Mit Architekturpreisen überhäuft: Schulzentrum in NÖ ist Sanierungsfall

Mit Architekturpreisen überhäuft: Schulzentrum in NÖ ist Sanierungsfall
Star-Architekt aus Frankreich baute 25-Millionen-Euro-Komplex in Gloggnitz. Fünf Jahre danach holt man sich im Unterricht nasse Füße.

"Diese Schule soll die nächsten 50 Jahre halten.“ Der fromme Wunsch von Altbürgermeisterin Irene Gölles bei der Eröffnung des neuen Gloggnitzer Schulzentrums im Jahr 2019 hat sich nicht ganz erfüllt.

Nur fünf Jahre später ist das vielfach prämierte und mit Architekturpreisen überhäufte 25-Millionen-Euro-Gebäude des gefeierten Architekten Dietmar Feichtinger ein Sanierungsfall.

Ein schwerer noch dazu, wie die Stadtgemeinde Gloggnitz nach einer ersten Schadensaufnahme durch Baufirmen, Sachverständige und Versicherung nun eingestehen muss. Es besteht der Verdacht, dass der Dichtbeton der "Weißen Wanne" (wasserundurchlässige Stahlbetonkonstruktion) schadhaft ist und das gestiegene Grundwasser den Baukörper von unten geflutet hat. Dementsprechende Messungen und Untersuchungen finden demnächst statt, bestätigt Bürgermeister René Blum (Wir für Gloggnitz) im Gespräch mit dem KURIER.

Wasser und Schimmel

Mittlerweile mussten fünf Klassen und zwei Werkräume im Obergeschoß, sowie der Hortraum und der gesamte Turnhallentrakt im Erdgeschoß wegen "Gefahr im Verzug“, Wassereintritt und Schimmelbefall gesperrt werden.

Gemeinsam mit der Architektenkammer hatte die Stadt 2015 einen EU-weiten Architekturwettbewerb für den Komplex ausgeschrieben. Mit der Vorgabe, alle Schultypen – in diesem Fall Volksschule, Sonderschule, Neue Mittelschule, Polytechnikum und Musikschule – unter einem gemeinsamen Dach zu vereinen.

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Im Turntrakt musste der Boden entfernt werden

Turnsäle im Keller

In der letzten Runde des Wettbewerbs waren noch acht von ursprünglich 41 Entwürfen im Rennen. Gloggnitz entschied sich für jenen mit dem offenen Erdgeschoß und den darin "versenkten“ Turnsälen. Die Pläne stammten aus der Feder des in Paris lebenden Architekten Dietmar Feichtinger, "der seit Jahren von dort aus die internationale Architektur mitprägt“, streute die NÖ Baudirektion dem geistigen Vater des Schulzentrums Rosen.

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Es wurde unerwartet teuer

Weniger Applaus und monatelange politische Streitigkeiten gab es für die unerwartete Kostenexplosion. Bei veranschlagten 16 bis 17 Millionen Euro musste das Budget laufend erhöht werden.

Am Ende standen 25 Millionen Euro auf der Rechnung und die Stadt überlegte sogar eine Klage gegen den Architekten. Im Gemeinderat war Feuer am Dach.

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Damit noch nicht genug, scheint der vielfach prämierte Komplex zwar ansehnlich, dafür aber bautechnisch ein Reinfall zu sein. Im Zuge von Unwettern im September war es zu einem Anstieg des Grundwassers und einem Wassereintritt in das Kellergeschoß gekommen.

Luftdicht versiegelt

"Durch diesen versteckten Mangel betroffen sind die Garderoben, Duschen und Sanitärräume der Volksschule. Die entsprechenden Räume wurden sogleich gesperrt und ein gerichtlich beeideter Sachverständiger zurate gezogen“, erklärt die Gemeinde in einer Stellungnahme. Bei der Begehung wurde Schimmelbefall festgestellt,  weshalb die betroffenen Räume mit Plastikplanen luftdicht versiegelt wurden. Damit soll verhindert werden, dass beim Öffnen des Bodens und Mauerteilen Schadstoffe austreten können.

Boden herausgerissen

"Leider wurde bei den Arbeiten bemerkt, dass es einen weiteren, versteckten Wasserschaden gibt, der auf ein defektes Urinal im 1. OG zurückzuführen ist“, so die Stadtgemeinde.

Wegen der Sanierungsarbeiten und des Schimmelbefalls mussten mehrere Klassen in die alte Sonderschule verlegt werden, die Volksschule muss übergangsweise Räume der NMS nutzen. Aktuell wird der gesamte Boden aus den Turnsälen heraus gerissen. "Das Wasser ist zwischen dem Beton und der Dämmung eingedrungen", erklärt Blum.

Mit dem Turnunterricht müsse man in Schulen in den Nachbargemeinden ausweichen. "Es wurden dafür am Nachmittag Stunden geblockt und der Stundenplan umgedreht", verrät Blum. Auch wenn es administrativ herausfordernd ist, sei das Verständnis der betroffenen Eltern und Schüler da. "Die Leute wissen, dass wir uns das nicht ausgesucht haben", so der Bürgermeister.

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Die Gemeinde rechnet damit, dass sich die Sanierung bis weit ins kommende Jahr ziehen wird. Mit der ausführenden Firma, die aller Voraussicht nach den Baumangel verursacht hat, ist die Stadtgemeinde bereits in engem Kontakt.

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