"Überlastung": Postler ließ Hunderte Briefe und Pakete verschwinden

"Überlastung": Postler ließ Hunderte Briefe und Pakete verschwinden
Postsendungen im Bezirk Mödling landeten nicht bei ihren Adressaten, sondern im Keller oder im Müll. Geld- und bedingte Haftstrafe.

Mehr als 800 behördliche RSa- oder RSb-Schreiben, über 500 Pakete und 400 eingeschriebene Briefe. Es ist eine beachtliche Anzahl an Poststücken, die in den Jahren 2019 bis 2024 im Bezirk Mödling nicht bei ihren eigentlichen Empfängern, sondern im Kellerabteil eines Zustellers gelandet sein sollen. Missbrauch der Amtsgewalt, dauernde Sachentziehung und Urkundenunterdrückung nennt das die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Am Donnerstag musste sich der ehemalige Postler deshalb nun am Landesgericht verantworten.

Und der 27-Jährige versuchte auch gar nicht, die Tat zu leugnen. Er sei mit seiner Aufgabe schlicht überlastet gewesen, gab er als Rechtfertigung an: "Am Anfang hat mir der Job noch Spaß gemacht. Aber dann mussten wir immer öfter zusätzliche Rayons übernehmen - wegen Urlaubsvertretungen oder Krankenständen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass sich das nicht mehr ausgeht."

Also beschloss der Mann, Poststücke verschwinden zu lassen, statt sie zuzustellen. "Hatten andere Kollegen auch solche Probleme?", wollte die vorsitzende Richterin wissen. "Nicht dass ich wüsste", lautete die Antwort. "Was denken Sie, warum dann nur Sie mit Ihrer Aufgabe überlastet waren?", fragte die Vorsitzende nach. Eine Erklärung blieb der 27-Jährige schuldig.

"Immer mehr geworden"

Er habe sein Leid seinem Vorgesetzten geklagt. "Der hat nur gesagt, dass ich mir meine Tour besser einteilen muss. Das war aber gar nicht meine Aufgabe, unsere Touren wurden für uns zusammengestellt", erzählte der Angeklagte. Daher habe er zunächst begonnen, einzelne Briefe und Pakete für den jeweils nächsten Tag aufzuheben, in der Hoffnung, sie dann ausliefern zu können. "Aber das ist immer mehr geworden."

In einigen Fällen bestätigte der 27-Jährige die - nicht erfolgte - Zustellung selbst elektronisch. Einige Pakete öffnete er, um den Inhalt zu entsorgen - darunter befanden sich unter anderem auch offizielle Dokumente wie Reisepässe. Warum dies über einen Zeitraum von rund fünf Jahren nie aufgefallen war, könne auch er sich nicht erklären, zeigte er sich im Prozess ratlos: "Es gab schon immer wieder Nachforschungen, aber nur bis zum Postverteilzentrum."

Kranken Vater unterstützt

Weil er die auszuliefernden Poststücke teilweise gar nicht, wie vorgeschrieben, eingescannt hatte, sei deren Nachverfolgung deutlich schwerer gefallen. "Was haben Sie geglaubt, wie die ganze Sache ausgehen wird", wunderte sich die Richterin. "Ich habe schon ständig daran gedacht, dass es irgendwann auffliegt, aber einfach so lang weitergemacht", sagte der Angeklagte. Mit dem verdienten Geld habe er auch seinen kranken Vater unterstützt.

Bis eines Tages der Mieter des benachbarten Kellerabteils im Mehrparteienhaus des 27-Jährigen verstarb. "Als sie sein Abteil ausgeräumt haben, ist ihnen anscheinend auch aufgefallen, was in meinem gelagert war", vermutet er. Am darauffolgenden Tag sei er von seinem Vorgesetzten bereits mit den Vorwürfen konfrontiert worden.

Geld- und bedingte Haftstrafe

Wegen seines reumütigen Geständnisses muss der bislang gerichtlich unbescholtene Mann nicht ins Gefängnis. Er kommt mit 2.400 Euro Geldstrafe sowie 10 Monaten bedingter Haft davon. Nicht rechtskräftig.

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