Radfahrer starben: Alkolenker müssen nicht ins Gefängnis
Wer alkoholisiert einen Verkehrsunfall mit Todesfolge verursacht, muss dafür ins Gefängnis. Nach dieser Faustregel wurden Urteile wegen „fahrlässiger Tötung“, wie das Delikt laut Strafprozessordnung heißt, bislang zumeist gefällt. Am Landesgericht Wiener Neustadt fand diese Praxis am Donnerstag allerdings gleich in zwei Prozessen keine Anwendung.
In beiden Fällen waren Radfahrer in der Dunkelheit von betrunkenen Lenkern übersehen worden. In beiden Fällen kamen die Opfer dabei ums Leben. In beiden Fällen müssen die Unfallverursacher aber nicht ins Gefängnis, sondern kamen mit Geld- und bedingten Haftstrafen davon – nicht rechtskräftig.
Ein Mitgrund dafür war eine weitere Parallele zwischen den Prozessen: die Fahrräder beider Opfer waren zum Unfallzeitpunkt nur schlecht beleuchtet.
Dunkel gekleidet, schwach beleuchtet
Dies bestätigte im Fall eines Pensionisten aus Pottendorf (Bezirk Baden), der am 18. Dezember 2021 mit über 1,1 Promille Alkohol im Blut einen Radler auf der Landesstraße zwischen Pottendorf und Tattendorf erfasst und getötet hatte, auch ein Zeuge. Er sei kurz vor dem Unfall am späteren Opfer vorbeigefahren und habe es ebenfalls erst in letzter Sekunde erkannt. „Ich habe noch zu meiner Freundin gesagt: Ist der wahnsinnig, dass er so in der Dunkelheit mit dem Rad fährt?“, erinnerte sich der Mann vor Gericht. Das Zweirad sei nur schwach beleuchtet, der Fahrer dunkel gekleidet gewesen.
Der Unfalllenker beteuerte, das Opfer nicht gesehen zu haben: „Ich habe plötzlich etwas touchiert und zuerst gedacht, das muss ein Tier gewesen sein.“ Der Mann hielt an und erkannte, was passiert war. Mehrere Achterl Wein habe er vor dem Unglück konsumiert, gab er zu. Das Urteil: 720 Euro Geldstrafe und neun Monate bedingt.
Mit Stirnlampe am Rad
Etwas tiefer muss – aufgrund höheren Einkommens – ein 61-jähriger Installateur in die Tasche greifen, der am 17. November 2021 in Sollenau (Bezirk Wiener Neustadt) einen Radfahrer mit seinem Klein-Lkw erfasst hatte. Mit 1,5 Promille. Der – ebenfalls betrunkene – Radler wurde 40 Meter weit in ein Feld geschleudert und verstarb noch an der Unfallstelle. Auch er habe das Opfer nicht gesehen, beteuerte der Angeklagte.
Das Fahrrad wies an der Rückseite weder Beleuchtung noch einen Reflektor auf, der Fahrer trug nur eine Stirnlampe. Ein Sachverständiger errechnete, dass trotzdem ausreichend Zeit geblieben wäre, um auszuweichen. Doch der Lenker habe keine Reaktion gezeigt. Das Urteil: 7.200 Euro Geldstrafe und ein Jahr bedingte Haft.
Stefan Jedlicka
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