Springt das Gerstenkorn auf, wenn man es zwischen zwei Finger nimmt und zusammendrückt, dann ist es so weit: Der richtige Erntezeitpunkt ist gekommen. Aufgrund ausgiebiger Niederschläge sowie zahlreicher Sonnentage allerdings in dieser Saison früher als üblich. Die Winterbraugerste ist daher fast schon zur Gänze eingebracht. Sie wird vor allem für das Brauen von Bier benötigt.
Dort sorgt sie für die Stärke, die Farbe und den Geschmack. Bei einem Besuch auf einem Winter-Gerstenfeld des Landwirts Harald Fuchs nahe Waidhofen an der Thaya sprachen Expertinnen und Experten darüber, wie sich der Anbau über die Jahre verändert hat. Das obere Waldviertel gilt als eine der südlichsten Regionen weltweit, wo Braugerste angebaut werden kann. Das Getreide hat gemäßigtes Klima sowie Lehmböden gerne.
Aufgrund der Klimakrise musste auch in Niederösterreich die landwirtschaftliche Arbeit angepasst werden. Noch vor zehn Jahren verwendete man etwa 80 Prozent der hitzeempfindlichen Sommergerste für die Bierproduktion im Waldviertel, mittlerweile sind es nur noch 60 Prozent. Die restlichen 40 Prozent sind Winterbraugerste, die dank der Züchtungserfolge in ihrer Braufähigkeit der Sommerbraugerste um nichts nachstehen, erzählt Heinz Wasner, Braumeister bei der Zwettler Brauerei.
Sicherheit
Daher werden mittlerweile in der Produktion beide Gersten-Varianten verstärkt eingesetzt. Dieser Mix gäbe beiden Seiten – jener der Betriebe und jener der Brauerei – Sicherheit, sagt Alfred Sturm, Obmann der Erzeugergemeinschaft Edelkorn. Hier haben sich mehrere Hundert Landwirtinnen und Landwirte der Region zusammengeschlossen.
Etwa 120 Betriebe sorgen im Waldviertel dafür, dass die Brauereien in der Region genügend Gerste bekommen. Neue Sorten, wie etwa die am Feld von Fuchs, würden für einen stabilen Ertrag sorgen. Um einerseits die Versorgungssicherheit zu garantieren und andererseits das Klima zu schützen, kooperiert etwa die Privatbrauerei Zwettl und die zum Unternehmensverbund gehörende Bierwerkstatt Weitra mit der Erzeugergemeinschaft.
Die Brauerei verarbeitet Jahr für Jahr rund 2.500 Tonnen regionale Braugerste zu ihren Bierspezialitäten. Grundlage dafür sind Vereinbarungen mit gesicherter Ernteabnahme. „Regionale Rohstoffe sind wichtiger denn je – dabei müssen wir uns auch auf die klimatischen Veränderungen einstellen und gemeinsam mit unseren Partnern neue Braugerstensorten in Betracht ziehen“, berichtet Karl Schwarz, Chef der Brauerei. Man verwende seit mehr als 300 Jahren regionale Rohstoffe für die Biere. Auch der Hopfen wird von lokalen Betrieben bezogen.
Ausfälle
Trotz Bemühungen benötigen die Abnehmerinnen und Abnehmer mehr als die Gerste aus dem Waldviertel. Es gibt wetterbedingte Ausfälle, hier brauche die Brauerei Sicherheit, sagt Wasner. Für Spezialmalze greife man außerdem auf andere Betriebe zurück. Ebenso für das aus der Weitraer Brauerei stammende Bio-Bier „Hadmar“. Für Bio sei aber die Nachfrage noch gering.
All die Arbeit und Leidenschaft für das Produkt Bier ist übrigens angeblich einem Zufall geschuldet: Man erzählt sich, dass einmal Getreidesuppe aus Versehen stehengelassen wurde. Da das Ergebnis nicht nur schmeckte, sondern auch lustig machte, war das Bier erfunden.
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