Puppen in SS-Uniformen im Keller, doch Angeklagter will kein Nazi sein
Viel Platz bietet seine Gemeindewohnung im südlichen Niederösterreich nicht. Auf 45 Quadratmetern lebte der Angeklagte dort jahrelang mit Ehefrau und fünf Kindern. Doch den Keller der Wohnung nutzte er für eine umfangreiche Sammlung der besonderen Art. „Eine Vielzahl von NS-Devotionalien – insbesondere drei in Wehrmachtsuniform mit SS-Abzeichen gekleidete Puppen, Dolche und Wandplaketten“ habe er „zu propagandistischen Zwecken drapiert“, sagt der Staatsanwalt.
Auch Weinflaschen und Bilder mit dem Konterfei Adolf Hitlers sowie NS-Abzeichen fanden die Ermittler des Verfassungsschutzes bei einer Hausdurchsuchung. Außerdem illegale Waffen samt Munition. Und doch: Vor Gericht beteuert der 44-Jährige, eigentlich keinerlei Sympathien für den Nationalsozialismus zu hegen. „I genier mi eh“, meint er. Das NS-Regime sei „eine absolut grausliche Zeit“ gewesen.
"Schaut net gut aus"
„Unter welchem Namen hatten Sie sich denn selbst im Handy eingespeichert?“, will da die vorsitzende Richterin wissen. „Mein Führer“, antwortet der Angeklagte kleinlaut. „Und ihre Frau?“ – „Frau des Führers. Des schaut natürlich jetzt net so gut aus für mi.“
Tut es nicht. Dass er als Tätowierer für mehrere Kunden nationalsozialistische Motive angefertigt und in zahlreichen Nachrichten in sozialen Medien rechtsradikale Botschaften versandt hat, trägt auch nicht unbedingt dazu bei, seine Darstellung glaubwürdiger erscheinen zu lassen.
„Nicht danach gesucht“
Er habe nie aktiv nach den im Keller gehorteten Nazi-Utensilien gesucht, sagt der Mann. Vielmehr sei er bei der beruflichen Räumung von Häusern Verstorbener auf sie gestoßen. „Ich habe ja alles Alte gesammelt, nicht nur die Nazi-Sachen.“ Während des Corona-Lockdowns habe er dann aus Langeweile den Keller, der auch als Tätowierstudio (klingender Name: „Tattoo-Hauptquartier“) diente, renoviert.
„Mir ist die Decke auf den Kopf gefallen. Und ich war auch wütend auf das System während der Zeit“, begründet er mehrere hasserfüllte Postings in sozialen Medien.
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Seine Kinder hätten von der Sammlung im Keller nichts gewusst, behauptet der 44-Jährige. „Ich habe sie auch nicht so erzogen.“ Dass eine Tochter allerdings manchmal im Keller geschlafen habe, gibt er zu. Seine Sammlung sei abgedeckt und der Teil des Raumes durch einen Vorhang abgetrennt gewesen, sagt er.
Mildes Urteil
Seinen Plan, die Devotionalien einem Museum zu schenken, habe er nicht mehr in die Tat umsetzen können, weil zuvor bereits der Verfassungsschutz an seine Türe klopfte.
Die Geschworenen zeigen Milde. Bis zu 20 Jahre Haft wären laut Strafgesetzbuch möglich gewesen, der 44-Jährige kommt mit 22 Monaten bedingt davon. Das Urteil ist rechtskräftig.
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