KURIER: Sie sind in Ihrer Amtszeit immer für Gemeinschaft eingetreten. Die Krise zeigt die Unterschiede bei den Menschen deutlich auf. Sehen Sie die Gemeinschaft durch die Pandemie in Gefahr? Abt Columban Luser: 12 Mitglieder unseres Hauskonvents waren betroffen. Das war schon eine Zeit der Herausforderungen. Beim gemeinschaftlichen Leben sind wir noch nicht an dem Punkt, wo wir vor Covid-19 waren. Wir halten immer noch Abstand beim Gebet oder bei Tisch.
Durch die Krise ist Ruhe eingekehrt. Wie war bzw. ist diese Zeit für Sie? Der klösterliche Normalbetrieb ist stark durchsetzt von Terminen, Besprechungen, Tagesaktuellem, was eben das tägliche Leben erfordert. Insofern war der Lockdown eine Zeit, wo wir in Ruhe unser klösterliches Leben führen konnten. Es war dennoch eine Herausforderung, keine Gottesdienstbesucher im Haus zu haben, keine Touristen. Wir waren nur unter uns und das für eine lange Zeit. Die positive Seite war, dass wir vieles in Ordnung bringen konnten, wofür sonst keine Zeit war. Für unseren Betrieb war es eine schwierige Zeit, weil viel an wirtschaftlicher Potenz weggebrochen ist.
Sie wurden kürzlich als Abt wiedergewählt. Im Vorfeld war zu hören, dass Sie sich zurückziehen würden. Haben Sie sich da noch einmal für die Gemeinschaft anders entschieden? Ist die Motivation nach wie vor da?
Wenn man an das Ende der ersten Amtszeit kommt, ist natürlich die Gemeinschaft daran interessiert, zu erfahren: „Ist er noch zu haben?“ So war vereinbart, dass ich rechtzeitig bekannt gebe, ob ich noch zur Verfügung stehen werde. So habe ich schon im Dezember mitgeteilt, dass ich bereit bin, sofern die Gemeinschaft das wünscht. Allerdings habe ich von mir aus klargestellt, nicht mehr die vorgesehenen 6 Jahre Amtszeit zu erfüllen, sondern nur noch vier Jahre – bis zu meinem 70. Geburtstag.
Jetzt haben Sie aber die Frage zur Motivation noch nicht beantwortet. Ist die noch da?
Wenn die Motivation nicht da wäre, hätte ich nicht zugestimmt. Es gibt einige Projekte, Vorhaben. Es wäre spannend, die fertigzumachen. Bei mir steht im Vordergrund: „Was braucht die Gemeinschaft? Kann ich meinen Dienst noch anbieten oder ist die Luft draußen?“ Ich bin auf jeden Fall noch in Bewegung.
Sie sind Pfarrer und leiten als Abt auch das Stift Göttweig, das jedes Jahr das Europaforum beherbergt. Warum ist es Ihnen wichtig, hier Gastgeber zu sein?
Bevor das Europaforum überhaupt initiiert worden ist, haben die dafür Verantwortlichen ganz bewusst in NÖ einen benediktinischen Platz gesucht, steht doch der hl. Benedikt als Patron Europas für europäisches Denken. Da hat sich unser Stift von der Location her gut angeboten, so im Zentrum von Niederösterreich. Das ist für uns eine Ehre, dass das Forum bei uns stattfindet. Über die Jahre hat es von hier aus in der Europapolitik und im Nachdenken über die EU wertvolle Impulse gegeben.
Heuer hieß es aus dem Vatikan, dass katholische Geistliche gleichgeschlechtliche Verbindungen nicht segnen können. Das sorgte für viel Widerstand. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Diese Auseinandersetzung, soweit ich sie wahrnehmen konnte, hat ja eines deutlich gemacht: Dass dieses Dokument in Wirklichkeit niemand gebraucht hat. Ich bin enttäuscht über fehlende Sensibilität und auch über den Zeitpunkt, wo es herausgegeben wurde. Da kann man nur den Kopf schütteln. Da verstehe ich, dass es Wirbel gegeben hat, der wirklich niemandem hilft. Gerade in diesem Bereich geben fehlende Empathie und Sensibilität kein gutes Zeugnis von unserer Kirchenführung.
Ihre Amtszeit geht ab Sommer noch einmal vier Jahre lang. Dann sind Sie 70. Ist das für Sie ein Alter, wo Sie das Gefühl haben, es ist Zeit sich ein wenig zurückzuziehen?
Grundsätzlich bin ich kein Sesselkleber. Man merkt das ja, wenn jemand zu lange im Amt ist, ob als Pfarrer, Bürgermeister oder in einer anderen Leitungsfunktion, wenn zu viel an Routine spürbar ist und zu wenig an echter Bewegung. Es ist aber anzunehmen, dass im Alter auch die physische Kapazität nachlässt. Die Aufgaben werden nicht weniger und nicht leichter. Daher ist es angebracht, vorausschauend Zeiten festzulegen, bevor die Mitbrüder nicht wissen, was sie mit dem alten Abt machen sollen. (lacht) Dann kommen frischer Wind und andere Ideen, andere Ziele. Das halte ich für durchaus wertvoll und fürs Stift auch gut.
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