Bald 134.000 Überstunden ?
Ändert sich personell und strukturell im Krankenhaus in naher Zukunft nichts, droht 2025 eine Explosion beim Überstundenbudget. 105.000 Überstunden sind aktuell im Ärztebereich für das kommende Jahr veranschlagt. Stand heute lautet die Prognose allerdings 134.000 Überstunden. Das Plus von 29.000 würde sich mit mindestens 1,8 Millionen Euro zu Buche schlagen.
Auch wenn es bereits eine "strikte Dienstanweisung“ an die Primarärzte gibt, mit den Überstunden sparsam umzugehen, sieht der ärztliche Direktor des Spitals, Ojan Assadian, die Lage "nicht dramatisch“.
Strategie
"Überstunden werden auch strategisch eingesetzt, beispielsweise um diverse Spitzen abzufangen“, erklärt der Direktor. Die Notaufnahme sei ein solches Beispiel. Die bekannten Spitzenzeiten in der Notaufnahme werden ganz bewusst mit Überstunden kompensiert, weil die "ruhigere Zeit“ dazwischen keine zusätzlichen Stellen rechtfertige.
Die Abgänge auf der Gynäkologie-Abteilung von Primar Bálint Balogh seien nicht erfreulich, aber Assadian ist guter Dinge, jede Stelle auch nachbesetzen zu können. "Kandidaten gibt es genug“, so der Direktor. Die erste Oberärztin Eva Pavelka übernimmt das Primariat am Krankenhaus Oberpullendorf (Burgenland) und eine weitere erfahrene Oberärztin begleite sie. "Unsere Mitarbeiter sind eben sehr gefragt“, meint der Direktor.
Er sieht ein generelles Strukturproblem auf die Spitäler zukommen. Während die Arbeit in den Kliniken auch auf Grund der demografischen Entwicklung der Bevölkerung immer mehr werde, ziehe es viele Oberärzte in den niedergelassenen Bereich. "Jene, die selbst eine Ordination betreiben, wollen nur 30 Stunden oder weniger im Spital arbeiten“, erklärt der ärztliche Direktor.
Gerade in den chirurgischen Fächern sei das aber ein massives Problem, weil die ständige Operationspraxis und Fortbildung das Um und Auf sei. "Mit 30 Stunden wird man kein Pankreas- oder Leber-Chirurg oder Spezialist für Speiseröhrenkrebs. Da muss man ehrlich sein“, erklärt Assadian.
Keine Nachtdienste
Auch in anderen Fächern sehe er ein personelles Problem auf die Kliniken zukommen, die HNO sei so ein Beispiel. "Das ist ein Fach, wo es immer mehr Ärzte in den niedergelassenen Bereich zieht. Dort haben sie am Wochenende frei und müssen keine Nachtdienste schieben“, meint der Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie mit Additivfach Infektiologie und Tropenmedizin. Um der wachsenden Versorgung gerecht zu werden, ist der Personalstand in der Uniklinik Wiener Neustadt seit 2021 stetig im Steigen.
Im Pflegebereich wurde mit über 1.000 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) Ende 2023 ein Rekordstand erzielt. Bei den Ärzten liegt man mit 446 VZÄ ungefähr im Plan, allerdings gibt es Abteilungen die hinterherhinken: am deutlichsten die Anästhesie, die Chirurgie, die Unfallchirurgie, die HNO und die Gynäkologie.
Bekommt die Anästhesie nicht mehr Dienstposten, hat das Auswirkungen auf den gesamten OP-Bereich. Es drohen längere Wartezeiten bei Eingriffen. Bei einem Jahresbudget des Uniklinikums von 330 Millionen Euro gibt es allerdings den klaren Auftrag, zu sparen – laut Vorgabe der Landesgesundheitsagentur (LGA) für das Jahr 2025 rund vier Millionen Euro.
Krankenhaus-Neubau verzögert sich
Keine guten Neuigkeiten gibt es, was den geplanten Neubau des Uniklinikums Wiener Neustadt anbelangt. Der Zeitplan wurde aufgrund "längerer Behördenverfahren“ deutlich nach hingen geworfen. Vor 2030 wird es kein neues Spital geben.
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