Dass der Chef einer Hilfsorganisation mit 10.000 Mitarbeitern höchstpersönlich den Transport begleitet, sorgt für etwas Verwunderung. Um eine „Heldentat“ gehe es ihm dabei aber keineswegs, betont Fenninger. „Meine innerste Kern-Profession ist die des Sozialarbeiters. Ich kann nur dann über Menschen reden, wenn ich direkt weiß, wie es ihnen geht. Ich kann einfach nicht anders“.
Die Gespräche vor Ort mit Geflüchteten und Helfern seien ihm deshalb auch so wichtig. Und auch die Eindrücke, um davon erzählen zu können. „Bei der Ausreise aus der Ukraine habe ich so viele Frauen mit kleinen Kindern gesehen, es war erschütternd. Es ist ein Krieg gegen Menschen, das dürfen wir nie vergessen“.
Auf die Frage, ob ihn die große Hilfsbereitschaft überrasche, meint Fenninger, dass „viele empathisch sind und sich solidarisch verhalten. Ich glaube, dass der Mensch grundsätzlich besser ist, als viele glauben. Das merkt man in der Krise. Ich bin selbst tief betroffen, fast traumatisiert.“ Er nennt es „Östersolidarität“.
Und Fenninger glaubt auch, dass der Krieg zu einem Umdenken führen könnte: „Flüchtlingen werden oft negative Eigenschaften untergeschoben. Diese Unterstellung funktioniert jetzt aber nicht mehr“, meint er. „Die Leute in der Ukraine haben vor ein paar Tagen auch nicht gedacht, dass so etwas passieren kann. Viele flüchten, aber noch mehr bleiben, trotz der Risiken. Es ist ein Skandal, dass einige wenige Mächtige Töten und Sterben in Kauf nehmen, um ihre Interessen durchzusetzen. Diese Mechanismen sind vielen bewusst. und damit ist auch klar, dass man so etwas nicht zulassen darf.“
Den Kampf gegen diese Mechanismen hat Erich Fenninger schon früh aufgenommen. Als 15-Jähriger im elterlichen Haus in Bad Vöslau (Bezirk Baden) hat er mit großem Interesse die Nachrichten verfolgt und Krieg, Apartheid oder Hunger „als unerträglich empfunden. Damals habe ich mir gedacht, dass ich nicht nur zuschauen und mich ärgern will. Und das ist bis heute gleich geblieben“, betont Fenninger.
Nach der HTL studiert er Sozialarbeit und -management, engagiert sich bei Amnesty International. „Mit 26 bin ich gefragt worden, ob ich bei der Volkshilfe Niederösterreich mitmachen will, mit 27 war ich Geschäftsführer“. Als er nach 12 Jahren Bundesgeschäftsführer der Volkshilfe wurde, hatte sich die Mitgliederzahl in NÖ von 220 auf 1.600 erhöht.
Obwohl Manager einer großen Organisation, zieht es ihn immer wieder „ins Feld“, in die Praxis. Es geht auch nicht nur ums reine Helfen, Fenninger will die Hintergründe verstehen.
„Wir erforschen etwa, was Armut für Kinder in Österreich bedeutet. Das ist mehr, als nur wenig Geld zu haben. Diese Kinder haben kein gesichertes Fundament, auf dem sie Interessen entwickeln können. Es geht immer nur um die Grundbedürfnisse. Arme Kinder haben keine Träume.“ Und finanzielle Zuwendung habe auch deutliche Auswirkungen auf die Gesundheit oder den schulischen Erfolg. „Wenn Menschen so wenig Chancen haben, ist das nicht nur ihr Problem. Ich bin selbst betroffen, weil ich nicht in so einer Gesellschaft leben will“, sagt Fenninger.
Obwohl er Krieg, Armut und Ausgrenzung aus nächster Nähe kennt, ist er Optimist: „Die Zukunft liegt in der Gegenwart. Die Geschichte der Menschen ist das Werk von Menschen. Es sollte nicht das Werk der Mächtigen sein, wir müssen unsere Geschichte selbst in die Hand nehmen.“
Hilfsaktionen (Auswahl)
KURIER Familienhilfe Ukraine
AT57 2011 1400 1440 0144
kurier.at/familienhilfe
Volkshilfe
Volkshilfe Solidarität
AT77 6000 0000 0174 0400 Nothilfe Ukraine
www.volkshilfe.at
Niederösterreich hilft
Angebot des Landes NÖ zu Fragen Spenden oder Unterkünfte betreffend: Hotline 02742/9005 – 1500
eMail noehilft@noel.gv.at
AT74 3200 0000 1380 0008
www.noe.gv.at
Nachbar in Not
Hilfe für die Ukraine
AT21 2011 1400 4004 4003
nachbarinnot.orf.at
Caritas
Nothilfe Ukraine
AT23 2011 1000 0123 4560
www.caritas.at
Rotes Kreuz
Ukraine – Hilfe für Menschen im Konflikt
AT57 2011 1400 1440 0144
www.jetzt-helfen.at
Diakonie
Nothilfe für Geflüchtete
AT07 2011 1800 8048 8500
www.diakonie.at
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