Die DSN schreibt über Millî Görüş: „Kernelemente sind die Ablehnung westlicher Kultur bei Anerkennung der Leistung moderner Wissenschaft, die jedoch auf eine islamische Basis zurückgeführt wird, sowie antisemitische Verschwörungsideologien.“
Die Dokumentationsstelle für politischen Islam veröffentlichte im Vorjahr eine 250 Seiten umfassende Studie. Auch darin wird wiederholt die antisemitische Haltung des 2011 verstorbenen Gründers der Bewegung, Necmettin Erbakan, erwähnt. Außerdem werden enge Verbindungen der österreichischen Millî-Görüş-Regionalverbände zur türkischen Regierungspartei AKP von Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan beschreiben. Der Verfassungsschutz im deutschen Nordrhein-Westfalen schreibt, dass es „das erste Ziel der Bewegung sei, dass die islamische Zivilisation die westliche Zivilisation in der Vorherrschaft ablösen“ solle.
Die neuen „Millî Görüş“-Zentren sorgen in der Bevölkerung dementsprechend für Aufregung.
Besorgte Politiker
Die Landespolitik hat sowohl in Wien als auch in Niederösterreich wenig Handhabe. Vom zuständigen Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) wurde der KURIER an das Kultusamt verwiesen, das auf Anfrage aber nicht reagierte. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zeigte sich besorgt: „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn der radikale Islam glaubt, es sich in Österreich heimisch einrichten zu können. Schärfere Maßnahmen müssen ins Pflichtenheft der Bundesregierung“.
Die Bundesbehörden seien laut Mikl-Leitner schon jetzt gut beraten, das Zentrum in Pottendorf unter genaue Beobachtung zu stellen, um sicherzustellen, dass vor Ort alle geltenden Gesetze auf Punkt und Beistrich eingehalten werden. 2025 soll in NÖ eine eigene Beratungs- und Beobachtungsstelle gegen „radikale Tendenzen“ eröffnet werden.
50 Moscheen
Die Moscheen in Pottendorf und Wien wurden im Rahmen der „Infak“ gebaut. Das Wort bedeutet, „für Allah Geld auszugeben“. So werden Spendengelder für neue Bauprojekte aus der Glaubensgemeinde lukriert. Welche Projekte in Österreich im kommenden Jahr umgesetzt werden, ist noch nirgends nachzulesen. Insgesamt betreibt die IF derzeit 50 Moscheen in ganz Österreich.
Der KURIER erreichte auch Abdi Taşdöğen, den Sprecher der IF. Anders als dem Verfassungsschutzbericht zu entnehmen ist, sagt er, dass man nicht der Millî-Görüş-Bewegung angehöre – obwohl auf einer der IF-Homepages zu lesen ist, die IF sei die Österreich-Sektion der türkischen Milli-Görüş-Bewegung.
„Wir haben nichts zu verheimlichen“, betont Taşdöğen und verwies darauf, dass man immer wieder Tage der offenen Moschee abhielte, bei denen der Dialog mit der Bevölkerung gesucht werde. Auch der KURIER erhielt eine Einladung der IF, der er bald nachkommen wird.
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