Seit Tagen läuft ein trüber, weißer Sturzbach aus dem Semmering-Basistunnel in die umliegenden Gewässer im südlichen Niederösterreich. Bei den Sprengarbeiten 250 Meter tief unter der Erdoberfläche im Tunnelabschnitt Göstritz haben die Mineure eine starke Wasserader getroffen. Der Tunnel steht seither knietief unter Wasser und der Schaden kann nur unter größten Anstrengungen saniert werden.
Wie weitreichend das Ereignis ist, davon durfte sich der KURIER bei einem Lokalaugenschein am Dienstag ein Bild machen. Zusammen mit Basistunnel-Projektleiter Gerhard Gobiet und den Bauleitern ging es unter Tage.
Aus dem Tunnelboden sprudeln pro Sekunde 60 Liter Wasser. „Wir wurden überrascht. Dieses Wasservorkommen war an dieser Stelle nicht prognostiziert. Beim weiteren Vortrieb wissen wir, dass wir auf 300 Liter pro Sekunde stoßen können“, erklärt Gobiet.
Der Wasseraustritt an sich wäre nicht das große Problem, wenn der darin enthaltene Anteil an Feinteilen (Sedimente) nicht so hoch wäre. Durch die Verunreinigung lassen sich die Millionen Liter Wasser pro Tag nicht so einfach die 250 Meter durch die Schächte an die Erdoberfläche pumpen. Es mussten dafür Spezialpumpen angeschafft werden.
Oben angekommen, wird das Wasser in einer Gewässerschutzanlage gefiltert und gereinigt. Die Verschlammung ist jedoch so groß, dass das abgesetzte Material ausgebaggert und per Lkw auf eine Deponie gebracht wird.
Das gefilterte Wasser, das in den Göstritz-Gebirgsbach eingeleitet wird, ist bei Weitem nicht mehr so trüb wie vergangene Woche. Wie auf der Messstation in Echtzeit ablesbar ist, ist der Grenzwert aber noch leicht überschritten. Trotz der milchigen Färbung ist das Wasser nicht gesundheitsgefährdend, heißt es bei der Gewässeraufsicht des Landes NÖ.
Indes versuchen die Mineure, den Wasseraustritt im Tunnel so rasch wie möglich zu stoppen. Zunächst wurden rund um die Stelle tiefe Löcher gebohrt und mit Dichtmaterial aufgefüllt. Eine riesige Betonplatte soll wie eine Art Sarkophag wirken. „Die Situation ist anspruchsvoll, aber beherrschbar. Das Wasser wird unterirdisch so weit verdrängt, damit man mit dem Tunnelbau bald fortfahren kann“, sagen Gobiet und Bauleiter Hannes Hauer.
Ob der Wassereintritt eine Auswirkung auf den Gesamtzeitplan des Projekts hat, traut man sich derzeit nicht zu sagen. Vor allem deshalb, weil eine der beiden Tunnelröhren direkt durch den Bereich der Wasserstelle gebaut werden muss.
„Land unter“ 250 Meter tief im Semmering-Basistunnel
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