Hagelunwetter: "Es war wie Kanonenfeuer"

Hagelunwetter: "Es war wie Kanonenfeuer"
Nach den schweren Hagelunwettern in Schrattenberg und Allentsteig sind die meisten zerstörten Häuser provisorisch abgedichtet. Die Wetteraussichten lassen Betroffene und Einsatzkräfte zittern.

„Ich habe unglaublich Glück, dass ich heute hier stehe“, sagt Johann Zechmeister im Hof seines Hauses in Allentsteig (Bezirk Zwettl). Beinahe das ganze Dach ist mit Planen abgedeckt.

Der 60-Jährige deutet auf eine zersprungene Außenfliesenplatte: „So eine Kraft hatte der Hagel am Donnerstag“, dann deutet er auf seinen Kopf, die frisch genähte Wunde durch einen Sprühverband gut sichtbar.

 

Hagelunwetter: "Es war wie Kanonenfeuer"

Johann Zechmeister wurde vom plötzlich einsetzenden Hagel am Kopf verletzt. Er rettete sich in die Gartenhütte.

Er wollte gerade den Rasenmäher verstauen, als ihn ein Eisbrocken am Kopf getroffen hatte. „Ich habe mir das Oberteil über den Kopf gehalten und habe mich in die Gartenhütte verkrochen“, das Blut sei ihm über das Gesicht gelaufen. Sein Schreien habe niemand gehört, derart laut prasselte gerade tennisballgroßer Hagel vom Himmel. „Es war wie Kanonenfeuer“, erzählt seine Frau Bettina Feßl-Zechmeister.

Ein Kanonenfeuer, das bei rund 340 bewohnten Häusern in der Gemeinde Allentsteig Schäden verursachte – und drei Personen schwer am Kopf traf. „Stell dir vor das dauert länger oder es ist keiner da“, sagt Zechmeister, „ich hätte verbluten können.“ Die Rettung verhinderte bei ihm und seinem Nachbarn Schlimmeres, beide mussten ins Spital gebracht werden. Unterdessen versuchte Bettina Feßl-Zechmeister den Schaden im Haus in Grenzen zu halten. „Schaffeln und Kübeln haben nichts mehr geholfen, wir haben mit Schaufeln gearbeitet“, erzählt sie. Gleich dreimal hagelte (und regnete) es an diesem Abend, mit jedem Mal seien mehr Löcher im Dach entstanden. „Unser Bett war komplett nass, es tropfte vom Luster – aber dreckiges Wasser vom Dachstuhl“, schildert Zechmeister.

 

Hagelunwetter: "Es war wie Kanonenfeuer"

Bettina Feßl-Zechmeister schaufelte im Haus Eis. 

Bei Familie Zeilinger am Allentsteiger „Kalvarienberg“ lief das Wasser am Donnerstag aus den Deckenspots und den Steckdosen. Sie hat es besonders schwer erwischt. „Die Eternitteile wurden meterweit rund ums Haus geschleudert“, erzählt Erika Zeilinger (61).

„Die Decke, der Boden, alles hin“, sagt Ewald Zeilinger und blickt sorgenvoll ins Wohnzimmer, er ist gerade dabei, die Garage mit Brettern zu verschlagen – auf die Planen alleine will er sich nicht verlassen. „Ich muss schauen, dass ich das dicht bekomme“, sagt er, auf einen Sachverständigen könne er nicht warten, das lässt die Wettervorhersage nicht zu.

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Ewald und Erika Zeilinger können nicht auf Sachverständige warten, sie versuchen zu retten, was es zu retten gibt. 

Sanieren

Nicht einmal schwere Gewitter, sondern schon Wind und Regen könnten in der jetzigen Situation für schwere Folgeschäden sorgen, ist sich Feuerwehrkommandant Franz Loidolt sicher.

Bis Sonntagvormittag seien 35.000 Quadratmeter Planen, also sechs Fußballfelder, von 102 Feuerwehren und fünf Katastrophenzügen auf den Häuserdächern verlegt worden, um sie provisorisch abzudichten.

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Die Feuerwehrmitglieder leisteten seit Donnerstagabend beinahe rund um die Uhr Hilfe beim abdichten der beschädigten Dächer und den Aufräumarbeiten.

Bisher blieb Allentsteig von neuerlichem Regen oder gar Unwettern verschont. Anders als Schrattenberg (Bezirk Mistelbach), das am Donnerstag ebenfalls von einem Hagelunwetter verwüstet wurde und als zweites Katastrophengebiet im Bundesland gilt. Dort sorgten am Freitag neue Gewitter für Überschwemmungen in den zerstörten Häusern.

Während in den Gemeinden die Aufräumarbeiten in vollem Gange sind, hat eine Schadenskommission in Allentsteig die Arbeit aufgenommen und startet mit Begehungen. Bis alle Dächer saniert sind, wird es aber wohl dauern: „Die Dachdeckereien sind überfordert, die können das mitten im Sommer nicht so einfach bewältigen“, so Loidolt.

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Dieses Haus wurde erst vor wenigen Wochen neu eingedeckt.

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