnen wurde 1990 gegründet und hat zum Ziel, Menschen in Wohnungslosigkeit sowie Menschen, die davon bedroht sind, zu unterstützen.

Ein Projekt für Transitarbeitskräfte wurde bereits kurz nach der Gründung der Organisation ins Leben gerufen. 

Einerseits um die Sanierung von Wohnraum günstig bewerkstelligen zu können, andererseits weil Arbeitslosigkeit ein wesentlicher Faktor für die Gefahr von Wohnungslosigkeit darstellt. 

Seit 2002 wird das Beschäftigungsprojekt wird als gemeinnützige GesmbH (GESA) geführt. 

Eigene Schmerzgrenze finden

Zudem kann überschüssiger Solarstrom nicht langfristig gespeichert werden. Das heißt, er muss so schnell wie möglich verbraucht werden, um nicht zu "verfallen". Bisher konnte man überschüssige Energie nur weiterverkaufen oder spenden, aber nicht beides gleichzeitig. Das soll sich nun ändern: Ab April können auch Teile gespendet werden.

"Jeder hat beim Spenden eine eigene Schmerzgrenze. Manche Menschen wollen trotzdem 100 Prozent der überschüssigen Energie spenden, andere nur fünf Prozent. Beides ist ein wichtiger Beitrag für uns", sagt Valentin Neuhauser. Die Möglichkeit zu spenden sei zudem nicht nur aus Solarstrom begrenzt, sondern umfasse erneuerbare Energien wie Wind- und Wasserkraft sowie Biomasse.

Sonnige Grüße aus Tirol

Regelmäßig erreichen Robin Powerhood Nachrichten von ihren Spendern und Interessenten. Die sind mittlerweile fast auf ganz Österreich verteilt.

"Da ich in einer sonnenbegnadeten Gegend wohne, will ich einen kleinen Beitrag zur sozialgerechten Strom leisten", schrieb etwa ein Spender aus Tirol. Er ist mittlerweile ein Großspender der sozialen Energiegemeinschaft.

Für den Verein Wohnen und Neuhauser ist das ein Schritt in die richtige Richtung: "Unser Ziel ist eine große soziale Energiegemeinschaft, denn Energiearmut ist ein Thema der Gegenwart. Wir laden deshalb alle sozialen Einrichtungen, Unternehmen, Politik und Privatpersonen dazu ein, sie gemeinsam zu bekämpfen."

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