Mit dem Ziel, die in Europa einzigartige nächtliche Finsternis zu schützen und das auch vertraglich zu fixieren, haben sich sechs Naturschutzgebiete im Dreiländereck Nieder- und Oberösterreich sowie der Steiermark als "Naturnachtgebiet Eisenwurzen“ zu Österreichs größtem Sternenpark zusammengeschlossen.
Inmitten einer der letzten Wildnisregionen Europas, im nö. Bergdorf Lunz im Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal trafen Dienstagabend die Vertreter von sechs National- und Naturparks zwischen dem Gesäuse, dem Ötscher und den oö. Kalkalpen zusammen, um einen historischen Pakt zu schmieden. "Es geht um ein einzigartiges Projekt, das die dunklen Flächen unserer Heimat unter Schutz stellt“, beschrieb Oliver Gulas-Wöhri, Geschäftsführer des Naturparks Steirische Eisenwurzen den Grund des Treffens. Die Steirer gaben die Initialzündung für die Kooperation.
Hinter dem verträumten Projekttitel "Sterne über dem Dreiländereck“ steckt massive wissenschaftliche, logistische und auch politische Arbeit. Das wurde beim Treffen im Lunzer "Haus der Wildnis“ von Projekt-Mitarbeitern klargemacht.
Lichtverschmutzung
Die Finsternis im Wildnisgebiet sei Lebensraum, biete Schutz und sei ein wertvolles Gut, versicherte Katharina Pfligl vom Haus der Wildnis. „Dunkelheit ist mehr als nur die Abwesenheit von Licht“, sagte sie. Stefan Wallner, Astrophysiker an der Uni Wien, schilderte als einer der Motivatoren die Dramatik, die hinter der steigenden Lichtverschmutzung in Europa oder auch in den USA steckt.
Nur mehr ein Prozent der Europäer hat einen dunklen Nachthimmel, nur mehr 60 Prozent der Österreicher können die Milchstraße am Nachthimmel erkennen. Alle 12 Jahre verdopple sich die Lichtmenge und verschmutze so den Nachthimmel, berichtete Wallner. Für Menschen habe das wegen des gestörten Melatonin-Haushalts gesundheitliche Folgen. 70 Prozent der heimischen Säugetiere seien nachtaktiv, weshalb Licht ihre Aktivitätsphase massiv störe.
Ziel der Gemeinschaft ist es, bis Ende Juni um eine Zertifizierung des Naturnachtgebiets durch die IDA (International Dark Association) anzusuchen. Dazu wurden im 2.400 Quadratkilometer großen künftigen Sternenpark genaue Studien zu den Lichtverhältnissen angelegt. Um künftige freiwillige, aber auch etliche verpflichtende Maßnahmen abzusichern, müssen in allen 22 involvierten Kommunen Beschlüsse des Gemeinderats gefasst werden.
In drei Orten, das sind Lunz und Göstling in NÖ sowie Rosenau am Hengstpass in OÖ, sind diese Beschlüsse noch ausständig. "Niemandem wird Licht weggenommen, im Gegenteil es kommt mehr Lebensqualität“, sagte Projektkoordinatorin Anna Kovarovics vom Ökologieinstitut E. C. O.
Schutzzonen
Der riesige Sternenpark im Dreiländereck wird in eine Kernzone und eine Randzone, in der sich die Siedlungen befinden, unterteilt. Im Fokus des Schutzgebietes stehen nur die öffentlichen Beleuchtungen, die in der Kernzone innerhalb von zehn Jahren nach den internationalen Dark-Sky-Vorgaben auf naturverträgliche Lichtquellen ausgetauscht werden sollen.
In der 975 Quadratkilometer großen Kernzone des Naturnachtgebiets Eisenwurzen betrifft die Dark-Sky-Zertifizierung nicht mehr als 80 öffentliche Lampen. Sie sollen gegen Lichtquellen mit maximal rund 2.200 Kelvin getauscht werden. Eine Leuchte mit niedriger Kelvin-Zahl spendet warmweißes Licht und hat wenig ungesunde Blauanteile. Während öffentliche Gemeindebeleuchtungen im Sternenpark mit der Zeit in allen Mitgliedsgemeinden bewusst und sparsam nach den Dark-Sky-Regeln reguliert werden sollen, bleiben private Lichtquellen von den Maßnahmen ausgenommen. Allerdings will man das Bewusstsein für eine gesunde Beleuchtung stärken.
Während in der Kernzone keine touristischen Aktionen zum Thema Sternenpark gefördert werden, ist dies im übrigen Schutzgebiet durchaus geplant. Astronomische Aktivitäten, Fotokurse unter dem Nachthimmel oder Sternschnuppenfahrten auf der Mariazeller Bahn gibt es bereits.
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