Im zweiten Anlauf: ÖVP-SPÖ beschließt Entwicklungskonzept für Hollabrunn

Mit den Stimmen der ÖVP und SPÖ wurde das Gemeindeentwicklungskonzept 2024 im zweiten Anlauf beschlossen.
Bereits im Juni wollte die ÖVP-SPÖ-Regierung in Hollabrunn das Gemeindeentwicklungskonzept (GEK) 2040 im Gemeinderat beschließen. Doch weil die Opposition dieses Konzept für nicht beschlussfähig hielt, ist sie - wie der Kurier berichtete - ausgezogen. Damit war das Gremium nicht mehr beschlussfähig, die Sitzung wurde abgebrochen.
Jetzt ist das GEK 2040 beschlossene Sache: Dienstagabend (19. August) tagte der Hollabrunner Gemeinderat erneut. Das Konzept wurde mit den Stimmen der ÖVP und SPÖ-Mandatare besiegelt. Das Papier ist 156 Seiten stark, "geändert haben sie nichts", berichtet Stadtrat Wolfgang Scharinger (Bürgerliste) nach der Sitzung, das nichts, was die Opposition kritisiert habe, verändert worden ist.
"90 Prozent der Anliegen der Bevölkerung wurden einfach weggewischt, das versteh ich nicht", seien auch die Eingaben der Bürger nur wenig berücksichtigt worden.
ÖVP: Stellungnahmen der Bürger wurden berücksichtigt
Dagegen wehrt sich Marlis Schmidt, Stadtparteiobfrau der ÖVP: "Die 90 Prozent Stimmen natürlich nicht." Die Stellungnahmen seien zu vier großen Gruppen zusammengefasst worden. Am Thema Siedlungsgebiet sei nach den Eingaben der Bürger sehr wohl noch gefeilt worden. Sie betont aber: "Manchmal kann man nicht stattgeben, weil es rechtlich nicht geht."
Scharinger hielt sich bei der Sitzung mit Wortmeldungen zurück. "Das was die Grünen gesagt haben, hat Hand und Fuß", lobt er die Arbeit der Öko-Partei.
Die Grünen sind enttäuscht: "Wir haben uns fünf Jahre lang aktiv eingebracht, um aus dem Betonierkonzept ein echtes Konzept für eine nachhaltige Entwicklung Hollabrunns zu machen", meint Georg Ecker. Die Vorschläge hätten ÖVP und SPÖ abgelehnt. "Sie halten daran fest, Hollabrunn weiter zubetonieren zu wollen!"
Die Grünen stellten einen Abänderungsantrag, sensible Flächen, wie Hochwassergebiete (HQ 100-Zonen und von Hangwasser gefährdete Gebiete) und Waldgebiete, die derzeit als potenzielles Bauland ausgewiesen ist, sollten aus dem Konzept gestrichen werden. Die schwarz-rote Koalition lehnte das ab. "Inakzeptabel", sagt Ecker, der nicht versteht, warum Hochwasserflächen als mögliches Bauland gelten.
"Wir werden sicher keine Hochwasserflächen in Bauland umwidmen, sofern es dort kein Projekt gegeben hat, das die Gefahren minimiert", sagt Vizebürgermeister Alexander Eckhardt (SPÖ) nach der Sitzung im KURIER-Gespräch. So werde etwa im Bereich des Runzenbachs mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet.
Widmungen nur, wenn sie Vorteile bringen
Aus seiner Sicht werde sich in den nächsten Jahren ohnehin wenig im Bereich der Flächenwidmungen tun, da der Trend weg vom Einfamilienhaus gehe. "Flächenwidmungen werden in meinem Ressort zukünftig nur dann stattfinden, wenn sie Vorteile für die Stadtgemeinde und ihre Bürger bringen", betont er.
Viele Potentialflächen zu definieren, sei für die Gemeinde wichtig, um Spekulation mit Grund und Boden bestmöglich entgegenzuwirken.
Die Unterlagen stehen auf der Homepage der Stadtgemeinde zur Einsicht bereit:
- Das GEK 2040 als PDF: noe.gemeindecloud.at
- Die Zusammenfassung: https://www.hollabrunn.gv.at/?dok_id=57027
Das GEK 2040 ist ein Leitbild für die Stadtgemeinde mit neun Leitsätzen:
- Lebendige Ortszentren fördern – für ein starkes Hollabrunn
- Hollabrunn forciert eine geordnete Entwicklung
- Hollabrunn stärkt seine l(i)ebenswerten Dörfer
- Hollabrunn wertet den öffentlichen Raum als Visitenkarte auf
- Hollabrunn erhält, pflegt und schützt seine Natur- und Kulturlandschaft
- Hollabrunn ist strategischer Partner der Wirtschaft
- Hollabrunn entwickelt sich als junge, dynamische Stadtgemeinde weiter
- Hollabrunn gestaltet Mobilität zukunftsfähig
- Hollabrunn setzt Maßnahmen zum Klimaschutz
Sabine Fasching, Stadträtin der Grünen kritisierte die geplante Grünraumgestaltung der Stadt: „In der Plandarstellung ist der Rübenplatz als öffentliche Grünanlage eingezeichnet. Und das wollt ihr so beschließen?“, fragte sie in die Runde.
Sorge bei Starkregen
Im Gegensatz zur Stadtregierung befürchtet sie unkontrolliertes Wachstum der Stadt: "Schon jetzt sind die Kanäle in der Stadt nicht auf Starkregenereignisse ausgelegt. Im Juli sind viele Keller geschwommen. Je mehr verbaut wird, desto schlimmer wird das“, sagt Fasching.
Weitere Kritikpunkte der grünen Mandatare: Die "kurzen Wege" sollen in der Stadt Realität werden, konkrete Pläne gebe es nicht; auf die besten Ackerböden werde bei der Wahl der Potenzialflächen keine Rücksicht genommen; ebenso wenig wie auf die Auswirkungen auf das Trinkwasser.

Das sind die Ebenen des Hollabrunner Konzepts.
Moritz Cermak betonte, dass er als Vertreter der jungen Generation genau deshalb im Gemeinderat sitze, um sich für eine bessere Zukunft in Hollabrunn einzusetzen: „Wir machen das ja nicht, um euch zu nerven. Sondern, weil uns das wichtig ist“.
Was Ecker noch stört: Die Sondersitzung fand mitten im Sommer statt. "Die Presse wurde nicht aktiv eingeladen. das zeigt, dass ÖVP und SPÖ von ihrem eigenen Entwicklungskonzept alles andere als überzeugt sind", folgert der Gemeinderat.
ÖVP: "Wir wollten ja schon im Juni beschließen"
"Es war sicher kein Verstecken", sagt ÖVP-Stadträtin Marlis Schmidt. Die Stadtgemeinde wollte das Thema erledigt wissen. Von 37 Mandataren waren 35 anwesend, da habe es außerhalb des Sommers schon mehr Entschuldigungen gegeben, sagt sie. Außerdem: "Wir wollten des Entwicklungskonzept ja schon im Juni beschließen, da waren mehr Zuhörer da", teilt sie Richtung Opposition aus.
Als „interessant“ bezeichnet FPÖ-Mandatar Michael Sommer das Vorgehen von ÖVP und SPÖ. „Es war ein stoisches Dasitzen der Regierung“, fasst er seine Sicht zusammen. Die Opposition habe noch einmal dargelegt, „welche Punkte im Konzept unmöglich sind“. Auch er kritisiert, dass die Stellungnahmen der Bürger kaum berücksichtigt worden sind.
FPÖ kritisiert Vielzahl der Potenzialflächen
Der Kritikpunkt des Freiheitlichen: „Man hat einfach irgendwelche Potenzialflächen genommen – das ist purer Dilettantismus.“ Denn Flächen, die im Vorjahr unter Wasser standen, seien Potenzialflächen für Bauland. Darüber schüttelt Sommer den Kopf.
Für ihn ist das GEK ein Sammelsurium von Überschriften, die sich teilweise widersprechen. Für die Katastralgemeinden werde zudem kaum etwas getan. Als „Kirsche auf der Torte“, bezeichnet er die Aussage eines ÖVP-Mandatars während der Sitzung: Er warf der Opposition vor, dass ihr das Thema egal sei, weil sie im Juni den Sitzungsabbruch erzwang. „Das stimmt nicht, wir sind ausgezogen, eben weil uns das Thema so wichtig ist. Sonst hätten wir im Juni ja mitgestimmt“, sagt Sommer.
Grüne: Konzept ist Schritt in falsche Richtung
Dass sich Eckhardt nicht einmal zu Wort gemeldet habe, obwohl er als Vizebürgermeister für das Ressort zuständig ist, "ist bezeichnend", teilt Georg Ecker weiter aus. Für die Grünen ist klar: "Das Konzept in der vorliegenden Form ist ein Schritt in die falsche Richtung für Hollabrunn."
Das dementiert der Vizebürgermeister: "Es hätte nichts mehr gebracht, mich zu Wort zu melden." Seine Standpunkte seien klar gewesen und mehrfach kommuniziert worden, sagt er im KURIER-Gespräch.
Leitfaden für politische Beschlüsse
Die ÖVP hält indes daran fest, dass durch das GEK 2040 Hollabrunn zur lebenswertesten Stadt in Niederösterreich werden wird. "Es lohnt sich, die strukturiert aufbereiteten Kapitel zu lesen, denn so erschließt sich für die Leser, welche Gedanken und Analysen den neun Leitzielen und den daraus abgeleiteten 95 Maßnahmen zugrunde liegen", wird in einer Aussendung der Stadtgemeinde empfohlen.
Das GEK sei ein Leitfaden für politische Beschlüsse der Zukunft, quasi ein breiter Korridor für Entscheidungen der kommenden Jahre. Es beinhaltet keine konkreten Projekte, sondern formuliert eine Vision, definiert Schwerpunkte und legt damit einen Rahmen fest, in dem sich künftige Entscheidungen bewegen sollen.
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