Nach dem Rücktritt von Grünen-Sprecherin Alexandra Wolfschütz als Vizebürgermeisterin im Jahr 2022 hatten sich ÖVP und SPÖ wieder angenähert. Es sei "gelungen, die Gräben zuzuschütten", meinte Hannes Koza damals. Die Harmonie währte jedoch nur kurz. Mit Veröffentlichung der ersten Anschuldigungen gegen den ÖVP-Bürgermeister ging die SPÖ wieder auf Konfrontationskurs.
Neuwahl statt Rücktritt
Koza hatte eine Anwaltsrechnung eigenhändig verändert und sich die Summe von der Gemeinde auszahlen lassen. SPÖ und Neos forderten seinen Rücktritt. Doch stattdessen trat der Bürgermeister die Flucht nach vorne an. Alle ÖVP-Gemeinderäte legten ihre Mandate im Ortsparlament zurück, um Neuwahlen notwendig zu machen. Das Ergebnis am Sonntag gab Koza offensichtlich recht.
Dass auch in der niederösterreichischen ÖVP nicht jeder über das Vorgehen des Vösendorfer Bürgermeisters erfreut war, zeigten schon einige Reaktionen der vergangenen Monate, die eher kühl ausfielen. Am Sonntag gratulierte VPNÖ-Geschäftsführer Matthias Zauner dann „allen gewählten Gemeinderätinnen und Gemeinderäten zur heutigen Wahl", betonte aber auch: "Jetzt geht es darum, dass der Gemeinderat rasch seine Arbeit aufnimmt. Die anstehenden Herausforderungen sind groß, gehört doch die Aufarbeitung des Prüfberichts der Gemeindeaufsicht unverzüglich in Angriff genommen. Dafür wird es notwendig sein, aufgerissene Gräben zu schließen, zerrüttetes Vertrauen wieder aufzubauen und Verantwortung für Vösendorf zu übernehmen."
Spesen stark angestiegen
Denn auf Initiative der Sozialdemokraten hatte die Gemeindeaufsicht des Landes nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Bürgermeister Koza die Vösendorfer Finanzen unter die Lupe genommen. Der nach rund eineinhalb Monaten vorgelegte Prüfbericht enthält keine Hinweise auf strafrechtlich relevante Vergehen, sehr wohl aber deutliche Kritik - vor allem am Umgang mit Spesen und deren Abrechnung durch den Bürgermeister. Die ausbezahlten Summen seien im Vergleich zu Kozas Vorgängerin sprunghaft angestiegen, die Dokumentation sei mitunter unzureichend, heißt es.
Wie erklären sich die Sozialdemokraten also das Wahlergebnis? "Wir sind natürlich überrascht", gibt Parteichef Alfred Strohmayer zu: „Was im Vorfeld passiert ist, ist bei den Vösendorfern anscheinend nicht so angekommen und man hat Koza die Opferrolle abgenommen. Politik ist nicht logisch." Man wolle nun in der Opposition "die Rolle als Kontrollpartei einnehmen". Denn Strohmayer stellt klar: "Wir vertrauen Koza nicht mehr. Es gibt kein Miteinander, sondern eine Spaltung in Vösendorf. Letztes Monat haben wir 1,4 Millionen Euro Minus am Konto gehabt, da läuten bei mir alle Alarmglocken."
"Ausgestreckte Hand"
Unwahrscheinlich also, dass es dem gestärkten Bürgermeister gelingen wird, das Verhältnis zur SPÖ wieder zu normalisieren. Versuchen wolle er es aber trotzdem, sagt er im KURIER-Gespräch. „Es hat sich gezeigt, dass Schlammschlachten, Angriffe, Untergriffigkeiten und Anzeigen keinen Platz haben“, jubelte Koza in einer ersten Stellungnahme. Seine Erklärung für das Ergebnis am Sonntag: "Die Leute wissen sehr wohl, was ich alles für sie in den letzten Jahren geleistet habe". Und er versichert: "Ich werde mich jetzt auf jeden Fall mit allen Fraktionen zusammensetzen. Wer meine ausgestreckte Hand annehmen will, der ist eingeladen mitzuarbeiten. Auch die SPÖ."
Weitgehend zwischen den beiden großen Konfliktparteien zerrieben wurden übrigens FPÖ, Grüne und die Bürgerliste V2000 - letztere konnte immerhin auf drei Mandate zulegen. Und für besonderes Aufsehen sorgte am Sonntag Mödlings ÖVP-Nationalratsabgeordneter Hans Stefan Hintner, der nicht zu Hannes Kozas engstem Freundeskreis zu zählen scheint. In sozialen Medien machte er kein Hehl aus seiner Enttäuschung über das Wahlergebnis in Vösendorf. Ohne dieses freilich direkt zu erwähnen, schrieb er: "Ich habe heute gar nicht so viel gegessen, wie ich speiben könnte..."
Kritische Kommentare
Nachdem eine heftige Debatte unter mehreren Kommentatoren rund um das Posting entbrannt war, wurde es wieder offline genommen. Nach wie vor zu sehen sind aber weitere Kommentare Hintners, wie "Vertrauen ist halt kein nachwachsender Rohstoff. Kaputt ist kaputt" oder "Eine Entschuldigung ohne Veränderung ist nur Manipulation."
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