MedAustron: Krebsbehandlung auf dem nächsten Level
Der zwölfjährigen Eleonora und dem neunjährigen Arthur hätte der Krebs beinahe einen Strich durch ihre unbeschwerte Kindheit gemacht. Durch MedAustron haben beide Kinder wieder ein normales Leben erlangt. Bei Arthur ist das ständige Kopfweh vom Tumor weg und Eleonora kann wieder unbeschwert Spielen oder mit ihren Freundinnen herumtollen.
Das Krebsforschungs- und Behandlungszentrum MedAustron in Wiener Neustadt ist seit dem Start 2016 zum letzten Rettungsanker für bereits 1.400 Patienten geworden – und laufend werden es mehr. Dass mittlerweile die internationale Krebsforschung und Medizin mit Argusaugen nach Niederösterreich schielt, hat einen guten Grund. Unter dem Titel „Next Level“ wurde am Mittwoch vor 200 Festgästen wie Bildungsminister Martin Polaschek, Charlotte Warakaulle vom Genfer Kernforschungszentrum CERN und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner der nächste Meilenstein in der Krebsbehandlung präsentiert.
Mit der sogenannten Gantry wurde die Therapiemöglichkeit bei MedAustron vor wenigen Wochen auf einen neuen Level gehoben und der Vollbetrieb gestartet.
Beliebige Winkel
Die Gantry ist ein hochsensibles Drehgestell, welches erstmals die Bestrahlung von Tumoren aus jedem beliebigen Winkel ermöglicht und daher die Behandlungsmöglichkeiten massiv erhöht, erklärt der Medizinische Direktor von MedAustron, Eugen B. Hug. Der Spezialist spricht von einer nebenwirkungsarmen „Hochpräzisionstherapie“. Geschwüre neben oder auf lebenswichtigen Organen oder im Nahbereich von Nervenbahnen können dadurch punktgenau befeuert werden, ohne umliegendes Gewebe zu schädigen. MedAustron ist nur eines von sechs Zentren weltweit, in dem für die Behandlung Protonen- und Kohlenstoffionen zur Anwendung kommen.
Beide Teilchen haben den Vorteil, dass die Strahlenbelastung im gesunden Gewebe niedrig gehalten und damit das Risiko für Nebenwirkungen und Spätfolgen reduziert wird, sagt Hug. Kohlenstoffionen verfügen zusätzlich über eine höhere biologische Wirksamkeit. Daher können sie laut dem Mediziner auch verstärkt bei Tumoren aus dem HNO-Bereich oder dort eingesetzt werden, wo konventionelle Strahlentherapie keinen Erfolg gebracht hat und ein Tumor wiedergekommen ist.
Weil die komplizierte und teure Technologie aber nur auf wenige Standorte wie Wiener Neustadt beschränkt ist, wird die weltweite Kollaboration ausgebaut. Brad Hoppe, Medizinischer Direktor der Mayo Clinic in Florida, war am Mittwoch zu Gast, um über die internationale Bedeutung zu referieren. MedAustron sei auch die Triebfeder, um die Kohlenstoffionen-Therapie bis 2027 in ein Zentrum in den USA zu etablieren. Man sei im ständigen Austausch mit Eugen B. Hug und seinem Team.
Forschungsstandort
Für Bildungsminister Martin Polaschek ist gerade die internationale Vernetzung „wichtig, um Österreich als Forschungsstandort weiter auszubauen“. Aktuell werden im Krebszentrum nicht nur Patienten behandelt, sondern parallel dazu neben der Grundlagenforschung auch klinische Studien betrieben. „Damit stärken wir Österreich als Wissenschaftsstandort und werden für die Forschung in diesem Bereich noch attraktiver“, sagt Polaschek.
In Anlehnung an die bewegende Geschichte der beiden jungen Patienten Eleonora und Arthur bezeichnete Mikl-Leitner MedAustron als „Hoffnungsprojekt, das Menschen hilft, wieder Lebensqualität zu erlangen“. Wie Bürgermeister Klaus Schneeberger betont, hatten das Land NÖ sowie die Stadt vor mehr als 20 Jahren auf das richtige Pferd gesetzt und viel Geld in die Hand genommen.
Lange Geschichte
Die Entstehungsgeschichte von MedAustron reicht in die 1990er-Jahre zurück. Damals förderten das Land und die Stadt Wiener Neustadt eine Studie samt Entwicklungsplan mit 60 Millionen Schilling
290 Millionen Euro
Haftung übernahm das Land NÖ. 2011 wurde mit dem Bau in Wiener Neustadt begonnen. 2016 wurde der erste Patient mit Protonen behandelt, 2019 mit Kohlenstoffionen. Heute sind 250 Mitarbeiter aus 20 Nationen bei MedAustron beschäftigt
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