"Polizeitrick-Bande" vor Gericht: Hintermänner bleiben im Dunkeln

Betroffene können sich telefonisch an Berater wenden
Senioren in Niederösterreich wurden um mehr als 100.000 Euro betrogen. Fünf "kleine Rädchen" zu bedingten Haftstrafen verurteilt.

Er gehört mittlerweile zweifellos zu den am häufigsten beschriebenen Betrugsmaschen im Land. Regelmäßig warnt die Exekutive vor dem sogenannten "Polizeitrick". Und doch finden dreiste Verbrecher nach wie vor Opfer, die ihnen auf den Leim gehen. Sie kontaktieren vorwiegend ältere Menschen telefonisch und geben sich als Polizisten oder Staatsanwälte aus. Von einem bevorstehenden Einbruch wird gewarnt und angeboten, Geld und Wertsachen in Sicherheit zu bringen.

Auf frischer Tat ertappt

Tatsächlich lassen sich immer wieder derartig unter Druck Gesetzte dazu überreden, Bargeld, Schmuck oder Goldmünzen an falsche Beamte zu übergeben - oder die Wertsachen sogar vor ihrem Haus zu deponieren, wo sie von den Verbrechern abgeholt werden.

So geschehen unter anderem bei älteren Damen in Pottenstein und Möllersdorf (Bezirk Baden) im März 2023. Jene fünf jungen Männer im Alter von 19 bis 28 Jahren, die in diesen Fällen die Beute abgeholt hatten, konnten diesmal jedoch bei einem ihrer Coups auf frischer Tat ertappt und festgenommen werden. Ein eher seltenes Erfolgserlebnis im Kampf gegen die Betrüger. Am Landesgericht Wiener Neustadt bekannten sie sich schuldig, beteuerten aber, nur "kleine Rädchen" in der kriminellen Organisation zu sein, die hinter den Straftaten steckt.

Hintermänner in der Türkei

Denn auch dies ist bekannt: Die Drahtzieher der Betrugsmasche sitzen großteils in der Türkei. Dort werden "Call Center" mit eigens dafür ausgebildeten "Keilern" betrieben. Diese kontaktieren die Opfer telefonisch, während im jeweiligen Land Komplizen für die Abholungen angeworben werden.

Einer der fünf sei von einem Arbeitskollegen angesprochen worden, ob er solche niederen Dienste übernehmen wolle, berichtete dieser vor Gericht. "Haben Sie gedacht, dass es dabei um eine legale Sache geht?", wollte die vorsitzende Richterin wissen. "Natürlich nicht", lautete die klare Antwort. Er habe in der Folge einen Komplizen in Wien getroffen, der ihn eingeweiht und mit einem Handy ausgestattet habe, erzählte der 21-jährige Österreicher mit Migrationshintergrund.

Seine Aufgabe sei es in der Folge gewesen, weitere Komplizen anzuwerben und die Befehle aus höheren Kreisen der kriminellen Organisation weiterzugeben. Informationen über diese Hintermänner habe er keine, beteuerte der Angeklagte. Er sei "in die Fänge dieser Bande geraten", habe sich davor nie etwas zu Schulden kommen lassen, bat er um Nachsicht.

Ähnlich argumentierte auch der Verteidiger eines weiteren Beschuldigten: "Natürlich ist das eine Riesen-Schweinerei, was hier passiert, weil vor allem ältere Menschen zum Teil um ihre Ersparnisse gebracht werden. Aber von einem harten Urteil würden die wahren Drahtzieher nichts mitbekommen, die sonnen sich in der Türkei."

Einbrüche in der Nachbarschaft vorgetäuscht

Ihrem Opfer in Pottenstein war vom Anrufer vorgegaukelt worden, er sei Polizist und von einem Mitarbeiter der örtlichen Bank darüber informiert worden, dass eine Bande Einbrüche plane. Verängstigt übergab die Seniorin Bargeld und Golddukaten im Wert von 60.000 Euro. In Möllersdorf hinterlegte eine ältere Dame Schmuck und Bargeld im Wert von rund 25.000 Euro, nachdem ihr weisgemacht worden war, bei einem Einbruch in der Nachbarschaft sei eine Liste mit Namen sichergestellt worden, zu denen auch ihrer zähle. Die Täter würden also vermutlich bald zuschlagen.

Vor einem weiteren, bereits eingefädelten Coup gelang der Polizei schließlich jedoch der Zugriff. Die fünf beteuerten am Landesgericht Wiener Neustadt allesamt, nie wieder an kriminelle Taten zu denken, man wolle "anständige Berufe erlernen" und strebe "einen ordentlichen Lebenswandel" an. 

Die Urteile fielen milde aus: Haftstrafen von zehn bis 16 Monaten, in drei Fällen davon je ein Monat unbedingt, der Rest wurde bedingt nachgesehen.

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