Anti-Gewalt-Training konnte Bluttat von Strasshof nicht verhindern

Anti-Gewalt-Training konnte Bluttat von Strasshof nicht verhindern
Gegen den tatverdächtigen Ex-Partner war bereits nach Übergriffen ein Betretungsverbot verhängt worden. Er kam mit einer Waffe wieder.

Die Gewaltspirale wurde nur vermeintlich durchbrochen, der Ex-Partner wegen Drohungen und diverser Gewaltausbrüche mit einem Betretungsverbot belegt.

Genutzt hat das jedoch alles nichts. Er ist mit einer Waffe in der Hand wiedergekommen. Jener 35-jährige Mann, der am Samstag in Strasshof an der Nordbahn seine Ex-Partnerin (33) und vierfache Mutter vor dem Haus der Familie erschossen haben soll, war den Behörden bereits einschlägig bekannt.

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Immer wieder war es in der Beziehung zu Übergriffen gekommen. Wie man beim Bewährungshilfeverein Neustart gegenüber dem KURIER bestätigt, wurde bei dem 35-jährigen Gefährder, wie in solchen Fällen üblich, die verpflichtende Gewaltpräventionsberatung angeordnet. Das sechsstündige Anti-Gewalt-Training hat der Mann laut Neustart auch nachweislich absolviert. Genutzt hat es offensichtlich aber nichts.

Seit 2021 Pflicht

Seit September 2021 müssen Gewalttäter, gegen die nach Fällen von häuslicher Gewalt ein polizeiliches Annäherungs- und Betretungsverbot ausgesprochen wurde, verpflichtend zur Therapie. Sechs Stunden lang haben sie dann Zeit, mit den Sozialarbeitern und Experten des Bewährungshilfe-Vereins das Geschehene aufzuarbeiten.

Anti-Gewalt-Training konnte Bluttat von Strasshof nicht verhindern

Mutmaßlicher Mord an einer Frau in Strasshof, Niederösterreich

Kontrolle über die Partnerin

Es scheint ein Paradebeispiel dafür zu sein, wovor Soziologen oder Psychotherapeuten gebetsmühlenartig warnen. Sehr häufig stecken hinter diesen Fällen häuslicher Gewalt festgefahrene patriarchale Strukturen. Es gehe um Macht und darüber, seine Partnerin zu kontrollieren. Besonders dort, wo Frauen nicht als gleichwertiger Partner angesehen werden, sagt Alexander Grohs vom Verein Neustart in Niederösterreich.

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Der Tatverdächtige hat seine Wurzeln in Bijeljina, einer Stadt in Bosnien. Aufgewachsen ist er in Schweden, deshalb hat er auch die schwedische Staatsbürgerschaft. Mit seinem Auftritt in diversen sozialen Medien lässt der 35-Jährige erahnen, welches Frauenbild er teilt. Halbnackte Tänzerinnen dürften es ihm besonders angetan haben.

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Die ermordete Frau und der 35-Jährige haben vier gemeinsame Kinder im Alter von neun bis 13 Jahren. Die Kinder- und Jugendhilfe ist eingeschaltet. Die Tatwaffe, eine Pistole, wurde im Pkw des 35-Jährigen sichergestellt. Er befindet sich in der Justizanstalt Korneuburg in Untersuchungshaft.

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Mutmaßlicher Mord an einer Frau in Strasshof, Niederösterreich

Kritik an Regierung

Nur wenige Stunden vor der Tat in Strasshof ist am Samstag in der Steiermark eine 47-jährige Frau offensichtlich von ihrem Ex-Mann unter ähnlichen Vorzeichen erschossen worden. Nach 22 Femiziden und 37 Mordversuchen an Frauen im heurigen Jahr fordern Gewaltschutzeinrichtungen zum wiederholten Mal einen nationalen Aktionsplan.

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Für Maria Rösslhumer vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser mangelt es an einer Gesamtstrategie der Regierung: „Gewalt an Frauen erfährt nur eine Oberflächenbehandlung. Das tief sitzende Patriarchat mit toxischem Verhalten und frauenverachtenden Einstellungen wird nicht an den Wurzeln gepackt“.

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