IS-Fanatiker und Nazis: Extremismus wird in Schulen Paroli geboten
IS-Anhänger, Nazis, Staatsverweigerer, mutmaßliche Terroristen oder religiöse Fanatiker: Sie alle tummeln sich im Sammelbecken des Internets und auf digitalen Plattformen wie Tiktok, um orientierungslose Kinder und Jugendliche für ihre (meist strafbare) Sache zu gewinnen.
Um gegen die voranschreitende Radikalisierung in Kinderzimmern und Schulen vorzugehen, setzt der Staatsschutz seit 2021 auf Extremismusprävention.
"Es sind oft schon 13-Jährige, die sich etwas vorgaukeln lassen und gar nicht wissen, welchen Narren sie überhaupt nacheifern“, bezieht sich Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) auf den jüngsten Schlag gegen eine radikale Islamistenszene in St. Pölten.
Die Protagonisten, die Terrorvideos verbreiteten und den Islamischen Staat verherrlichten, waren sprichwörtlich noch feucht hinter den Ohren. Wie eigens geschulte Präventionsbeamte aus den Landesämtern Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) gegen die bedrohliche Entwicklung dagegen halten wollen, wurde am Mittwoch in einer 5. Klasse des BRG Bad Vöslau-Gainfarn anschaulich demonstriert.
260 Workshops
Das Gymnasium hat sich auf Eigeninitiative für das Programm angemeldet. Die Schule ist in bester Gesellschaft. Insgesamt wurden seit dem Vorjahr laut Innenministerium bundesweit mehr als 260 solcher Präventionsworkshops abgehalten, 30 davon in Niederösterreich. Etwa 10.000 Menschen konnten dadurch erreicht werden, so Karner.
Lisa Lechner und Christoph Grießler sind zwei jener Beamtinnen und Beamten, die den Jugendlichen die Tragweite gewisser Handlungen vor Augen führen. Beispielsweise wenn Hitler-Bilder am 20. April per WhatsApp mit dem Text versendet werden: „Alles Gute Opa“. Zur Freude von Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister kann ein aufgeweckter Schüler sofort etwas mit dem kryptischen Hinweis anfangen: "Das ist Adolf Hitlers Geburtstag“, wirft der Bursche in die Runde und erntet damit ein anerkennendes Nicken des Innenministers.
Nach dem NS-Verbotsgesetz ist das Versenden solcher "versteckter“ Nazi-Botschaften genau so strafbar, wie wenn man sich über den Holocaust lustig mache, trichtern die Präventionsbeamten den Schülern ein. "Das ist kein Kavaliersdelikt. Sofern ihr strafmündig seid, sitzt ihr dann vor einem Geschworenengericht“, erklären die Verfassungsschützer.
Massive Wesensveränderung
Alarmsignale für eine ansteigende Radikalisierung einer oder eines Jugendlichen gibt es viele, erklären die Experten. Oft komme es zu einer auffallenden Veränderung des Aussehens, der Kleidung und der Lebensweise. „Es sind Jugendliche, die plötzlich radikale oder extreme politische Ansichten vertreten oder irritierende Gewalt-Videos verschicken“, erklärt einer der Beamten.
"Wir machen derzeit die Erfahrung, dass sich bereits Unmündige stark radikalisieren lassen. Und das gegen den Willen ihrer Eltern“, sagt Roland Scherscher, Leiter des Landesamtes Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) in NÖ.
Anschlag auf Taylor Swift-Konzert geplant
Einer der prominentesten Fälle, was die Radikalisierung im Kinderzimmer anbelangt, ist Beran A. Der 18-Jährige, der in Ternitz mit seiner Familie lebte und in Neunkirchen zur Schule ging, soll über einschlägige Foren und von bekannten Hasspredigern derart radikalisiert worden sein, dass er einen Anschlag auf ein Taylor-Swift-Konzert plante und selbst Sprengstoff herstellte.
Genau diese Extremfälle bestärken den Staatsschutz und das Innenministerium, die Extremismusprävention weiter auszubauen. Mehr als 100 Beamte haben die spezielle Ausbildung dafür bereits abgeschlossen. Weitere 100 Präventionsbedienstete werden in einer weiteren Tranche folgen.
Ziel sei es, nicht nur Schüler, sondern vor allem auch Lehrer und Eltern mit den Programmen gegen politischen und religiösen Extremismus zu erreichen, meint Karner.
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