Kein Wasser am Grenzübergang Kleinhaugsdorf

Kostbares Gut Trinkwasser
Die FPÖ fordert eine Trinkwasserversorgung für das Grenzörtchen. Bürgermeister blockt ab.

Kein Trinkwasser aus dem Wasserhahn bekommen – was für viele Menschen nach Ländern der Dritten Welt klingt, ist auch in Niederösterreich für rund 600 Katastralgemeinden die Realität. Laut Land Niederösterreich sind vier bis fünf Prozent aller Haushalte in NÖ nicht an das öffentliche Wassernetz angeschlossen.

So zum Beispiel Kleinhaugsdorf im Bezirk Hollabrunn. In dem Dorf, welches man vor allem von den Staumeldungen am Grenzübergang zu Tschechien kennt, leben etwa 30 Personen. Es gibt keine öffentliche Wasserleitung, die meisten Anwohner haben lediglich Brunnenwasser zur Verfügung.

In Kleinhaugsdorf lebt auch Alvin Jones, Gemeinderat für die FPÖ in der Gemeinde Haugsdorf. Jones war es gewohnt, sein Trinkwasser in Kanistern in Tschechien zu kaufen. Das ist durch die geschlossene Grenze seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr möglich. „Ich fahre zu Freunden und fülle dort meine Kanister auf. Aber das kann nicht jeder machen“, erklärt Jones.

Kritik am Bürgermeister

Denn in Kleinhaugsdorf gibt es vor allem ältere Personen, für die der Zugang zu Trinkwasser deutlich schwieriger ist.

Der FPÖ-Mandatar kritisiert, dass die Gemeinde sich nicht um die Bewohner kümmert: „Ich habe Bürgermeister Andreas Sedlmayer am 16. März des letzten Jahres (Beginn des ersten Lockdowns, Anm.) geschrieben und ihn gefragt, wie die Kleinhaugsdorfer nun zu ihrem Trinkwasser kommen. Seine einzige Antwort war: ,in Haugsdorf‘.“

Nicht wirtschaftlich

Der Bürgermeister gesteht, dass die Wasserversorgung vor allem in trockenen Jahren ein Problem sei und dann selbst die Versorgung mit Nutzwasser nicht möglich ist. Es sei aber bei Weitem nicht so dramatisch, wie es der FP-Gemeinderat schildert: „Ich habe noch von keinem Kleinhaugsdorfer gehört, dass es, seit Beginn der Pandemie ein Problem gibt, an Trinkwasser zu kommen. Die meisten fahren nach Haugsdorf und kaufen dort ihr Wasser.“

Stimmt so nicht, meint Jones. Er hat mit anderen Anrainern gesprochen und es sei sehr wohl ein Problem: „Die meisten meinen aber, dass es nichts bringt, sich aufzuregen.“

Tatsächlich ist es wirtschaftlich kaum realisierbar, um einige Hunderttausend Euro die Wasserleitung aus Haugsdorf in das rund fünf Kilometer entfernte Grenzörtchen zu verlegen. Das fordere Jones auch nicht, doch er will eine Lösung: „Die Gemeinde könnte eine Wasserleitung für die Kleinhaugsdorfer zur Verfügung stellen. Damit man nicht immer Bittsteller bei Freunden ist.“ Auch die Versorgung durch einen Tanklaster ist für Jones denkbar.

95 Prozent aller Haushalte in Niederösterreich sind an die öffentliche Leitungswasserversorgung angebunden.

20 Tausend Kilometer Wasserleitung stehen in Niederösterreich zur Trinkwasserversorgung zur Verfügung.

120 Millionen Kubikmeter Trinkwasser (ohne Industrie mit eigenem Brunnen und Bewässerung für die Landwirtschaft) werden in Niederösterreich pro Jahr verbraucht.

350 Genossenschaften für die Wasserversorgung sind beim Land Niederösterreich verzeichnet. Wie viele kleine Zusammenschlüsse es gibt, ist nicht bekannt.

600 Katastralgemeinden in NÖ haben keine öffentliche Wasserversorgung, aber zumindest einige Einwohner mit Hauptwohnsitz.

Nachbarschaftshilfe

Eines der größten Probleme sieht der Gemeinderat in der Haltbarkeit: „Das Wasser kippt nach einiger Zeit. Zum Lagern ist das also nicht.“ Anders sei das bei den in Tschechien gekauften Kanistern, diese seien luftdicht verschlossen und so länger haltbar.

Das Nachbarland ist übrigens auch Teil einer möglichen langfristigen Lösung des Problems. Wie der Bürgermeister selbst erklärt, gab es bereits die Idee eines bilateralen Abkommens mit Tschechien. Denn nur rund 200 Meter von Kleinhaugsdorf entfernt gibt es eine Trinkwasserleitung – aber auf tschechischem Boden. „Hier müsste man Verhandlungen führen, doch das ist während Corona nicht so einfach“, sagt Sedlmayer.

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