Erster grüner Bürgermeister für Mödling? Pakt mit SPÖ stürzt die ÖVP

Rainer Praschak könnte Mödlings erster grüner Bürgermeister werden.
"Es ist Zeit, Geschichte zu schreiben", hatte die SPÖ im Mödlinger Gemeinderatswahlkampf hinausposaunt. Spitzenkandidatin Silvia Drechsler wolle erstes weibliches Stadtoberhaupt werden.
Viele hatten daran gezweifelt, dass dieses hohe Ziel für die Sozialdemokraten erreichbar sein könnte. Jetzt scheint es zum Greifen nahe.
Mehrheit für SPÖ und Grüne
Die Sensation ist perfekt. Am Dienstag haben sich SPÖ und Grüne auf eine Zusammenarbeit in den kommenden fünf Jahren geeinigt. Gemeinsam verfügt man nach den Zugewinnen der Sozialdemokraten am Sonntag über die nötige Mehrheit im Gemeinderat. Denn die Grünen hatten ihr außergewöhnlich gutes Ergebnis aus dem Jahr 2020 verteidigen können und mehr als 26 Prozent der Stimmen erreicht.
Aus dem Wahlergebnis lasse sich "daher ein klarer Wunsch nach Veränderung in Mödling ableiten", betonten Grüne und SPÖ
in einer gemeinsamen Aussendung. "Vor diesem Hintergrund haben sich die Parteien für die Regierungszusammenarbeit entschieden." Man wolle "unverzüglich in Detailverhandlungen eintreten. Es wurde eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe festgelegt."

Wird Silvia Drechsler (SPÖ) Mödlings erste Bürgermeisterin?
Silvia Drechsler und Grünen-Spitzenkandidat Rainer Praschak wollen "Mödling zu einer noch lebenswerteren Stadt mit
sozialer Gerechtigkeit machen, die Umwelt- und Klimaschutz und kultureller Vielfalt verbindet“. Man rufe "die anderen Parteien zur Zusammenarbeit für Mödling auf". Denn: „Die aktuelle budgetäre Situation stellt die Stadt in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen. Hier sind alle konstruktiven Kräfte im Gemeinderat zur Mitarbeit aufgefordert. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.“
Unklar ist noch, wer das Bürgermeisteramt vom bisherigen ÖVP-Stadtchef Michael Danzinger übernehmen wird. SPÖ und Grüne wollten sich dazu am Dienstag noch nicht äußern. Den Grünen um Spitzenkandidat Rainer Praschak stünde das Amt als stimmenstärkerer Fraktion zu. Praschak war bereits Vizebürgermeister in einer Koalition mit der ÖVP - damals unter Bürgermeister Hans Stefan Hintner.
Chance für SPÖ-Bürgermeisterin
Denkbar wäre allerdings auch eine gemeinsame Lösung, die der nur knapp hinter den Grünen liegenden SPÖ ermöglichen würde, ihren Wunsch, Mödlings erste Bürgermeisterin zu stellen, wahr zu machen. Ein Wechsel nach der Halbzeit der kommenden fünf Jahre also.
In jedem Fall muss die ÖVP - trotz deutlicher Verluste immer noch stärkste Kraft im Gemeinderat - wohl den bitteren Gang in die Opposition antreten. Seit 1985 hatte die Volkspartei stets das Stadtoberhaupt gestellt. Damals übernahm Harald Lowatschek das Amt von SPÖ-Bürgermeister Werner Burg.
Dabei habe man noch in der Nacht davor mit der SPÖ schriftlich vereinbart, die Zusammenarbeit der letzten fünf Jahre zu verlängern, sagt ÖVP-Obmann Michael Danzinger merkbar enttäuscht auf KURIER-Nachfrage. "Jetzt rammt man uns den Dolch in den Rücken. Das zeigt, wer Mödling in Zukunft regieren wird." Seitens der ÖVP sei bereits für Dienstag eine Sonderparteisitzung ausgeschrieben gewesen, um den Pakt mit den Sozialdemokraten zu besiegeln, sagt Danzinger. Für Freitag habe man bereits einen Termin für die Präsentation der weiteren Zusammenarbeit fixiert.
"Schändlich betrogen"
Und Danzinger findet deutliche Worte: "Wenn sich der Dritte vom Zweiten zum Bürgermeister krönen lassen will, dann steht anscheinend das Persönliche deutlich vor der Arbeit für die Stadt." Zur künftigen Zusammenarbeit sagt er: "Ich entkopple das Menschliche immer vom Politischen. Wir kennen uns teilweise seit der Kinderzeit, daher möchte ich jetzt nicht auf persönlicher Ebene reagieren. Aber auf politischer Ebene werden sich SPÖ und Grüne warm anziehen müssen. Denn wir waren trotz Verlusten immer noch die stärkste Partei und wurden jetzt schändlich betrogen."

Der scheidende ÖVP-Bürgermeister Michael Danzinger wirft SPÖ und Grünen "Verrat am Wählerwillen" vor.
Er verspreche "künftig ehrliche, professionelle und beinharte Oppositionspolitik". Die ÖVP werde "jedes einzelne Projekt und Vorhaben der grün-roten Koalition bis ins kleinste Detail überprüfen" und auch den Vorsitz im Prüfungsausschuss der Stadt "restriktiv und sehr offensiv auslegen", so Danzinger.
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