Wie berichtet war dies im Vorfeld von Anrainern, aber auch von Mandataren scharf kritisiert worden. Einen Tag vor der Sitzung strichen die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ noch die Vorteil und Sinnhaftigkeit in einem Pressegespräch hervor.
Das tat auch Bürgermeister Alfred Babinsky (ÖVP), als er den Sachverhalt darstellt: Um Hollabrunn lebenswerter zu gestalten und rascher Entscheidungen treffen zu können, haben Bürger, Gemeinderäte und Experten der Stadtverwaltung in einem breiten Prozess Fakten, Ideen, Probleme, Erwartungen und Erkenntnisse zusammengetragen. All das finde sich im Gemeindeentwicklungskonzept wieder. "Ein Leitbild, das eine Vision zeichnet, wie sich die Stadtgemeinde künftig entwickeln soll", so der Stadtchef.
Hollabrunner Grüne: "Konzept ist nicht beschlussfähig"
Als das Konzept im Sommer 2023 aufgelegen ist, sind 162 Stellungnahmen eingegangen; danach sei das Konzept überarbeitet und zur Prüfung übermittelt worden. Durch dieses Leitbild soll die Stadtgemeinde jene in Niederösterreich mit der höchsten Lebensqualität werden.
Die Euphorie des ÖVP-Bürgermeisters teilte die Opposition nicht. Georg Ecker, Mandatar der Grünen, meldete sich als erster zu Wort. Er machte sofort deutlich: "Dieses Konzept ist aus unserer Sicht nicht beschlussfähig." Es gebe durchaus Inhalte, denen sich die Ökopartei anschließen könne.
Aber: Ein solches Konzept sei per Recht nicht durchsetzbar. Er zählte eine Reihe solcher Papiere auf, die schön klangen, beschlossen, aber nie umgesetzt wurden. Ecker fürchtet, dass das Entwicklungskonzept dieses Schicksal teilen werde.
Vorwurf: Stellungnahmen wurden nie berücksichtigt
Bis auf die ausgewiesenen Potenzialflächen. Die betreffen das Raumordnungsverfahren und können darum rechtlich vollzogen werden. Diese Flächen können - müssen aber nicht - in Bauland umgewidmet werden.
Die Grünen hätten versucht, das Konzept zu verbessern, doch die Stellungnahmen seien nie berücksichtigt worden. Hier hat Ecker ein konkretes Beispiel parat: Vor zwei Jahren wurde ein Verkehrskonzept präsentiert, das Teil des Entwicklungskonzeptes ist. Darin wurde eine Fahrradstraße vorgeschlagen, die in der Fürstenbergstraße entstehen soll. "Diese Straße gibt es in Hollabrunn nicht", so Ecker. Darauf habe er in einer seiner Stellungnahmen hingewiesen.
Radweg in Straße geplant, die es gar nicht gibt
Was geschieht zwei Jahre später? Der Radweg in der Fürstenbergstraße ist immer noch im Konzept enthalten. "Wie kann man sowas beschließen? Habt ihr wirklich alles gelesen?", wandte er sich an seine Gemeinderatskollegen. Die Stellungnahme hätte niemanden interessiert, ärgert sich Ecker.
Der Landtagsabgeordnete zählt aber noch mehr Kritikpunkte auf, die das Konzept für ihn nicht beschlussfähig machen: Rund um die "Gefahrenzone Göllersbach" wurden Potenzialflächen für Bauland ausgewiesen. "Wie kann man die Flächen nach dem Hochwasser im August und September 2024 noch als Potenzialflächen für Bauland sehen?", ist er fassungslos.
Zudem widerspreche das Entwicklungskonzept dem Raumordnungsgesetz, meint Ecker, da Böden mit bester Bonität ebenfalls als Potenzialflächen für Gewerbegebiet ausgewiesen wurde. Und der dritte Punkt: "Es gibt keine Grenzen und Ziele", vermisst Ecker eine konkrete Zahl, wie viele Einwohner die Stadt in 15 Jahren haben will. Auch das Ausmaß der tatsächlichen Umwidmung fehle. "Darum werden wir an der Abstimmung nicht teilnehmen", kündigte der Mandatar den Auszug seiner Partei an.
FPÖ-Stadtrat Werner Kral gab den Grünen recht. "Das ist kein Stadtentwicklungskonzept, das ist ein Sammelsurium aus Schlagwörtern." Der Wille der Bevölkerung sei missachtet worden, darum werden die Freiheitlichen nicht zustimmen.
Sitzungsabbruch: Opposition zog aus
Peter Tauschitz, Mandatar der Bürgerliste Scharinger, kritisierte ebenfalls, dass viel Geld ausgegeben worden sei, aber die Bevölkerung sei nicht abgeholt worden. "Das darf nicht passieren." Die Bürger hatten zwar die Gelegenheit, ihre Meinung kundzutun, berücksichtigt worden sei diese aber nicht, so der Vorwurf des Gemeinderats.
Er vermisst zudem den Willen der schwarz-roten Stadtregierung, die vielen Maßnahmen des Konzepts umsetzen zu wollen: "Die Liste Scharinger hat in den vergangenen Jahren zig Anträge gestellt, die den Maßnahmen entsprechen. Die hätten schon längst umgesetzt werden können, wurden aber immer abgelehnt."
Tauschitz teilt Eckers Befürchtung: "Das Konzept wird in der Schublade landen; bis auf die Umwidmungen."
Noch bevor der Bürgermeister auf die Kritik antworten konnte, verließen die Grünen, die Freiheitlichen und die Liste Scharinger den Sitzungssaal. Die Sitzung wurde abgebrochen, über das Entwicklungskonzept konnte nicht abgestimmt werden.
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