Aus für Mozart-Festival: Ein Bauchfleck in d-Moll
Der Plan war ambitioniert, für Kulturstadtrat und Obmann des Vereines „moz art“ Peter Kasper „etwas zu ambitioniert“.
Die Stadtgemeinde Gloggnitz hat mit der Idee, sich hinter Salzburg und Wien als die dritte große Mozart-Metropole Österreichs zu etablieren, Schiffbruch erlitten. Deshalb habe man die Reißleine gezogen und nach zwei Jahren und 300.000 Euro Kosten aus der öffentlichen Hand das „moz art“-Festival eingestellt. „Es war leider nicht der Erfolg, den man sich erhofft hat. In der Region identifiziert man sich nicht mit Mozart“, sagt Kasper (Liste Wir für Gloggnitz).
Juristisches Nachspiel
Übrig bleibt für die Stadt nicht nur der bittere Beigeschmack, sondern auch ein juristisches Nachspiel. Weil die Vorstellungen über Kosten und die dafür erbrachten Leistungen weit auseinander gehen, sehen sich der „moz art“-Verein, die Stadtgemeinde Gloggnitz und die Firma Matchgroup als Ideen- und Konzeptgeber des Festivals demnächst vor Gericht.
Die Agentur hat 16.000 Euro eingeklagt, vonseiten des Vereins und der Stadt gibt es Gegenforderungen.
Mozarts Erbe
Alexander Vogel und Gabriele Brandner von Matchgroup sehen sich maßgeblich für die Idee verantwortlich, Gloggnitz als Mozartstadt groß herauszubringen. Ihr Anknüpfungspunkt war das berühmte Schloss Stuppach, das als Geburtsort von Mozarts Requiem gilt. Als künstlerischer Leiter für das Festival konnte Universitätsprofessor Johannes Kropfitsch gewonnen werden.
Im ersten Veranstaltungsjahr 2022 waren für 45 Konzerte 10.000 Karten aufgelegt. Ein hoch gestecktes Ziel. „2.500 Besucher sind gekommen. 2023 waren es dann 1.700 Besucher“, sagt Kasper. Als musikalisches Highlight präsentierte man im Juni 2022 ein Doppelkonzert der Berliner Symphoniker im Turnsaal des neu errichten Schulzentrums.
Weil der (für Konzerte adaptierte) Turntrakt für 500 Besucher als „weltweit einzigartiges Festspielhaus“ unter dem Namen „Philharmonie Gloggnitz“ vermarktet wurde, setzte es in Gloggnitz Spott und Hohn. Das Berliner Starensemble spielte vor einem halb leeren Auditorium, insgesamt kamen an zwei Tagen 530 Besucher. „So viele Gäste hatte das Pfarrtheater auch“, unken die Kritiker.
„Die Bevölkerung ist stinkig. Man hat am Anfang einfach zu viel geprotzt“, erklärt ÖVP-Stadtrat und Chef des Stadtmarketings, Ferdinand Griessner. Zu Beginn sei auch seine Fraktion Feuer und Flamme für das Festival gewesen und habe die Idee mit einem einstimmigen Gemeinderatsbeschluss mitgetragen. „Man hat als Gemeinde einen gewissen kulturellen Auftrag. Aber als das Ganze im ersten Jahr entglitten ist, hätte man schon reagieren müssen“, sagt Griessner
Geld für wichtige Vorhaben fehlt
„moz art“ sei finanziell ein Fass ohne Boden gewesen. Bis auf einige Gastronomiebetriebe habe die Wirtschaft nicht profitiert und das Geld fehle in der Stadt nun für viel wichtigere Vorhaben, sagt die ÖVP.
Auch das Match um den gesamten Markenauftritt „moz art“ ist noch nicht ausgestritten. Die Agentur Matchgroup beansprucht Konzept und Logo für sich. Kasper sieht es hingegen strittig. Man habe die Detailplanung 2021 in Auftrag gegeben, „das wurde auch von der Stadt bezahlt“.
Es ist eine besondere Geschichte, die das Schloss Stuppach bei Gloggnitz und Wolfgang Amadeus Mozart miteinander verbindet. Zu den Vorbesitzern gehörte neben den Fürsten Liechtenstein auch Graf Franz Walsegg, der von Gloggnitz aus Musikgeschichte schrieb. Walsegg und Mozart kannten einander, weil beide Freimaurer waren. Als 1791 die Frau des Grafen starb, beauftragte Walsegg seinen Logenbruder für sie ein „Requiem“ zu schreiben.
Mozart konnte es nicht fertigstellen, da er selbst am 5. Dezember 1791 starb. Dies erleichterte den Plan des Grafen Walsegg, der sich gern als Komponist versuchte, das Werk als sein eigenes auszugeben.
Mozart war allerdings der Komponist des Werks, das nach seinem Ableben sein Schüler Franz Xaver Süßmayr fertigstellte. Graf Walsegg gab am 14. Dezember 1793 in Wiener Neustadt ein Konzert, in dem das „Requiem“ unter seinem Namen zum angeblich ersten Mal gespielt wurde – nicht wissend, dass es Mozarts Witwe Constanze bereits zuvor in Wien hatte aufführen lassen.
Die Originalpartitur befand sich lange im 2.500 großen Schloss und wird nun in der Nationalbibliothek aufbewahrt. Sie gilt als eine der wertvollsten Musikhandschriften der Welt.
180.000 Euro Sponsoring
Für Matchgroup ist „moz art“ trotz aller Kritik eine Erfolgsgeschichte. Neben den öffentlichen Geldern habe man selbst 180.000 Euro Sponsoring für das hochkarätige Programm aufgestellt, erklärt Gabriele Brandner.
Schon im ersten Jahr habe man 200 Künstler aus 14 Nationen, darunter große Symphonieorchester, Star-Solisten, Jazz-Formationen oder Kammer-Ensembles gezählt. „Das erklärte Ziel war, Gloggnitz als Mozartstadt zu etablieren. Und das ist definitiv gelungen. Die Stadt hat eine wahnsinnige Imageaufwertung erfahren“, meint Brandner.
Besucherzahlen
In Kultur müssen man zuerst viel Zeit und Geld investieren, bevor man über die Umwegrentabilität etwas zurückbekomme. „Der Erfolg ist nicht nur an Besucherzahlen zu messen“, erklärt Brandner. Die Idee mit der Turnhalle als Konzertsaal hält die Agentur für einen Clou. „Mir ist weltweit keine vergleichbare Doppelnutzung einer Schule und einer Philharmonie bekannt“, schwärmt auch Intendant Kropfitsch.
Die Schule ist in Gloggnitz ein anderes, wenig ruhmreiches Kapitel. 19 Millionen Euro sollte der Komplex eigentlich kosten, mehr als 25 Millionen Euro sind es später gewesen.
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