Neue Moschee von Millî Görüş in NÖ besorgt Politik und Anrainer

Nationale Sicht – das bedeutet „Millî Görüş“ von Türkisch auf Deutsch übersetzt. Es ist der Name einer islamischen Gemeinschaft, die gerade für Aufregung sorgt. Die Islamische Föderation (IF) – laut Verfassungsschutz ein österreichischer Regionalverband von Millî Görüş – eröffnete in Ostösterreich nämlich zwei neue Zentren; eines davon befindet sich in Wien-Favoriten am Reumannplatz.
Auch im niederösterreichischen Pottendorf im Bezirk Baden entstehen derzeit auf 400 Quadratmetern eine Moschee und ein Bildungszentrum für 80 Schüler. Die Inhalte, die dort gelehrt werden, dürften laut dem aktuellen Verfassungsschutzbericht der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) problematisch sein.
Die DSN schreibt über Millî Görüş: „Kernelemente sind die Ablehnung westlicher Kultur bei Anerkennung der Leistung moderner Wissenschaft, die jedoch auf eine islamische Basis zurückgeführt wird, sowie antisemitische Verschwörungsideologien.“
Die Dokumentationsstelle für politischen Islam veröffentlichte im Vorjahr eine 250 Seiten umfassende Studie. Auch darin wird wiederholt die antisemitische Haltung des 2011 verstorbenen Gründers der Bewegung, Necmettin Erbakan, erwähnt. Außerdem werden enge Verbindungen der österreichischen Millî-Görüş-Regionalverbände zur türkischen Regierungspartei AKP von Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan beschreiben. Der Verfassungsschutz im deutschen Nordrhein-Westfalen schreibt, dass es „das erste Ziel der Bewegung sei, dass die islamische Zivilisation die westliche Zivilisation in der Vorherrschaft ablösen“ solle.
Die neuen „Millî Görüş“-Zentren sorgen in der Bevölkerung dementsprechend für Aufregung.
„Es ist unerträglich, dass sich eine Vereinigung, die unsere Werte ablehnt, bei uns ungehindert ausbreiten kann.“
Landeshauptfrau NÖ
Besorgte Politiker
Die Landespolitik hat sowohl in Wien als auch in Niederösterreich wenig Handhabe. Vom zuständigen Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) wurde der KURIER an das Kultusamt verwiesen, das auf Anfrage aber nicht reagierte. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zeigte sich besorgt: „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn der radikale Islam glaubt, es sich in Österreich heimisch einrichten zu können. Schärfere Maßnahmen müssen ins Pflichtenheft der Bundesregierung“.
Die Bundesbehörden seien laut Mikl-Leitner schon jetzt gut beraten, das Zentrum in Pottendorf unter genaue Beobachtung zu stellen, um sicherzustellen, dass vor Ort alle geltenden Gesetze auf Punkt und Beistrich eingehalten werden. 2025 soll in NÖ eine eigene Beratungs- und Beobachtungsstelle gegen „radikale Tendenzen“ eröffnet werden.
50 Moscheen
Die Moscheen in Pottendorf und Wien wurden im Rahmen der „Infak“ gebaut. Das Wort bedeutet, „für Allah Geld auszugeben“. So werden Spendengelder für neue Bauprojekte aus der Glaubensgemeinde lukriert. Welche Projekte in Österreich im kommenden Jahr umgesetzt werden, ist noch nirgends nachzulesen. Insgesamt betreibt die IF derzeit 50 Moscheen in ganz Österreich.
Anfänge
1978 wurde in Wien die erste Liegenschaft der Religionsgemeinschaft
angemietet
Verbote
In der Türkei wurden mehrmals politische Parteien, die als Träger von Millî Görüş fungierten, verboten, weil sie gegen das strikte Gebot der Trennung von Staat und Religion verstießen
50 Moscheen betreibt die Islamischen Föderation derzeit in ganz Österreich
„Dass der Anschein erweckt wird, wir machen alles hinter verschlossenen Türen, macht mich sehr traurig“
Islamische Föderation
Der KURIER erreichte auch Abdi Taşdöğen, den Sprecher der IF. Anders als dem Verfassungsschutzbericht zu entnehmen ist, sagt er, dass man nicht der Millî-Görüş-Bewegung angehöre – obwohl auf einer der IF-Homepages zu lesen ist, die IF sei die Österreich-Sektion der türkischen Milli-Görüş-Bewegung.
„Wir haben nichts zu verheimlichen“, betont Taşdöğen und verwies darauf, dass man immer wieder Tage der offenen Moschee abhielte, bei denen der Dialog mit der Bevölkerung gesucht werde. Auch der KURIER erhielt eine Einladung der IF, der er bald nachkommen wird.
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